KIT-Expertinnen und -Experten zum Wissenschaftsjahr 2025 – Zukunftsenergie
Ein wachsender Energiebedarf, begrenzte Ressourcen und der fortschreitende
Klimawandel stellen das Energiesystem der Zukunft vor Herausforderungen.
Mit innovativen Projekten und Denkansätzen suchen Forschende des
Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) nach Lösungen. Dazu gehört etwa
das Entwickeln von Materialkonzepten für umweltfreundliche Solarzellen,
Batterien für nachhaltige Energiespeicherung und Power-to-X-Technologien
zur Sektorenkopplung – aber auch fortschrittliche Energietransportsysteme
mit Supraleitern.
Ihre Arbeiten präsentieren die Forschenden auch im
Wissenschaftsjahr vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und
Raumfahrt, das sich 2025 der Zukunftsenergie widmet.
Transformation des Energiesystems
Im Energiesystem der Zukunft fehlen die großen Kraftwerke, die bisher für
Stabilität in den Stromnetzen gesorgt haben. „Die Herausforderung besteht
nun darin, die zukünftigen Energieströme so zu managen, dass die
Stromnetze trotzdem stabil bleiben,“ sagt Professor Veit Hagenmeyer,
Leiter des Instituts für Automation und angewandte Informatik (IAI) des
KIT. „Intelligente Steuerung und geeignetes Speichermanagement sind dafür
unerlässlich. Egal ob zufällige Zwischenfälle oder gezielte Sabotage, wir
müssen auf alles gefasst sein.“ Im Energy Lab erforschen Hagenmeyer und
sein Team neue Informatikmethoden zur Optimierung von Energienetzen und
zur Stärkung ihrer Resilienz. Dabei setzen sie auf Echtzeit-Datenanalysen
und moderne Simulationstechniken, um die Balance zwischen Energieerzeugung
und -verbrauch sicherzustellen und die Zuverlässigkeit der Netzarchitektur
zu stärken.
Solarzellen der nächsten Generation
Eine nachhaltige Energiezukunft baut maßgeblich auf erneuerbaren Energien
auf. Besonders die Photovoltaik spielt dabei eine entscheidende Rolle „Die
Photovoltaik nutzt das Sonnenlicht als nahezu unerschöpfliche
umweltfreundliche Energiequelle,“ sagt Professor Alexander Colsmann,
Leiter der Forschungsgruppe Photovoltaik am Materialwissenschaftlichen
Zentrum für Energiesysteme (MZE) des KIT. „Sie hat ein großes
Ausbaupotenzial und findet breite Akzeptanz in der Bevölkerung.“ Gemeinsam
mit seinem multidisziplinären Team forscht Colsmann an neuartigen
Materialien für effiziente Solarzellen, die umweltfreundlich und
kostengünstig sind. Besondere Aufmerksamkeit gilt organischen Solarzellen
aus Kohlenstoffverbindungen, die sich in vielen Formen und Farben
herstellen lassen und als architektonische Gestaltungselemente dienen.
Zudem erforschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Perowskit-
inspirierte Materialien. Insgesamt eröffnen leichte und flexible
Solarmodule neue Möglichkeiten für den Einsatz von Photovoltaik in mobilen
und abgelegenen Regionen.
Mit Perowskit-Technologien für die Photovoltaik zur Herstellung von
besonders effizienten Tandem-Solarzellen mit hohem Wirkungsgrad
beschäftigt sich ebenfalls der KIT-Experte Professor Ulrich Wilhelm
Paetzold vom Institut für Mikrostrukturtechnik (IMT). Mehr über seine
Forschung im Video 1.
Bioökonomie
Die Umstellung auf ein nachhaltigeres Energie- und Wirtschaftssystem
erfordert kreative und zukunftsweisende Ansätze, um fossile Rohstoffe
durch klimafreundlichere Alternativen zu ersetzen. „Ein entscheidender
Faktor in dieser Transformation ist die Bioökonomie, die den verstärkten
Einsatz nachwachsender Rohstoffe in der Produktion fördert“, erklärt Dr.
Christine Rösch vom Institut für Technikfolgenabschätzung und
Systemanalyse (ITAS) des KIT. In ihrer Forschung analysiert Rösch
innovative Konzepte wie die biotechnologische Nutzung von Mikroorganismen
oder die doppelte Landnutzung durch Agri-Photovoltaik und bewertet deren
Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit und Resilienz von Energie- und
Ernährungssystemen. Durch die ganzheitliche Analyse ökologischer,
ökonomischer und sozialer Perspektiven sowie die Einbindung von
Stakeholdern und Bürgerinnen und Bürgern entwickelt Rösch
praxisorientierte Empfehlungen, die eine nachhaltige und sozial
akzeptierte Energiewende und Flächennutzung unterstützen.
