Kopf-Hals-Tumoren: Ultraschall als erstes Mittel der Wahl zur Diagnose – und dennoch unterfinanziert
Etwa 19.000 Menschen erkranken in Deutschland jährlich neu an bösartigen
Tumoren des Kopf-Hals-Bereiches - damit gehören diese laut dem Robert
Koch-Institut (RKI) hierzulande zu den acht bis zehn häufigsten
Krebsneuerkrankungen.
Die Sonografie hat sich dabei als primäres
Untersuchungsverfahren bei Verdacht auf solche Erkrankungen etabliert –
sowohl in der Erstdiagnostik als auch in der Nachsorge. Gerade die
modernste Ultraschalltechnik mit hochfrequenten Schallsonden und
Kontrastmittelultraschall ermöglicht laut Experten der Deutschen
Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) eine sehr exakte
Diagnostik. Es mangelt in Deutschland jedoch an einer adäquaten
Finanzierung.
Die Halssonografie ist aus der modernen Krebsdiagnostik nicht mehr
wegzudenken“, betont Professor Dr. med. Julian Künzel, Leiter der DEGUM-
Sektion Kopf-Hals und Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Hals-
Nasen-Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg. „Durch
hochfrequente Schallsonden lassen sich selbst kleinste
Lymphknotenveränderungen im Millimeterbereich erkennen.“
Die Sonografie bietet gegenüber anderen bildgebenden Verfahren zahlreiche
Vorteile: Sie ist strahlenfrei, kosteneffizient, flexibel einsetzbar und
kann beliebig oft wiederholt werden. Damit eignet sie sich besonders für
die Nachsorge von Kopf-Hals-Tumoren. „Auch die Beurteilung von
Schwellungen und Schluckbeschwerden gelingt durch den direkten Kontakt
zwischen Untersucher und Patient sehr präzise – eine diagnostische Stärke
gegenüber rein bildbasierten Methoden wie CT oder MRT“, so der DEGUM-
Experte. Ein weiterer Vorteil ist, dass Ultraschallkontrastmittel, die im
Kopf-Halsbereich zum Einsatz kommen, gasgefüllte Mikrobläschen sind – die
nach intravenöser Gabe rückstandslos über die Lunge abgeatmet werden
können. Sie haben deshalb weniger Nebenwirkungen im Vergleich zu
jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln. Zusätzliche Technologien wie die
Elastografie oder die Kontrastmittelsonografie ermöglichen inzwischen eine
noch differenziertere Beurteilung von Lymphknoten und Raumforderungen im
Kopf-Hals-Bereich. „Diese modernen Verfahren erlauben die Beurteilung der
Gewebesteifigkeit und der Durchblutung bis hin zu kleinsten
Kapillargebieten“, so Künzel. „Sie erhöhen die diagnostische Genauigkeit
erheblich - und haben eine höhere Auflösung als gängige radiologische
Schnittbildmethoden.“ Mit der Ultraschalldiagnostik könnten etwa typische
zystische Befunde exakt von bösartigen Lymphknotenveränderungen
unterschieden werden.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist zentral
Auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit spielt in der Halssonografie
eine zentrale Rolle: Internisten, Endokrinologen, Nuklearmediziner,
Radiologen, HNO-Ärzte und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen arbeiten bei der
Abklärung und Therapie von Schilddrüsen-, Speicheldrüsen- und Kopf-Hals-
Tumoren eng zusammen. Besonders stark interdisziplinär aufgestellt ist die
Schilddrüsenbehandlung, weshalb die DEGUM kürzlich ein neues
interdisziplinäres Curriculum für Halssonografie entwickelt, welches auch
die zertifizierte Ausbildung in der Schilddrüsensonografie umfasst.
Trotz des hohen diagnostischen Wertes ist die Finanzierung moderner
Ultraschalltechnik nach wie vor unzureichend. „Der Zeit- und
Dokumentationsaufwand einer vollständigen Halsuntersuchung mit modernen
Geräten wird im deutschen Gesundheitssystem nicht angemessen vergütet“,
kritisiert Künzel. „Das erschwert Investitionen in neue Technik –
insbesondere in Kliniken, aber auch in vielen Praxen.“
Die DEGUM appelliert daher an die Gesundheitspolitik, die strukturelle
Unterfinanzierung der Sonografie zu beenden. „Ultraschall ist eine
hochwirksame, sichere und patientenschonende Methode“, betont Künzel.
„Eine adäquate Vergütung würde nicht nur die Versorgung verbessern,
sondern auch unnötige Folgeuntersuchungen und Gesundheitskosten
vermeiden.“