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Wertvolles Potenzial von nachhaltigen Leichtbau-Innovationen nutzen

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Das zweitägige Landshuter Leichtbau-Colloquium LLC (26./27. Februar 2025)
stand im Zeichen von vielfältigen Innovationen im Bereich des Leichtbaus.


Mehr als 130 Expertinnen und Experten trafen sich an der Hochschule
Landshut und informierten sich in 40 Fachvorträgen und einer begleiten
Fachmesse über aktuelle Entwicklungen aus Forschung und Industrie. Dadurch
konnten wertvolle Impulse und Kontakte gewonnen werden, um gemeinsam das
Potenzial des Leichtbaus besser zu nutzen.

Um das Leichtbau-Innovationspotenzial voll ausschöpfen zu können, müsse
man länder- und disziplinenübergreifend sowie über Instituts- und
Unternehmensgrenzen hinweg denken und agieren, erläuterte
Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Otto Huber. Dem entsprechend lautete das
Thema des mittlerweile 12. LLC, das alle zwei Jahre vom Leichtbau-Cluster
an der Hochschule Landshut organisiert wird, „Leichtbau – Grenzen
überwinden und Innovationen gestalten“.

Übergreifender Leichtbau mit wichtiger Rolle für die Volkswirtschaft

Die Bedeutung einer länderübergreifenden Zusammenarbeit und Netzwerkarbeit
betonten dabei Vertreter des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft
und Klimaschutz (BMWK) - das die Schirmherrschaft der Veranstaltung
übernommen hatte - und des österreichischen Bundesministeriums für
Klimaschutz (BMK, Wien). Der Leichtbau sei eine Querschnittstechnologie,
die für Ressourcenschonung und Klimaschutz in vielen Branchen und auch für
die Volkswirtschaft eine wichtige Rolle spiele. Rund 124 Milliarden Euro,
knapp 4 Prozent der deutschen Wertschöpfung, entstehen durch den
Leichtbau, erläuterte Michael Kellner (Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK, Berlin) in
seinem Videogrußwort. In Österreich sei der Leichtbau für 2,7 Prozent des
Bruttoinlandproduktes verantwortlich, wie Kommissär Walter Mauritsch (BMK,
Wien) ausführte. Beide betonten die Bedeutung von Transfer zwischen
Forschung und Industrie sowie von internationaler Zusammenarbeit, die
beispielsweise der „Lightweight Call international“ über das Programm
M-ERA.Net fördern soll, der noch im Frühjahr dieses Jahres kommen wird.

Ministerialrat Werner Loscheider (BMWK, Berlin) bezeichnete den Leichtbau
als Enabler für Innovationen, weltweit liege Deutschland auf Platz 3 bei
den Innovationen im Leichtbau. Mit der Leichtbauinitiative der
Bundesregierung habe man 2023 acht Maßnahmenpakete beschlossen. Damit
wolle man den Leichtbau stärken und u.a. die Vernetzung der vielen
Stakeholder fördern, dies auch im internationalen Bereich. Als Beispiele
nennt er Markterschließungsprogramme für KMUs sowie das European
Lightweighting Network ELN.

Ein Beispiel für eine länder- und disziplinenübergreifende Zusammenarbeit
stellte Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Otto Huber mit dem DACH-
Forschungsprojekt „MagPlast – Mechanisms of Plastification in Multiaxially
Loaded Textured Magnesium“ vor. Im von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Österreichischen Wissenschaftsfonds
(FWF) geförderten Projekt bündelten die Paris Lodron Universität Salzburg
(PLUS) und das Kompetenzzentrum Leichtbau der Hochschule Landshut (LLK)
ihre Kompetenzen mit dem Ziel, die Plastifizierungsmechanismen von
gießgewalztem Magnesiumblech zu untersuchen und ein elastoplastisches
Stoffgesetz für die Finite Elemente Methode (FEM) zu entwickeln.
Texturiertes Magnesium habe anders als Stähle oder Aluminiumlegierungen
aufgrund der Zwillingsbildung ein stark anisotropes und asymmetrisches
Fließverhalten mit einer ausgeprägten Dehnungslokalisierung bei
Druckbeanspruchungen. Dieses spezielle elastoplastische Materiaverhalten
wurde mittels uni- und multiaxialer Versuche charakterisiert, ein
geeignetes Stoffgesetz abgeleitet und mit mehreren FEM-Simulationen
verifiziert. Ein weiteres Forschungsprojekt soll sich nun mit zyklischen
Beanspruchungen befassen was die Berechnung der Lebensdauer von
Leichtbaustrukturen aus Magnesiumblechen ermöglichen soll.

