Plastik vermeiden, Kreisläufe schließen: reGIOcycle liefert Lösungen für die Region Augsburg

Kunststoffe sind aus unserem Alltag kaum wegzudenken – gleichzeitig
stellen sie eine der größten Umwelt- und Ressourcenherausforderungen
weltweit dar. In Deutschland werden nur etwa 17 % der Kunststoffabfälle
werkstofflich recycelt, der Rest wird verbrannt oder geht verloren. Genau
hier setzte das Projekt reGIOcycle unter Beteiligung der Universität
Augsburg an:
Mit einem starken regionalen Verbund und einem ganzheitlichen
Ansatz wurde seit 2020 an Lösungen gearbeitet, wie Kunststoffe im Raum
Augsburg effizienter vermieden, ersetzt und wiederverwertet werden können.
Die Universität Augsburg war mit ihrem Resource Lab des Instituts für
Materials Resource Management (MRM) mit drei Teilprojekten an dem Projekt
beteiligt, das vom Umweltcluster Bayern koordiniert und vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. Nach drei
Jahren Forschung und zwei Jahren Umsetzungsphase liegt nun – mit dem
offiziellen Projektabschluss Ende Mai 2025 – ein umfassender
Maßnahmenkatalog vor, der konkrete Erfolge für Umwelt, Stadtgesellschaft
und Wirtschaft in zwei Projektberichten dokumentiert.
Eine Präsentation der im Rahmen des Projektes "reGIOcycle" entwickelten
Produkte, darunter auch der Augsburger Becher.
Drei Teilprojekte – ein gemeinsames Ziel
1. Regionale Mehrwegsysteme
Mit dem „Augsburger Becher“ wurde ein regional tragfähiges Mehrwegsystem
für Kaltgetränke entwickelt, das ökologisch, sozial und wirtschaftlich
überzeugt. In der Umsetzungsphase kooperierte das Projekt mit
Gastronomiebetrieben, Veranstaltern und Hochschulstandorten, darunter auch
die Universität Augsburg, um den Becher flächendeckend im städtischen
Alltag zu testen. Die Evaluation zeigte eine deutliche Reduktion von
Einwegverpackungen – CO₂-Emissionen konnten im Vergleich zu Einweg-PET um
75 % gesenkt werden. Die Rückgabequote des Systems lag bei über 80 %, die
Zufriedenheit bei Nutzern und Partnern war hoch. Das System wurde
erfolgreich an das privatwirtschaftliche Unternehmen GO-Event! GmbH
übergeben und kann so weiterhin genutzt werden.
2. Biokunststoffe im Praxistest
Das zweite Teilprojekt evaluierte biobasierte, faserverstärkte Kunststoffe
– also Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, die durch pflanzliche
Fasern stabilisiert werden –hinsichtlich ihrer ökologischen Gesamtbilanz.
Auch nach mehrfacher Wiederverwendung behielten die Materialien ihre
mechanische Stabilität. In Kombination mit einer funktionierenden
Nahinfrarotsortierung bieten sie realistische Perspektiven für
sortenreines Recycling – insbesondere in der Verpackungsindustrie. Das
Resource Lab entwickelte dafür eine Methodik zur ökologischen Bewertung
des „Design for Recycling“, die auch auf andere Anwendungen übertragbar
ist. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen bereits in neue
Forschungsprojekte und Kooperationen mit Herstellern ein.
3. Weniger Plastik im Bioabfall
Im Teilprojekt zum plastikarmen Bioabfall lag der Fokus auf
Bewusstseinsbildung und Verhaltensänderung. Im Rahmen eines Citizen
Innovation Labs entwickelten Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit der
städtischen Abfallwirtschaft Maßnahmen zur Reduktion von Störstoffen im
Biomüll – von gezielten Kommunikationskampagnen bis hin zu praktischen
Handlungshilfen für den Alltag. In den beteiligten Modellhaushalten sank
der Anteil an Kunststoffbeimengungen messbar. Das Projekt zeigt, dass
niedrigschwellige Informationsangebote und die aktive Einbindung der
Bevölkerung wirksame Hebel für eine sauberere Bioabfalltrennung
darstellen. Die Ergebnisse dienen nun als Basis für eine stadtweite
Umsetzung entsprechender Strategien.
Vom Labor in die Stadtgesellschaft
Die Universität Augsburg brachte insbesondere ihre Expertise in der
Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment) und Nachhaltigkeitsbewertung
ein. Ihre Forschung lieferte die Grundlage für viele der modellierten
Szenarien, etwa zur Klimawirkung von Verpackungen oder zum
Recyclingpotenzial biobasierter Kunststoffe. Der Augsburger Becher wurde
dabei nicht nur konzipiert und getestet, sondern durch das Resource Lab
auch wissenschaftlich begleitet.
Die Ergebnisse aus reGIOcycle flossen nicht nur in Modellprojekte und
Produktentwicklungen, sondern auch in konkrete Handlungsempfehlungen für
Verwaltung und Politik. Auch konnte das Resource Lab einen
wissenschaftlichen Aufsatz unter dem Titel "Life Cycle Sustainability
Assessment of substituting fossil-based with biogenic materials – a German
case study on drinking cups and insulation boxes" in der renommierten
Zeitschrift Journal of Industrial Ecology (JIE) platzieren. Zum
Projektabschluss wurden sogenannte Policy-Briefs an die Stadt Augsburg
übergeben – mit praxisnahen Strategien zur Förderung regionaler
Mehrwegsysteme, zur Abfallvermeidung und zum Recycling biobasierter
Kunststoffe. Ziel ist es, die gewonnenen Erkenntnisse aus der Forschung
dauerhaft in die kommunale Umweltpolitik und Stadtentwicklung zu
integrieren – und damit einen echten Transfer von Wissenschaft in die
Praxis zu ermöglichen.
„Mit reGIOcycle konnten wir zeigen, wie praxisnaher Wandel gelingen kann –
vom regionalen Mehrwegbecher bis zur biobasierten Verpackung. Die
Ergebnisse liefern konkrete Handlungsoptionen für Kommunen, Wirtschaft und
Forschung – weit über die Region Augsburg hinaus“, sagt Dr. Andrea
Thorenz, Leiterin des Resource der Universität Augsburg.
Ausblick: Von der Modellregion zur Zukunftsregion
Im Rahmen des Projektabschluss entwickelten rund 50 Teilnehmende Visionen
für ein plastikfreies Augsburg 2050. Die Impulse aus dem Projekt fließen
nun in konkrete Strategien – etwa für kommunale Mehrwegangebote oder die
Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten im Recycling.
Mit reGIOcycle wurde ein wichtiger Grundstein für eine zukunftsfähige
Kunststoffstrategie gelegt – im Sinne einer funktionierenden
Kreislaufwirtschaft, ökologischen Stadtentwicklung und nachhaltigen
Ressourcenbewirtschaftung.