Großwohnsiedlungen und ihre Bewohner*innen im Wandel
Eine Stadt in der Stadt vom Reißbrett, die die täglichen
Bedürfnisse berücksichtigt. So genannte „Großwohnsiedlungen“ entstanden in
den 1950er- bis 1970er-Jahren überall in Deutschland.
Auch heute noch
stellen sie einen nennenswerten Anteil am Gesamtwohnungsbestand. Ihre
Bewohner*innen und die Gesellschaft haben sich aber geändert. Ursprünglich
für die Mittelschicht gebaut, sind die Quartiere heute oft von Armut und
Ausgrenzung geprägt. Gleichzeitig sind die Familienstrukturen vielfältiger
geworden. Wie passt der heutige Alltag mit der Wohnidee von gestern
zusammen? Ein Forschungsteam des Instituts für Humangeographie der Goethe-
Universität Frankfurt am Main, des Gender- und Frauenforschungszentrums
der Hessischen Hochschulen (gFFZ) sowie des Forschungslabors
Nachkriegsmoderne der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt
UAS) geht dieser Frage am Beispiel der Frankfurter Nordweststadt nach.
Nordweststadt als perfektes Untersuchungsgebiet
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt
„Großwohnsiedlungen im Wandel. Intersektionale Perspektiven auf
Nutzungsverhalten und Bedarfe von Bewohner*innen“ ist im April offiziell
gestartet. Durch die Zusammenarbeit von Geograf*innen,
Genderforscher*innen und Stadtplaner*innen soll ein umfassendes Bild des
Alltags in Quartieren der „Nachkriegsmoderne“ und der darin stattfindenden
Transformationsprozesse entstehen. Die Frankfurter Nordweststadt sei dafür
ein perfektes Untersuchungsgebiet, so Prof. Dr. Maren Harnack, Professorin
für Städtebau und Entwerfen an der Frankfurt UAS. „In der Quartiersplanung
sowie Wohnungen spiegeln sich konkrete Vorstellungen etwa vom Alltag und
Familienleben der damaligen Zeit wider. Das Verständnis davon, wie diese
Architektur in Wechselwirkung zu den heutigen Wohnenden steht, ist auch
für Quartiere der Zukunft interessant“, so die Forscherin des
Forschungslabors Nachkriegsmoderne.
In drei eng verzahnten Teilprojekten untersuchen die Forscher*innen die
Alltagswelt vor Ort unter anderem mit Interviews, teilnehmenden
Beobachtungen und Mappings. Teilprojekt 1, das unter Leitung von Dr. Hanna
Haag am gFFZ angesiedelt ist, widmet sich der Frage, wie Haushalte und
einzelne Bewohner*innen ihre Wohnungen und öffentliche Freiräume in der
Großwohnsiedlung nutzen und gestalten. Teilprojekt 2 nimmt Orte der
Vergemeinschaftungen wie Kirchen und Jugendzentren in den Blick. Wie
werden sie genutzt, was fehlt den Bewohner*innen?
Verantwortlich für das Teilprojekt, das am Institut für Humangeographie
der Goethe-Universität Frankfurt am Main angesiedelt ist, ist Prof. Dr.
Sebastian Schipper, Heisenberg-Professor für Geographische Stadtforschung.
Teilprojekt 3 untersucht, wie Architektur und Raumgestaltung das soziale
Miteinander beeinflussen und welche räumlichen Strukturen nachhaltige
Nutzungen ermöglichen. Besondere Aufmerksamkeit gilt im Projekt so
genannten intersektionalen Perspektiven, also inwiefern Faktoren wie
Geschlecht, Alter und soziale Herkunft die Nutzungsmuster und Bedarfe der
Bewohner*innen beeinflussen. Dr. Hanna Haag, wissenschaftliche
Koordinatorin des gFFZ: „Die Bewohner*innen der Nordweststadt kennzeichnen
sich durch vielfältige Lebensrealitäten, die wiederum Einfluss auf das
Wohnen selbst nehmen. Dieser Diversität möchten wir in unserem Teilprojekt
sowie im Gesamtverbund nachspüren und sie sichtbar machen.“
Erkenntnisse für die Planung
Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt. Die Erkenntnisse sind nicht nur
für die Grundlagenforschung wichtig. Vielmehr sollen die Ergebnisse, so
Professor Sebastian Schipper von der Goethe-Universität, „für die
zukünftige Planungspraxis produktiv gemacht werden und dazu beitragen,
Strategien zu entwickeln, den gegenwärtigen Herausforderungen und
gesellschaftlichen Konflikten in Großsiedlungen zu begegnen“.
Kontakt:
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Humangeographie, Prof.
Dr. Sebastian Schipper, Telefon: + 49 69 798-35165, E-Mail: S.Schipper@geo
.uni-frankfurt.de
Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 1: Architektur •
Bauingenieurwesen • Geomatik, Prof. Dr. Maren Harnack, Telefon: +49 69
1533-2746, E-Mail:
Frankfurt University of Applied Sciences, gFFZ, wissenschaftliche
Koordinatorin Dr. Hanna Haag, Telefon: +49 69 1533-3158, E-Mail:
Weitere Informationen:
<www.frankfurt-university.de/n
<https://www.uni-frankfurt.de/