Leichtbauinnovationen für die Luftfahrt

Den Auftakt für das umfangreiche Fachprogramm bildeten zwei Vorträge aus
dem Bereich Luftfahrt. Mit einem neuentwickelten und wasserstoffgekühlten
elektrischen Axialflussmotor befasste sich ein Vortrag von Prof. Dr. André
Baeten (TH Augsburg). Die Herausforderung in der Luftfahrt laute,
klimaneutral und ressourceneffizient zu werden, E-Fuels, aber auch
elektrische Antriebe und Brennstoffzellen seien Themen. Brennstoffzellen
arbeiten emissionsfrei, der sehr leichte Axialflussmotor arbeite mit einer
sehr hohen elektrischen Effizienz, hätte aber mit Überhitzungen zu
kämpfen. Im Forschungsprojekt K-AXFLUX-H2 – gefördert durch die „Holistic
Air Mobility Initiative (HAMI) – habe man diese Herausforderung gelöst.
Man habe einen leichtbauoptimierten Axialflussmotor entwickelt, bei dem
Wasserstoff zum Kühlen und auch als Energiequelle für die Brennstoffzelle
genutzt werde.

Gerade für die zivile Luftfahrt, geprägt durch rund um die Uhr eingesetzte
Flugzeuge und deren extrem lange Lebensdauer, spiele Leichtbau eine
besondere Rolle, wie Peter Glaser, FACC AG, Ried im Innkreis (A) im
zweiten Plenumsvortrag betonte. Da 98 Prozent der Treibhausgasemissionen
während des Betriebs entstünden, sei jedes Gramm an eingesparter Masse
wichtig. Kostengünstige Leichtbau-Lösungen für gewichtseffiziente
Flugzeug-Strukturen könnten einerseits durch den Einsatz von effizienten
(leichten) Materialein oder durch Optimierungen umgesetzt werden. Dabei
müssten Lösungen wegen des hohen Wettbewerbsdruck kostengünstig sein.
Hierbei seien Ingenieure gefragt, die im System denken und so
übergreifende Lösungen finden. So seien z.B. die nach vorne gepfeilten
Flügel des Experimentalflugzeugs Grumman x 29 eine geniale Idee: die
Laminateigenschaften werden ausgenutzt, um die Flügelform ohne großen
technischen Aufwand zu ändern und dabei die Eigenschaften deutlich zu
verbessern. Er ruft dazu auf, Ingenieure zu inspirieren, weitere solcher
Lösungen zu schaffen.

Leichtbau-Lösungen für den industriellen Einsatz

In zwei parallelen Sessions präsentierten Referentinnen und Referenten aus
Industrie, Dienstleistung und Forschung an zwei Tagen eine große Zahl an
innovativen Lösungen und Forschungsansätzen, die auf den verstärkten
Einsatz des Leichtbaus und damit zu Ressourcenschonung und verbesserter
Ökobilanzierung führen sollen. Als Beispiel für industrielle Anwendungen
zeigte z.B. Dr. Martin Hillebrecht eine von der EDAG Engineering GmbH
entwickelte, gewichtsoptimierte Bodengruppe für leichte Nutzfahrzeuge mit
elektrischem Antrieb (Batterie oder Brennstoffzelle). Mit Hilfe von
lastgerecht gestalteten 3D-Rollprofilen und höherfesten Stählen konnte
trotz eines deutlich erhöhten zulässigen Gesamtgewichts von nun 4,2 Tonnen
und einer Erhöhung der Nutzlast um 30 Prozent eine Gewichtsersparnis von
bis zu 21,5 Prozent im Vergleich zu aktuellen Verbrennermodellen erzielt
werden. Dies verspricht gerade bei der hohen Fahrleistung dieser Fahrzeuge
eine deutliche Minimierung des CO2-Footprints, gleichzeitig sinke der
Anlageninvest deutlich, ebenso die Kosten im Vergleich zur konventionellen
Umformung.

