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Gegen den Demokratieverfall: Feste Spielregeln sind gefragt

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Was, wenn demokratische Prinzipien unterhöhlt werden und so die Basis
einer Staatengemeinschaft wie der EU unterwandert wird? Ein Forschungsteam
des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ an der Universität
Konstanz fand heraus:

Eine große Mehrheit der EU-Bürger*innen wünscht sich
Sanktionen zum Schutz der Demokratie. Ihre Studie dazu wurde gerade in der
Fachzeitschrift „Journal of European Public Policy“ veröffentlicht.

Die Pressefreiheit wird beschnitten, die Unabhängigkeit von Gerichten
eingeschränkt: Dass demokratische Grundprinzipien durch
rechtspopulistische Parteien systematisch unterhöhlt werden, lässt sich in
EU-Mitgliedsstaaten wie Ungarn oder Polen beobachten. Das „democratic
backsliding“ einzelner Mitgliedsstaaten, wie die Erosion demokratischer
Systeme genannt wird, stellt die Europäische Union (EU) vor ein Problem,
versteht sie sich doch als Gemeinschaft demokratischer Staaten. Wie sollte
die EU darauf reagieren? Was erwarten EU-Bürger*innen als Antwort auf
dieses „democratic backsliding“? Politikwissenschaftler*innen des
Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“ an der Universität Konstanz
veröffentlichten dazu jüngst eine Studie in der Fachzeitschrift „Journal
of European Public Policy“.

Demokratische Spielregeln müssen eingehalten werden
EU-Bürger*innen sehen einen Verfall demokratischer Standards in EU-
Mitgliedstaaten sehr kritisch. Dies stellten die Forscher*innen – Sharon
Baute, Max Heermann (Erstautor) und Dirk Leuffen – durch Umfragen in
Deutschland, Italien, Polen und Schweden fest. Eine große Mehrheit der EU-
Bürger*innen wünscht sich, dass die EU Maßnahmen zum Schutz der Demokratie
ergreift. Politikwissenschaftler Heermann unterstreicht: „Unsere Daten
zeigen unmissverständlich auf, dass die meisten EU-Bürger*innen bereit
sind, Mitgliedstaaten zu sanktionieren, die den demokratischen oder
rechtsstaatlichen Kanon verlassen.“ Dies geschehe nicht aus Bösartigkeit,
so Heermann, sondern „aus der Einsicht, dass die Gemeinschaft nur
funktionieren kann, wenn sich die einzelnen Länder an die Regeln halten,
denen sie mit ihrem Beitritt selbst zugestimmt haben“. Die hohe Zustimmung
für solche Sanktionen sollte die EU ermutigen, diese auch zu ergreifen und
konsequent durchzusetzen, so die Autor*innen.

Sanktionen in Gruppen und in zwischenstaatlichen Beziehungen
Als Ausgangspunkt für ihre Studie griffen die Wissenschaftler*innen auf
Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomie zurück, dass nämlich innerhalb von
Gruppen auf Normverletzungen mit starkem Sanktionsverhalten geantwortet
wird. Für Dirk Leuffen, Prorektor für Forschung, Forschungsinfrastrukturen
und Transfer an der Universität Konstanz und Mitautor der Studie, ist dies
ein schönes Beispiel, wie Einsichten aus einer wissenschaftlichen
Disziplin andere Bereiche anregen können: „Ohne die Kenntnis der
verhaltensökonomischen Literatur hätten wir sicherlich andere Fragen
gestellt und die Studie anders aufgezogen. Dass die Ergebnisse
verhaltensökonomischer Laborforschung auf die zwischenstaatlichen
Beziehungen in der EU angewandt werden können, ist natürlich spannend.“

Sharon Baute, Juniorprofessorin am Fachbereich Politik- und
Verwaltungswissenschaft, betont die politischen Implikationen: „Unsere
Studie zeigt, dass die Bürger*innen weniger solidarisch mit
Mitgliedsstaaten sind, wenn diese die Spielregeln verletzen. Sprich, wer
gegen die Regeln verstößt, schadet sich auf lange Sicht selbst.“

Faktenübersicht:
• Originalpublikation: Heermann, Max, Baute, Sharon & Leuffen, Dirk
(2025), Democratic Backsliding and Support for Public Good Provision in
the European Union, Journal of European Public Policy:
https://doi.org/10.1080/13501763.2025.2503973.
• Zentrales Ergebnis: Eine große Mehrheit der EU-Bürger*innen wünscht
sich, dass die EU Maßnahmen zum Schutz der Demokratie ergreift.
• Autor*innen der Studie: Politikwissenschaftler Max Heermann (Erstautor),
seit kurzem an der ETH Zürich tätig, war zuvor Postdoc an der Universität
Konstanz. Sharon Baute ist Juniorprofessorin für Vergleichende
Sozialpolitik an der Universität Konstanz und Dirk Leuffen Professor für
Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Politik an der
Universität Konstanz. Beide sind Principal Investigator am
Exzellenzcluster „The Politics of Inequality“ an der Universität Konstanz.
• Der Exzellenzcluster „The Politics of Inequality” an der Universität
Konstanz erforscht aus interdisziplinärer Perspektive die politischen
Ursachen und Folgen von Ungleichheit. Die Forschung widmet sich einigen
der drängendsten Themen unserer Zeit: Zugang zu und Verteilung von
(ökonomischen) Ressourcen, der weltweite Aufstieg von Populist*innen,
Klimawandel und ungerecht verteilte Bildungschancen.
• Die Studie wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft
(DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder.

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