Automatisch saubere Straßenleitpfosten
Im Projekt ElPrA entwickelt die HTW Dresden ein Arbeitsassistenzsystem für
kommunale Nutzfahrzeuge zur Entlastung des Bedienpersonals
Ob Grünflächenpflege oder Winterdienst, Straßensäuberung oder
Kanalreinigung – in Kommunen kommen tagtäglich viele Nutzfahrzeuge zum
Einsatz, aktuell meist angetrieben von Verbrennungsmotoren.
Weil im Zuge
der Dekarbonisierung auch für solche Kommunalfahrzeuge neue gesetzliche
Vorschriften zu erwarten sind, beginnen viele Kommunen bereits jetzt, die
Fahrzeugflotte zukunftssicher auf E-Mobilität auszurichten. Doch
vielerorts mangelt es an qualifiziertem Personal, das die modernen
Arbeitsmaschinen bedienen kann. Um die Bedienung zu erleichtern, arbeitet
die Fakultät Maschinenbau der HTW Dresden gemeinsam mit Partner*innen an
einem neuartigen, autonomen Assistenzsystem für Kommunalfahrzeuge. Der
Projekttitel lautet: Elektrischer Präzisionsfahrantrieb als integratives
Antriebs- und Steuerungssystem für autonome und mobile Arbeitsmaschinen –
kurz ElPrA.
„Dieser Antrieb besteht aus einer elektrischen Präzisionsachse, einem
Umfelderfassungssystem und einer intelligenten Universalschnittstelle
zwischen Arbeitsgerät und Präzisionsachse“, erläutert Projektleiter Martin
Wittmer, Professor für Nutzfahrzeugtechnik an der HTW Dresden. „Vor
allembei monotonen Arbeiten wie der Reinigung von Straßenleitpfosten oder
dem Mähen von Randstreifen kann eine Automatisierung die Fahrerinnen und
Fahrer deutlich entlasten.“ Im Ergebnis könnten nicht nur die
Anforderungen an die Qualifikation des Bedienpersonals gesenkt, sondern
auch der Energieverbrauch optimiert und die Arbeitsgeschwindigkeit und
-qualität gesteigert werden.
Entwicklung im Verbund
Da kein geeignetes Basisfahrzeug am Markt verfügbar ist, bauen die
Projektpartner*innen einen Forschungsträger in der passenden Größe. Das
Fahrzeug wird kompakt und wendig sein, viele Anbaumöglichkeiten bieten und
wird mit einem Elektroantrieb ausgestattet werden. Im Rahmen des ElPrA-
Projekts entwickeln die Beteiligten die Präzisionsachse, die für das
Assistenzsystem und die Automatisierung bestimmter Arbeitsvorgänge eine
zentrale Rolle spielt. Jedes Rad muss separat angetrieben und einzeln mit
hoher Präzision automatisch gesteuert werden können. Eine anspruchsvolle
Aufgabe, die ein optimales Zusammenspiel von zahlreichen Sensoren und
Reglern erfordert. Als Anwendungsbeispiel dient die Reinigung von
Straßenrandpfählen.
Während das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und
Bildauswertung IOSB die aufwendige Sensorik erforscht, hat das Team der
HTWD einen digitalen Zwilling der Arbeitsmaschine kreiert, um ihren
Einsatz in unterschiedlichen Situationen zu simulieren. „Auf dem Monitor
können wir das virtuelle Fahrzeug eine Straße entlangfahren lassen und wie
in einem Film verfolgen, ob es die Leitpfosten erkennt, sich an der
richtigen Stelle positioniert und mit der virtuellen Waschbürste die
Pfähle säubert“, sagt Martin Wittmer. „Dabei war die Einbindung der
Sensorik und Regler eine Neuerung für uns.“ Neben dem Arbeitsvorgang gilt
es, viele weitere Situationen zu simulieren, etwa plötzlich auftretende
Hindernisse oder die Beanspruchung des Fahrzeugs auf einer holprigen
Straße.
Halbzeit im Projekt
Das dreijährige Forschungsvorhaben läuft seit Ende 2023. Die Entwicklung
der Achse ist inzwischen abgeschlossen und das Konsortium beginnt mit dem
Bau eines Prototyps. Die HTWD arbeitet mithilfe des digitalen Zwillings
daran, die sensorgesteuerten Arbeitsvorgänge zu optimieren und die Regler
weiterzuentwickeln. Später soll ein nachgelagertes Projekt die Technologie
alltagstauglich und wirtschaftlich nutzbar machen. „Unser Verbundprojekt
und die gemeinsame Entwicklungsarbeit bewirken nicht nur Erleichterungen
für die kommunale Bewirtschaftung“, so Martin Wittmer. „Hier werden die
Kompetenzen der Beteiligten für die Kommunaltechnik der Zukunft gebündelt,
ein Schritt in Richtung Neubelebung Sachsens als bedeutender Standort für
Nutzfahrzeugtechnik.“
Rund ein Drittel der Studierenden der Fahrzeugtechnik an der HTWD wählen
die Vertiefungsrichtung Nutzfahrzeugtechnik, die hier seit etwa 15 Jahren
explizit im Fokus steht. Mehrere Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der
Kommunaltechnik – so auch die automatische Hindernisumfahrung bei
Mäharbeiten am Straßenrand – bilden unter anderem die Grundlage für das
ElPrA-Projekt.
Das FuE-Verbundprojekt wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für
regionale Entwicklung (EFRE) und aus Steuermitteln auf Grundlage des vom
Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes gefördert und läuft bis
November 2026.