Dass sich auch Holz, das sich durch geringes Gewicht bei hoher Stabilität
und Umweltfreundlichkeit auszeichnet, als Leichtbau-Werkstoff hervorragend
eignet, verdeutlichte Thomas Krenke (W.E.I.Z. Forschungs & Entwicklung
gGmbH): Gerade als Hybridmaterial in Verbindung mit Metallen oder
Kunststoffen habe es ein großes Leichtbaupotenzial. Der industrielle
Produktionsprozess von der Simulation bis hin zum digitalen Zwilling und
der Prozesssteuerung ermöglichen vielfältige Anwendungen. Er stellte z.B.
eine aerodynamische Unterbodenverkleidung vor, die beim neuen ICE
eingesetzt wird und enormen Belastungen standhalten muss. Innovativen
Strukturleichtbau durch den Einsatz von Hochleistungs-Thermoplasten zeigte
Matthias Schütte (Röchling Automotive SE) am Beispiel einer Dachkappe, der
vorderen Dachspitze für ein Premium-Cabriolet. Hier wirken starke Kräfte,
ein im Spritzgussverfahren hergestelltes glasfaserverstärktes PA6
Organoblech, in das ein Metallstift heiß eingebettet wird, ermöglicht eine
deutliche Gewichtsreduzierung gegenüber der bisherigen Lösung aus
Magnesium, durch Funktionsintegration konnte die Anzahl der Teile halbiert
und der Montageaufwand minimiert werden.

Große Bandbreite an Leichtbau-Themen

Die zahlreichen Fachvorträge zeigten die große Themenbandbreite des
Leichtbaus sowie der aktuellen Forschungsansätze. Untersuchungen zum
Strangpressen von partikelverstärkten Aluminiummatrix-Verbundwerkstoffen
präsentierte Prof. Dr. Steve Siebeck (Westsächsische Hochschule Zwickau),
eine Lebensdauermodellierung von gegossenen Nickelbasislegierungen auf
Basis der Defektverteilung erläuterte Florian Mader (Hochschule Landshut),
die mikromechanische Simulation des Schädigungsverhaltens von gelöteten
Nickelbasisblechen Jakob Huber (TU München). Analysen zur
zerstörungsfreien Prüfung und Charakterisierung von geschäumten
Kunststoffen zur verbesserten Qualitätskontrolle (Marcel Mayr, SKZ – FFE
gGmbH) waren ebenso Thema wie die Herstellung und die Eigenschaften von
additiv gefertigten metallischen Lattice-Platten-Strukturen (Martin Maier,
Hochschule Landshut).

Im Bereich der additiven Fertigung beleuchtete u.a. Frank Schubert (TU
Chemnitz) das Leichtbaupotenzial und die Wirtschaftlichkeit von
Mittelmangan-Legierungen (L-PBF gefertigt), „L3ichtglas“ unter Verwendung
eines Polymers auf Basis von Kartoffelstärke mit einer 3d-druckbaren
Kernstruktur im adhäsiven Verbund mit Glas als Ersatz für schweres
Isolierglas zeigte Benjamin Scherer, Innovent e.V., Jena. In der
Verbindungstechnik befassten sich Vorträge u.a. mit der Erhöhung der
Druckfestigkeit von Aluminiumnieten durch Verstärkung mit Keramikpartikeln
(Joshua Weber, Neue Materialien Fürth GmbH) oder pultrudierten Faser-
Kunststoff-Verbundprofilen mit integrierten metallischen Fügezungen für
eine Anbindung im Schweißverfahren (David Wagner, Fraunhofer Institut für
Werkzeugmaschinen und Umformtechnik, Chemnitz).

Dabei beleuchten viele Vorträgen auch Aspekte von Nachhaltigkeit und
Klimaschutz. Explizit zeigte u.a. Stefan Lindner (Outokumpu Nirosta GmbH),
dass langlebige Produkte durch die Verwendung von nachhaltig produzierten
nicht rostenden Stählen eine deutliche CO2-Einsparung bewirken können. Die
positiven Effekte einer Wiederverwendung von Organoblech-Verschnitten im
Closed-Loop Recyling zeigten Sabine Hummel und Theresa Pscherer (TH
Rosenheim), mit holzbasierten Regenerat-Cellulosefasern befasste sich Dr.
Frederik Obermeier (TH Rosenheim).
Neben den Vorträgen nutzten die Teilnehmer intensiv die Gelegenheit zum
Netzwerken, sich in der begleitenden Fachausstellung mit knapp 20
Messeständen über aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich Leichtbau zu
informieren und diese zu diskutieren oder für einen Besuch in den Laboren
des LLK der Hochschule Landshut. Auch zum 12. LLC erschien ein Tagungsband
mit 19 Fachbeiträgen, der über den Leichtbau-Cluster zu beziehen ist.
Bestellung und weitere Informationen zum LLC unter www.leichtbau-
colloquium.de.

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