Projekt zur Entfernung von Medikamentenrückständen aus Abwasser abgeschlossen

Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), HAMBURG WASSER und die
Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) haben ihr gemeinsames
Forschungsprojekt zur Entfernung von Medikamentenrückständen aus Abwasser
abgeschlossen.
Das Projekt untersuchte die Effizienz verschiedener
Reinigungsmethoden zur Entfernung von Medikamentenrückständen, Keimen und
anderen Mikroschadstoffen aus Krankenhausabwasser. Dabei wurden in den
vergangenen gut zweieinhalb Jahren biologische Reinigungsstufen sowie
erweiterte technische Verfahren wie Behandlung mit Aktivkohle (Adsorption)
und Membranfiltration getestet und wissenschaftlich ausgewertet.
Die Untersuchungen fanden in einer speziell eingerichteten
Forschungsanlage auf dem Gelände des Universitätsklinikums Hamburg-
Eppendorf statt. Der Standort wurde bewusst gewählt, da
Krankenhausabwasser eine höhere Konzentration von Stoffen wie
Medikamentenrückständen aufweist. Die Forschungsergebnisse werden in die
Planung der Aufrüstung des Klärwerks Hamburg fließen, die HAMBURG WASSER
aktuell vorbereitet. Das UKE hat zudem untersucht, wie sich
multiresistente Erreger im Krankenhausabwasser verhalten.
„Da über die Abwasserwege auch die aus Ausscheidungen von Mensch und Tier
stammenden multiresistenten Bakterien in Kläranlagen gelangen, stellt eine
möglichst effiziente Beseitigung dieser Erreger eine Herausforderung für
die Zukunft dar. Hierdurch kann der Eintrag von resistenten Bakterien und
Resistenzgenen in Oberflächengewässer und damit der Möglichkeit des
(Wieder-)Eintritts in die Nahrungskette reduziert und die Ausbreitung
gebremst werden. Mit dem gemeinsamen Projekt konnte auch der Rückhalt von
resistenten Bakterien quantifiziert und wichtige Erkenntnisse zur
Effizienz verschiedener Prinzipien der Abwasserbehandlung gewonnen werden.
Im Rahmen eines begleitenden Projekts konnten weiterhin spezifische
Besonderheiten von multiresistenten Bakterien im Krankenhausabwasser
untersucht werden. Hierbei zeigte sich, dass sich einzelne
abwasserspezifische Bakterien über längere Zeiträume im Abwassersystem
halten können, welche nur selten beim Menschen identifiziert werden“, sagt
Prof. Dr. Johannes K.-M. Knobloch, Leiter der Krankenhaushygiene des UKE.
„Medikamentenspuren und andere Mikroschadstoffe belasten bereits heute
unsere Gewässer. Der Arzneimittelverbrauch wird in unserer alternden
Gesellschaft in Zukunft deutlich zunehmen. „End-of-Pipe“-Lösungen sind
zwar kein Allheilmittel, dennoch sehen wir uns als Kläranlagenbetreiber in
der Pflicht, unsere Gewässer optimal zu schützen. HAMBURG WASSER betreibt
die größte kommunale Kläranlage Deutschlands und plant weitere
Reinigungsstufen sehr sorgfältig. Was wir heute investieren, muss sich
langfristig bewähren. Das Forschungsprojekt hat wichtige Erkenntnisse
darüber geliefert, mit welchen zusätzlichen Reinigungsschritten unser
Klärwerk einen Beitrag leisten könnte. Gleichzeitig hat es gezeigt, wie
wichtig eine erweiterte Herstellerverantwortung ist. Viele
Mikroschadstoffe lassen sich nur mit erhöhtem Aufwand und Kosten
entfernen, was die Treibhausgasbilanz verschlechtert. Um nachhaltige
Lösungen zu schaffen, müssen Hersteller mehr Anstrengungen zur Reduktion
an der Quelle unternehmen. Eine erweiterte Herstellerverantwortung könnte
hier für eine schnellere Umsetzung sorgen, weil die Verursacher dadurch an
den Kosten beteiligt werden“, sagt Projektleiter Dr. Kim Augustin, HAMBURG
WASSER.
„Die im Forschungsprojekt gewonnenen Erkenntnisse zeigen eindrucksvoll,
was mit den verschiedenen technischen Lösungen heute erreichbar ist. Neue
vielversprechende Ansätze wie die Nanofiltration können nicht nur
Arzneimittelrückstände, sondern gleichzeitig auch Mikroplastik und
antibiotikaresistente Bakterien zurückhalten. Das verfahrenstechnische und
wirtschaftliche Potential wird aktuell in einer noch laufenden
Dissertation weiter untersucht. Neben der biotechnologischen Entwicklung
neuer nachhaltiger Antibiotika und der Schaffung neuer umweltrechtlicher
Instrumente zur Reduzierung von Arzneimitteln in Oberflächengewässern
einschließlich verbesserter Verfahren zur ökotoxikologischen
Risikobewertung im Zulassungsverfahren bleibt die verfahrenstechnische
Optimierung der Entwässerungsnetze und Behandlungsanlagen ein zentraler
Baustein zum Schutz von Ökosystemen und Menschen. Klar ist aber auch, dass
die zukünftigen Anforderungen der neuen EU-Kommunalabwasserrichtlinie
bereits heute technisch machbar und finanzierbar sind“, sagen Prof. Dr.
Falk Beyer und Prof. Dr. Jörn Einfeldt, Forschungsgruppe PharmCycle der
HAW Hamburg.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts fließen nun in die Planung der
Aufrüstung der Hamburger Kläranlage ein. HAMBURG WASSER entwickelt ein
Konzept, um die Anlage im Hafen langfristig um eine vierte Reinigungsstufe
zu erweitern. Damit sollen die Vorgaben der Kommunalabwasserrichtlinie
(KARL) erfüllt werden, die am 1. Januar 2025 in Kraft getreten ist. Die
Richtlinie bildet einen zentralen wasserwirtschaftlichen Rechtsrahmen und
muss bis zum 1. Juli 2027 in nationales Recht überführt werden. Sie sieht
unter anderem die Einführung einer vierten Reinigungsstufe zum Abbau von
Spurenstoffen auf größeren Kläranlagen vor. Zudem fordert sie eine
„Erweiterte Herstellerverantwortung“, bei der Hersteller und
Inverkehrbringer von Arzneimitteln und Kosmetikprodukten zu 80 Prozent an
den Investitions- und Betriebskosten für die Erweiterung der Kläranlagen
beteiligt werden.