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Bildarchiv zu ehemaligen deutschen Kolonien wird mit KI erschlossen

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Neues Projekt „Visual Analytics für Bilder aus Kolonialen Kontexten“
(VABiKo) ist gestartet: eine DFG-finanzierte Kooperation der
Universitätsbibliothek Frankfurt am Main und der Philipps-Universität
Marburg.



FRANKFURT. Das zentrale historische Bildarchiv der deutschen kolonialen
und kolonialrevisionistischen Bewegungen ist einer der größten
fotografischen Bestände dieser Art und spielt eine wichtige Rolle in der
Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte. Dieses Bildarchiv wird
jetzt durch automatisierte Bildanalyseverfahren und Deep-Learning-Methoden
in einem öffentlichen Internetportal zugänglich gemacht. Die Verortung in
sowohl kolonialen als auch in NS-Kontexten erfordert eine historisch
bewusste und ethisch verantwortungsvolle Annäherung.
Der heute noch existierende Bildbestand der „Deutschen
Kolonialgesellschaft“ (1887 - 1936) und nachfolgender
Propagandaorganisationen wie des „Reichskolonialbundes“ (1933 - 1943)
umfasst ca. 45.000 Bildträger. Diese wurden Ende der 1940er-Jahre an die
Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt übergeben. Aus Sicht der
ursprünglich sammelnden Institutionen bezogen sich viele Bildthemen auf
die angeblich kulturelle und wirtschaftliche „Erschließung“ der deutschen
Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent, in Ozeanien und China. Ebenso in
der Bildsammlung vertreten sind allerdings auch andere europäische und
außereuropäische Gebiete. Ende der 1990er-Jahre war dies der erste
fotografische Bestand aus kolonialen Kontexten in Deutschland, der
digitalisiert und online präsentiert wurde. Anfang der 2000er-Jahre wurde
er durch weitere Bildbestände wie die der Sam Cohen Library in Swakopmund,
Namibia erweitert. Aufgrund der unzureichenden Metadaten war der Zugang
für Forschende bisher stark eingeschränkt.

Um die Zugangsmöglichkeiten grundlegend neu zu denken, wurde das Projekt
„Visual Analytics für Bilder aus Kolonialen Kontexten“ (VABiKo) ins Leben
gerufen. Das Projekt ist eine Kooperation der Universitätsbibliothek J. C.
Senckenberg in Frankfurt am Main und der Arbeitsgruppe „Multimodale
Modellierung und Maschinelles Lernen“ (Prof. Ralph Ewerth) der Philipps-
Universität Marburg. Es wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) für vorläufig drei Jahre finanziert. Das Projekt zielt darauf ab,
die Nutzungsmöglichkeiten durch semi-automatische Erschließung und
zusätzliche Metadaten zu verbessern. Dies umfasst sowohl erweiterte Such-
als auch Präsentationsmöglichkeiten, wie beispielsweise vereinfachte
Durchsuchbarkeit mithilfe von Deep-Learning gestützter Bildanalyse und
interaktiven Zeit-Raum-Visualisierungen. Zudem ermöglicht die
Automatisierungen es, den Bildbestand mit Illustrationen in Publikationen
aus kolonialen Kontexten zu vergleichen. Ursprüngliche
Verwendungszusammenhänge und Instrumentalisierungen werden somit deutlich.
Durch die automatische Erkennung wiederkehrender Bildmuster mit Bezug auf
Personen, Objekte und Orte sollen unter anderem die Entstehungsorte der
Fotografien auf Landkarten mit einer zusätzlichen Zeitschiene angezeigt
werden können. Eine allgemein verbesserte Datenhaltung wird die
Nachhaltigkeit des Projekts auch für zukünftige Generationen von Nutzern
sicherstellen.
Das so entstehende mehrsprachige Internetportal soll Ende 2027 öffentlich
zugänglich sein und die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte
unterstützen. Der Bestand enthält Darstellungen verschiedener Formen von
Gewalt innerhalb eines Machtgefälles zwischen Kolonisierenden und
Kolonisierten. Darum werden ethische Fragen der Präsentation und Nutzung
im Austausch mit Kolleg*innen, Forschenden und Interessenvertreter*innen
aus den Herkunftsländern der Fotografien abgestimmt. Trotz der
ursprünglich propagandistischen Verwendungszusammenhänge besitzen die
Fotografien großes Potenzial für Neuinterpretationen durch die genannten
Interessengruppen. Angestrebt wird eine Balance zwischen transparenter
Erschließung und der respektvollen Annäherung an die fotografierten
Personen.

Über die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg (UB JCS)
Die Universitätsbibliothek JCS zählt mit ihren umfangreichen Beständen und
Sammlungen zu den bedeutendsten wissenschaftlichen Bibliotheken
Deutschlands. Sie vereinigt in sich die Funktionen einer
Universitätsbibliothek mit zahlreichen Landesaufgaben, einer
wissenschaftlichen Bibliothek für die Stadt Frankfurt und das Rhein-Main-
Gebiet sowie einer Schwerpunktbibliothek innerhalb der überregionalen
Literatur- und Informationsversorgung.
<https://www.ub.uni-frankfurt.de/>

Über die Arbeitsgruppe Multimodale Modellierung und Maschinelles Lernen
(Prof. Ralph Ewerth) an der Philipps-Universität Marburg
Die Arbeitsgruppe von Prof. Ewerth am Fachbereich Mathematik und
Informatik der Philipps-Universität wurde im April 2025 gegründet. Es
handelt sich um eine von drei neu geschaffenen KI-Professuren, die
gemeinsam mit den Hessischen Zentrum für Künstliche Intelligenz
(hessian.AI) geschaffen wurden. Die Arbeitsgruppe konzentriert sich auf
die Entwicklung und Verbesserung maschineller Lernverfahren zur Analyse
von Bildern, Videos und multimodalen Informationen. Ein weiterer Fokus
liegt auf Verfahren zur Verbesserung von (multimodalen) Suchmaschinen
unter Nutzung von generativen KI-Modellen sowie auf interdisziplinären
Anwendungen.

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