Vom Ende des Wachstums zur Stabilisierung der Welt
Klimakrise, künstliche Intelligenz und die Corona-Pandemie: Auf den ersten
Blick scheinen diese Dinge nur entfernt etwas miteinander zu tun zu haben
und doch sind sie häufig miteinander verknüpft, folgen sie doch alle einem
ähnlichen, exponentiellen Muster. Der Flensburger Wissenschaftler Prof.
Dr. Emanuel Deutschmann analysiert in seinem Buch Daten und entwirft
Utopien, um die steilen Kurven zu stabilisieren.
Die erste Idee zu seinem Buch kam dem Soziologen Emanuel Deutschmann beim
Campen am Meer. Im Herbst 2020 kurz vor dem Beginn der zweiten Corona-
Welle dachte er über die Zuspitzung verschiedenster Herausforderungen
nach: über die Pandemie, die ökologischen Krisen, das Wirtschaftswachstum,
die Staus und Abgase auf den Straßen und die internationale Mobilität. Er
stellt fest sie alle folgen einem exponentiellen Wachstum: Eine Größe
nimmt per Zeiteinheit um einen konstanten Faktor zu. Das erscheint erst
harmlos, doch ab einem bestimmten Zeitpunkt steigt die Kurve rasant.
Für sein Buch „Die Exponentialgesellschaft“ untersuchte der Soziologe die
Daten der verschiedenen Krisenentwicklungen nicht isoliert, sondern setzt
sie interdisziplinär in Zusammenhänge. Die empirischen Daten von mehr als
achtzig exponentiellen Trends hat der Wissenschaftler untersucht. So
spannt er eine gesamtgesellschaftliche Perspektive auf die
Herausforderungen der Zeit auf.
„Betrachten wir die globale Gesellschaft heutzutage, zeigen sich nach
einer Phase des anhaltenden exponentiellen Wachstums die Herausforderungen
und Probleme. Das beschreibe ich mit dem Begriff Exponentialgesellschaft“,
erklärt Deutschmann. „Diese miteinander verwobenen Krisen überfordern
Menschen und politische Institutionen. Meine Annahme ist, dass das
exponentielle Wachstum zentrale Bereiche so prägt, dass der Fortbestand
der Gesellschaft in ihrer bisherigen Form aber auch insgesamt infrage
gestellt wird“, spitzt er die Herausforderung zu.
Deutschmann eröffnet einen umfassenden Blick auf die von ihm beschriebene
Exponentialgesellschaft und erläutert, welche Zusammenhänge zu einem
Erhalt der bestehenden Phänomene führen. Abschließend eröffnet er Wege hin
zu stabilisierten Verhältnissen und zeigt Möglichkeiten auf, wie ein
Wachstum gelingen kann, das in Relation zu materiellen Ressourcen steht
und dessen Ziel stabile, gesicherte und nachhaltige Verhältnisse sind.
„Mir war es auch wichtig, ein Sachbuch zu schreiben, das jedem den Zugang
zu diesem doch komplexen Thema eröffnet. Als Soziologe reizt es mich,
einen stabilitätsorientierten Ansatz als Gegenentwurf zum
expansionistischen Weiter-So zu entwerfen.“, erläutert Deutschmann seinen
umfassenden Blick auf die Gesellschaft im Rahmen des Sachbuchs.
Zur Person:
Emanuel Deutschmann lehrt soziologische Theorie an der Europa-Universität-
Flensburg. Für seine Dissertation Mapping the Transnational World wurde er
2019 mit dem Wissenschaftspreis der OLB-Stiftung ausgezeichnet. 2023
erhielt er den Hans-L.-Zetterberg-Preis der Universität Uppsala.