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Europa erwärmt sich am schnellsten: Gesundheitsgefahr durch Hitze gehört längst zum Alltag – und braucht Strategien

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Sie kommt ohne Sirene, sie löst keinen Lockdown aus – und kostet
doch jedes Jahr Tausende von Menschenleben: Hitze ist längst zur
unsichtbaren


Gesundheitskrise geworden. Allein im Sommer 2022 starben in Deutschland
rund 9100
Menschen an den Folgen extremer Hitze (1) – deutlich mehr als durch
Verkehrsunfälle und
Drogenkonsum zusammen. Dennoch fehlen vielerorts grundlegende
Schutzmaßnahmen. Der
131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)
widmet sich im
Rahmen seines Schwerpunktthemas „Resilienz – sich und andere stärken" der
Frage, wie der
gesundheitliche Hitzeschutz systematisch gestärkt werden kann.

Auf der Eröffnungspressekonferenz am 3. Mai 2025 werden konkrete
Strategien aus ärztlicher Sicht vorgestellt. Medienschaffende können sich
bereits jetzt für die Teilnahme an der Pressekonferenz online oder in
Präsenz anmelden.

„Hitze ist das größte durch den Klimawandel bedingte Gesundheitsrisiko in
Deutschland – und es trifft eine zunehmend vulnerable Bevölkerung“, sagt
Dr. med. Martin Herrmann, Mitbegründer und Vorsitzender von KLUG e. V.
(Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit). Hitzewellen gefährden vor
allem ältere und chronisch kranke Menschen, belasten das Gesundheitssystem
und können sich zu Katastrophenlagen mit großflächigen
Versorgungsengpässen entwickeln. Gerade ältere Menschen verlieren mit
zunehmendem Alter die Fähigkeit zur effektiven Thermoregulation, also der
Anpassung des Körpers an hohe Umgebungstemperaturen. Gleichzeitig sind sie
häufiger von Herz-Kreislauf-, Nieren- oder Lungenerkrankungen betroffen,
die sich durch Hitzebelastung verschlimmern können. Bestimmte entwässernde
oder Blutdruck senkende Medikamente können zudem die körpereigene
Wärmeregulation stören. Zudem erhöhen kognitive Einschränkungen,
Immobilität und soziale Isolation das Risiko, eine Hitzewelle nicht
rechtzeitig wahrzunehmen oder nicht angemessen darauf zu reagieren. „Für
diese Betroffenen ist Hitze keine Unannehmlichkeit, sondern ein potenziell
lebensbedrohlicher Stressor“, so Herrmann. Die Folgen reichen von
Dehydrierung über Herzinfarkt bis hin zum plötzlichen Todesfall.

Bündnisse, Bildung und Beratung: Hitzeaktionstag am 4. Juni
Trotz der alarmierenden Situation und der weiter fortschreitenden
Klimakrise steht der gesundheitliche Hitzeschutz in der
gesundheitspolitischen Debatte noch am Anfang. „Umso wichtiger ist es,
dass die Ärzteschaft nicht auf politische Rahmenbedingungen wartet,
sondern dort handelt, wo sie bereits heute Einfluss hat“, sagt Herrmann.
Dazu zählt vor allem, Patientinnen und Patienten in Praxen und Kliniken
gezielt über Hitzefolgen zu informieren und eine sogenannte klimasensible
Gesundheitsberatung anzubieten. Ärztinnen und Ärzte sollten sich zudem
aktiv an regionalen Hitzeaktionsplänen beteiligen, ihre Stimme in
gesundheits- und klimapolitischen Debatten einbringen und über mögliche
Risiken aufklären – etwa im Rahmen des bundesweiten Hitzeaktionstags am 4.
Juni 2025, der von der Bundesärztekammer und KLUG e. V. organisiert wird;
in Kooperation mit über 50 Partnerinstitutionen aus dem Gesundheitswesen,
der Pflege, den Kommunen und der Zivilgesellschaft. Auch im medizinischen
Alltag gibt es Handlungsspielraum: durch klimabewusste Medikamentenwahl,
notwendige Anpassung der Dosierung von Medikamenten, die Vermeidung
medizinischer Überversorgung oder eine gesündere, pflanzenbetonte
Ernährung in Versorgungseinrichtungen. Nicht zuletzt fordert der DGIM-
Kongress dazu auf, Klima- und Gesundheitswissen fest in Lehre, Fortbildung
und auch in den Organisationsstrukturen von Krankenhäusern und Praxen zu
verankern – damit sie langfristig resilienter und nachhaltiger werden.

DGIM-Kongress als Plattform für konkrete Handlungsperspektiven
„Die Innere Medizin steht vor der Aufgabe, nicht nur Krankheiten zu
behandeln, sondern aktiv Gesundheitsgefahren vorzubeugen – auch vor dem
Hintergrund der Klimakrise“, betont auch Kongresspräsident Professor Dr.
med. Jan Galle. Unter „Klimaresilienz“ verstehe man die Verbindung von
Klimaanpassung und Klimaschutz – ein Konzept, das für die
Zukunftsfähigkeit von Gesundheitssystemen von größter Bedeutung sei. Mit
Vorträgen, Diskussionsforen und Workshops bietet der DGIM-Kongress 2025
Raum für Wissenstransfer und praxisnahe Strategien. Die Session
„Klimaresilienz – Traum oder Wirklichkeit?“ (4. Mai 2025, 8:00 Uhr) und
das Forum „Resilienz angesichts der planetaren Gesundheitskrise“ (3. Mai
2025, 14:45 Uhr) stellen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zur
Diskussion und fördern die interprofessionelle Vernetzung. „Wir
Internistinnen und Internisten müssen aufhören, Hitze als
Ausnahmesituation zu behandeln“, sagt Herrmann. „Sie ist Teil unseres
Alltags. Und den müssen wir medizinisch gestalten – bevor er uns
gesundheitlich überfordert.“

Quelle:
(1) https://www.aerzteblatt.de/archiv/hitzeassoziierte-mortalitaet-im-
extremsommer-2022-3b613a95-f63e-46b6-aa37-cbe301075f07