Geritzt, vergraben, verflucht
In Bleitäfelchen geritzte Flüche galten in der Antike so lange als
wirksam, wie sie im Verborgenen blieben. Anspielungen auf diese Praxis
finden sich sogar in der Bibel.
Diebstahl, Eifersucht, Konkurrenz: Damit schlugen sich die Menschen schon
in der Antike herum. Kam es ganz arg, belegten sie ihre Widersacher mit
einem Fluch. In Bleitäfelchen ritzten sie ihre Verwünschungen, rollten das
Ganze auf und versteckten es an geheimen Orten, wo sie finstere Mächte
vermuteten. Glück für Prof. Dr. Michael Hölscher, Leiter des Lehrstuhls
für Exegese des Neuen Testaments an der Katholisch-Theologischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum, denn viele der Täfelchen überdauerten.
Hölscher schaut sich das Verfluchen als religiöse Alltagspraxis genau an
und kann zeigen, dass es sogar in die Bibel Eingang gefunden hat. Darüber
berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität Bochum.
Gefährliches Ritual
„In der Zeit zwischen etwa 500 vor und 500 nach Christus gehörte das
Verfluchen im römischen Reich zur religiösen Alltagspraxis“, erklärt
Michael Hölscher. „Und da das Ritual vorsah, dass man den Fluch
aufschrieb, zum Beispiel auf ein dünnes Bleitäfelchen, können wir das
heute noch nachvollziehen.“ Die Täfelchen, manchmal begleitet von
gefesselten oder durchbohrten Lehmpuppen, wurden an besonderen Orten
deponiert, an denen man Unterweltsmächte vermutete: Man vergrub sie in
Gräbern früh Verstorbener oder in der Nähe von Heiligtümern, warf sie in
Quellen oder ins Meer. „Solange das Täfelchen an diesem geheimen Ort
blieb, war der Fluch aktiv“, sagt Michael Hölscher. „Wurde es ausgegraben,
endete der Fluch.“
Ihn interessiert besonders, wie sich diese religiöse Alltagspraxis in der
Johannesoffenbarung spiegelt, dem letzten Buch des Neuen Testaments. Es
wurde vermutlich in Kleinasien geschrieben, das unter römischer Herrschaft
stand, und gab der kleinen, bedrängten, christlichen Minderheit Trost und
Halt. Und tatsächlich finden sich an mehreren Stellen Anspielungen auf die
verbreitete Fluchpraxis, etwa in der Beschreibung des Untergangs der Stadt
Babylon.
Ausführlicher Artikel im Wissenschaftsmagazin Rubin
Was Fluchpraxis und die Johannesoffenbarung miteinander zu tun haben,
lesen Sie im ausführlichen Beitrag zum Thema im Wissenschaftsmagazin Rubin
mit dem Schwerpunkt „Geheimnis“: https://news.rub.de/wissenscha
/theologie-geritzt-vergraben-v
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