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Neue Werte des IMK Inflationsmonitors - Teuerung für 8 von 9 Haushaltstypen leicht unter Zielinflation

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Teuerung für 8 von 9 Haushaltstypen leicht unter Zielinflation, EZB sollte
Zinsen heute senken und weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht
stellen

Die Inflationsrate in Deutschland ist im März gegenüber Februar von 2,3
auf 2,2 Prozent gesunken und liegt damit sehr nahe beim Inflationsziel der
Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent. Verschiedene
Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden,
weisen aktuell kaum Unterschiede bei ihren haushaltsspezifischen
Teuerungsraten auf: Diese reichten im März von 1,7 bis 2,0 Prozent, zeigt
der neue Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und
Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.*

Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Herbst 2022 betrug
die Spanne 3,1 Prozentpunkte. Während Haushalte mit niedrigen Einkommen
während des akuten Teuerungsschubs der Jahre 2022 und 2023 eine deutlich
höhere Inflation schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war
ihre Inflationsrate im März 2025 wie in den Vormonaten leicht
unterdurchschnittlich: Der Warenkorb von Paaren mit Kindern sowie der von
Alleinlebenden mit jeweils niedrigen Einkommen verteuerte sich um 1,7
Prozent bzw. 1,8 Prozent. Auf 1,7 Prozent Inflationsrate kamen auch
Alleinerziehende mit mittlerem Einkommen. 1,8 Prozent Teuerungsrate
verzeichneten ebenfalls Paarfamilien mit mittleren Einkommen und Paare
ohne Kinder mit mittleren Einkommen sowie Alleinlebende mit mittleren und
mit höheren Einkommen (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser
PM; Link unten).

Auch die Kernrate, also die Inflation ohne die schwankungsanfälligen
Posten Nahrungsmittel (im weiten Sinne) und Energie, sank zwischen Februar
und März leicht. Im Jahresverlauf 2025 dürfte sich die Inflationsrate
weiter normalisieren und bei gesamtwirtschaftlich zwei Prozent einpendeln,
so die Prognose des IMK. Allerdings steigt durch den von US-Präsident
Donald Trump provozierten Zollkonflikt das Risiko, dass sie sogar deutlich
unter die Zielinflation fällt, warnt Dr. Silke Tober, IMK-Expertin für
Geldpolitik und Autorin des Inflationsmonitors. Denn die handelspolitische
Auseinandersetzung treibt die Gefahr einer weltweiten Rezession hoch, die
die Preisentwicklung zusätzlich dämpfen würde.

Tober hält weitere Zinsschritte der EZB für dringend erforderlich, denn
bereits vor den Erschütterungen durch die erratische Politik der US-
Regierung sei die Geldpolitik im Euroraum zu restriktiv für die schwache
wirtschaftliche Dynamik gewesen. Eine Zinssenkung auf der heutigen EZB-
Ratssitzung werde „von den Märkten bereits erwartet“. Die Zentralbank
sollte heute darüber hinaus „weitere Lockerungen der geldpolitischen Zügel
ankündigen“, empfiehlt Tober. Das würde auch die Wirkung der von Union und
SPD vorgesehenen Investitionsoffensive in Deutschland angemessen
flankieren, betont die Ökonomin. „In der aktuellen Situation sollten Geld-
und Fiskalpolitik gemeinsam ein günstiges Umfeld für staatliche und
private Investitionen schaffen, um durch eine starke Binnennachfrage die
dämpfenden außenwirtschaftlichen Einflüsse abzufedern.“

Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten
für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der
Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und
zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der Inflationsmonitor zudem
ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der Inflation für
alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in
interaktiven Grafiken abrufen (Link unten).

Die längerfristige Betrachtung illustriert, dass Haushalte mit niedrigem
bis mittlerem Einkommen von der starken Teuerung nach dem russischen
Überfall auf die Ukraine besonders stark betroffen waren, weil Güter des
Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Energie in ihrem Budget eine größere
Rolle spielen als bei Haushalten mit hohen Einkommen. Diese wirkten lange
als die stärksten Preistreiber, zeigt ein längerfristiger Vergleich, den
Tober in ihrem neuen Bericht ebenfalls anstellt: Die Preise für
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke lagen im März 2025 um 39,8
Prozent höher als im März 2019, also vor Pandemie und Ukrainekrieg. Damit
war die Teuerung für diese unverzichtbaren Basisprodukte mehr als dreimal
so stark wie mit der EZB-Zielinflation von kumuliert 12,6 Prozent in
diesem Zeitraum vereinbar. Energie war trotz der Preisrückgänge in letzter
Zeit um 39,2 Prozent teurer als im März 2019. Deutlich weniger stark, um
19,5 Prozent, stiegen über die sechs Jahre die Preise für
Dienstleistungen.

Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Oktober 2022 betrug die
Teuerungsrate für Familien mit niedrigen Einkommen 11 Prozent, die für
ärmere Alleinlebende 10,5 Prozent. Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen
hatten damals mit 7,9 Prozent die mit Abstand niedrigste Inflationsrate.
Im März 2025 verteuerten sich die spezifischen Warenkörbe von Haushalten
mit niedrigen bis mittleren Einkommen hingegen etwas weniger stark als die
von Haushalten mit hohen Einkommen, weil zuletzt vor allem die Preise für
Dienstleistungen anzogen, die mit steigendem Einkommen stärker nachgefragt
werden. Daher wiesen im Vergleich der neun Haushaltstypen Alleinlebende
mit sehr hohen Einkommen und Familien mit hohen Einkommen mit 2,0 bzw. 1,9
Prozent geringfügig höhere Werte aus.

Dass aktuell alle vom IMK ausgewiesenen haushaltsspezifischen
Inflationsraten leicht unter der Gesamtinflation liegen, wie sie das
Statistische Bundesamt berechnet, liegt an unterschiedlichen Gewichtungen:
Das IMK nutzt für seine Berechnungen weiterhin die repräsentative
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, während Destatis seit Anfang 2023
die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung heranzieht.

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für
unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich
gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen –
von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu
Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die
haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den
Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor
werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit
zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro),
höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen;
Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600
Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro),
mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als
5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit
mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich.
Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.