Batterien der Zukunft
Effiziente und nachhaltige Energiespeicher sind ein Schlüssel für die
sichere Energieversorgung der Zukunft. „Unsere Mission ist die
anwendungsorientierte Grundlagenforschung zur Entwicklung
elektrochemischer Speicher für den stationären und mobilen Einsatz im
Energiesystem der Zukunft,“ sagt Professor Maximilian Fichtner, Direktor
des Helmholtz-Instituts Ulm (HIU) und Sprecher des Exzellenzclusters POLiS
des KIT und der Universität Ulm. „Dafür wird die gesamte Entwicklungs- und
Wertschöpfungskette von der theoretischen Modellierung bis zur
Zellfertigung abgebildet, um innovative Batteriekonzepte in die Praxis zu
überführen.“ Mit seinem internationalen Team forscht Fichtner entsprechend
an Batteriekonzepten der nächsten Generation, die auf Materialien wie
Natrium oder Magnesium basieren und nachhaltigere Alternativen zu Lithium-
Ionen-Batterien bieten. Diese Post-Lithium-Technologien versprechen eine
höhere Energiedichte und Umweltverträglichkeit.
Power-to-X-Technologien
Die Suche nach Alternativen zu fossilen Energiequellen ist ein wichtiger
Baustein für die Energiewende. „Wir erforschen Power-to-X-Technologien,
mit denen Strom aus erneuerbaren Quellen mit Kohlendioxid und Wasser
möglichst effizient und kostengünstig in chemische Energieträger
umgewandelt werden kann,“ erklärt Professor Roland Dittmeyer, Leiter des
Instituts für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) am KIT. „Unser Fokus liegt auf
dezentralen Anwendungen, die Kohlendioxid aus der Luft oder aus biogenen
Punktquellen nutzen. Zielprodukte sind synthetische Kohlenwasserstoffe
oder Methanol für den Flugverkehr, die Schifffahrt und den
Schwerlastverkehr.“ Im Energy Lab entwickeln Dittmeyer und sein Team dafür
kompakte, effiziente und modular Technologien, die einen lastflexiblen
Betrieb ermöglichen sollen. Diese innovativen Anlagen sollen dazu
beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht und die Abhängigkeit
von fossilen Brennstoffen reduziert.
Mit der Optimierung von Power-to-X-Technologien, insbesondere der Gas- und
Mehrphasenkatalyse, beschäftigt sich auch KIT-Experte Dr. Michael Rubin
(Gruppenleiter am IMVT), er ist außerdem Sprecher des KIT-Zentrums Energie
für das Topic Energienutzung. Mehr dazu im Video 2.
Hochtechnologie für Energietransport und nachhaltige Mobilität
Zur weiteren Umsetzung der Wende im Energiesystem setzen Forschende unter
anderem auf Wasserstoff in Kombination mit innovativen Technologien wie
Supraleiter. „Supraleiter ermöglichen, unter Berücksichtigung des
Kühlaufwands und aufgrund ihrer hohen Stromtragfähigkeit, nahezu
verlustfreien elektrischen Energietransport“ sagt Professorin Tabea Arndt,
Co-Direktorin des Instituts für Technische Physik (ITEP) am KIT.
„Supraleiter ergänzen sich ideal in der Kombination mit flüssigem
Wasserstoff, da dessen Temperaturniveau auch noch die Kühlbedarfe
eliminiert.“ In ihrer Arbeit konzentriert sich Arndt auf die Entwicklung
hybrider Pipelines, die es ermöglichen, elektrischen Strom und
Flüssigwasserstoff in einer gemeinsamen Leitung zu übertragen. Die
Kombination von Supraleitungen mit Flüssig-Wasserstoff ermöglicht eine
hocheffiziente Transportlösung, mit der sich eine enorme Menge an Energie
von Offshore-Anlagen direkt zu den größten Verbrauchern transportieren
lässt. Das Testen dieser Kombination in den Antriebssträngen von größeren
Fahrzeugen wie Flugzeugen, Schiffen, Lokomotiven und LKW zeigt ebenso
deutliche Effizienzsteigerungen.
Diese und weitere Expertinnen und Experten sowie Fotos, Videos und
Presseinformationen zum Thema „Zukunftsenergie“ finden Sie im aktuellen
Dossier des KIT zum Wissenschaftsjahr. (mhe)