DGCH appelliert: Reformstau auflösen, neue Chancen ergreifen und Zuwanderung gestalten
Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH) bestärkt die kommende
Regierung in dem Vorhaben, mit der künftigen Koalition zu „reformieren und
investieren“. Konkret appelliert die DGCH, zügig die Krankenhausreform und
die Notfallgesetzgebung umzusetzen.
Zugleich bestärkt die Fachgesellschaft
die Koalitionäre, neue Chancen zu ergreifen und in die internationale
Gesundheitsdiplomatie zu investieren. Darüber hinaus betont die DGCH, wie
wichtig Zuwanderung für eine flächendeckende Versorgung im deutschen
Gesundheitswesen ist. Dazu erklären Professor Dr. med. Udo Rolle,
Präsident der DGCH, und Professor Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen,
Generalsekretär der DGCH:
„Zum Punkt investieren:
Wir befinden uns in einer Zeit des weltweiten Umbruchs, auch im
Gesundheitssektor. Während der US-Ausstieg aus der WHO und die NIH-
Kürzungen Probleme für globale Gesundheitssysteme und Forschungsprogramme
bringen, ergeben sich für Deutschland daraus auch Chancen: eine stärkere
Führungsrolle in der WHO und globalen Gesundheitsinitiativen, der Gewinn
von Spitzenwissenschaftlern aus den USA und die Verlagerung von
Forschungsgeldern und Pharma-Investitionen nach Europa. Allerdings müssen
diese Chancen aktiv genutzt werden – durch höhere nationale Investitionen
in Forschung, stärkere europäische Kooperationen und eine strategische
Neuausrichtung der internationalen Gesundheitsdiplomatie.
Zum Punkt reformieren:
Deutschland hat das teuerste Gesundheitssystem in Europa, schneidet aber
in Bezug auf die medizinische Qualität beispielsweise bei Krebsoperationen
nur mittelmäßig ab. Unser System ist hochgradig ineffizient, was sich in
den drohenden Klinikinsolvenzen widerspiegelt. Dieses Kliniksterben lässt
sich auch mit mehr Geld nicht aufhalten, sondern nur aufschieben. Was wir
dringend benötigen, sind neue Strukturen, und dazu gehört neben dem
Bürokratieabbau vor allem die Zentralisierung komplexer chirurgischer
Eingriffe. Das Resultat wird nicht nur eine bessere medizinische Qualität,
sondern auch eine bessere Allokation von Personal, Material und
technischen Ressourcen sein. Denn Personal wird knapp; die Babyboomer
verlassen allmählich die ärztlichen Berufe, und der Effekt einer
verstärkten Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern greift erst in
zwölf Jahren. Wir appellieren daher an alle demokratischen Parteien auf
Bundes- und Länderebene, die dringend benötigte Reform der
Krankenhausstrukturen und der Notfallversorgung zügig voranzubringen und
dabei die Expertise der medizinischen Fachgesellschaften einzubinden. Das
Krankenhausversorgungsverbesse
nach umgesetzt sein soll, bietet dafür die Grundlage. Bürgerinnen und
Bürger, die auch für den Umbau unseres Gesundheitssystems bereits mit
erhöhten Krankenkassenbeiträgen in Vorleistung gehen, erwarten Lösungs-
und Handlungskompetenz. Auch wenn die bisher bekannt gewordenen Punkte des
Koalitionsvertrags an einigen Stellen durch Detailtiefe überraschen,
bleiben wichtige Punkten wenig konkret und geradezu unambitioniert. Hier
muss deutlich nachgeschärft werden, um dem Anspruch einer Zeitenwende
gerecht zu werden. Auch gehen wir davon aus, dass die erwähnte Kinder- und
Jugendmedizin sowohl die konservative als auch operative Kinder- und
Jugendmedizin subsummiert.
Zum Punkt reformieren und investieren:
Darüber hinaus ist es uns wichtig zu betonen, dass heute in Deutschland
kaum ein Krankenhaus ohne ausländisches Personal auskommt. So bestätigt
eine Studie des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) für die Deutsche
Krankenhausgesellschaft (DKG) vom 13.12.2024: 96 Prozent der Krankenhäuser
in Deutschland haben in den vergangenen fünf Jahren ausländische
Ärzt*innen oder Pflegekräfte beschäftigt; 83 Prozent erwarten einen
weiteren Anstieg in den nächsten fünf Jahren.(1) Eine flächendeckende,
sichere Versorgung wäre ohne Zuwanderung kaum mehr möglich und würde
angesichts der demographischen Probleme völlig zum Erliegen kommen. Auch
wenn die irreguläre Migration zurückgeführt werden soll, müssen wir
weiterhin in eine Willkommenskultur für gewünschte Zuwanderung
investieren. Die gemeinsame Arbeit in ambulanten und stationären
Einrichtungen der Chirurgie und aller anderen medizinischen Fächer ist
eine der besten Formen der Integration und sollte zeitnah nach der
Zuwanderung möglich sein. Chirurgie war und ist Vielfalt.“