Schmerz-Präsident richtet dringenden Appell an Bundeskoalitions-Chef- Verhandler/-innengruppe von CDU und SPD:
Millionen Schmerzpatientinnen und Schmerzpatienten und deren versorgende
Klinken bitten Sie: Verschließen Sie bei der Krankenhausreform nicht die
Tür für neue Leistungsgruppen, auch im Bereich Schmerzmedizin“, so Prof.
Dr. Frank Petzke, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V
Anlässlich eines Berichts des Deutschen Ärzteblatts vom 25. März 2025
(vgl. https://www.aerzteblatt.de/new
wollen-bundesfinanzierung-ermo
9d36-ca7b44c2b93d) über Fach-Verhandlungsergebnisse im Bereich Gesundheit
und der angeblichen Festlegung auf eine Formulierung, welche die
Einführung neuer Leistungsgruppen bei der aktuellen Umsetzung der
Krankenhausreform in den nächsten drei Jahren ausschließt, richtet der
Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V., Prof. Dr. med. Frank
Petzke, einen dringenden Appell an die Chef-Verhandlerinnen und
-verhandler von CDU und SPD: „Halten Sie die Tür offen für neuen
Leistungsgruppen, statt die stationäre interdisziplinäre multimodale
Schmerzmedizin in Deutschland de-facto zu demontieren.“
Berlin, 26. März 2025. „Millionen Schmerzpatientinnen und Schmerzpatienten
in Deutschland vertrauen darauf, dass die neue Bundesregierung auch in
Zukunft in fachlich spezialisierten Krankenhäusern eine stationäre
Interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie (IMST) auf hohem Niveau
gewährleistet. Dazu ist es dringend nötig, bei der Umsetzung der
Krankenhausreform, eine eigene und neue Leistungsgruppe „Schmerztherapie“
zu ergänzen und einzuführen“, so Prof. Dr. med. Frank Petzke, Präsident
der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. „Anderenfalls drohen massive
Versorgungslücken und notwendige über Jahrzehnte gewachsene Strukturen
würden zerschlagen“, so der Schmerz-Präsident in seinem eindringlichen
Appel an die Chef-Verhandlungsgruppe des zukünftigen neuen
Bundskoalitionsvertrags von CDU und SPD. Berichten zu Folge plant die neue
Bundesregierung, in den nächsten drei Jahren, keine neuen Leistungsgruppen
einzuführen. „De-facto wäre das ein Todesurteil für etablierte Strukturen
interdisziplinärer multimodaler Schmerztherapie in deutschen
Krankenhäusern“ warnt Prof. Dr. Frank Petzke.
Die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. ist mit rund 3.700 Mitgliedern die
größte Schmerzfachgesellschaft in Europa und hat zusammen mit großen
Partnererverbänden Qualitätskriterien für eine neue Leistungsgruppe
Schmerzmedizin vorgelegt. Deren Einführung ist unverzichtbar, wenn die für
die Versorgung von Betroffenen mit chronischen Schmerzen benötigten
Einrichtungen erhalten werden sollen. Für Details und die
Partnerverbände:. https://www.schmerzgesellschaf
presse/pressemeldungen/pressem
einzelansicht?tx_news_pi1%5Bac
Schmerz-Präsident Prof. Dr. med. Petzke fordert: „Statt die Anzahl der
medizinisch-fachlich vorgesehenen Leistungsgruppen der Krankenhäuser
zukünftig auf 61 Gebiete zu begrenzen und „Schmerz“ dabei auszuschließen,
ist es dringend nötig, bei der Umsetzung der Krankenhausreform diese um
den wichtigen Bereich der Schmerzmedizin zu ergänzen. Diesen Weg sollte
die neue Bundeskoalition öffnen, statt (gemäß o.g. Vorberichte) definitiv
für viele Jahre zu verschließen“. „Details könnten dann in den weiteren
Beratungen der Bundesländer, der Bundesregierung und den weiteren Akteuren
des Leistungsgruppenausschusses auf Bundesbene geregelt werden“ erläutert
Schmerzexperte Prof. Dr. Frank Petzke. Eindringlich appelliert er: „Der
Koalitonsvertrag der neuen Bundesregierung sollte den zeitnahen Weg für
weitere Leistungsgruppen und Korrekturen bzw. Nachbesserungen
offenhalten“, so der Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.
„Auch für weitere Bereiche, etwa für die Geriatrie oder den Bereich der
Geburts-/Entbindungskliniken ist dies von Bedeutung, für den sogenannten
Querschnittsbereich der Schmerztherapie mit dem eigenständigen fachlichen
Schwerpunkt der stationären interdisziplinären multimodale Schmerztherapie
(IMST) existentiell“, so Prof. Petzke.“Eine verspätete Korrektur droht
unwiderrufliche Fakten zu schaffen und eine komplexe Versorgungsstruktur
schlicht aufzulösen.“
Fachliche Erläuterung:
Der Problemdruck hat sich aus Sicht der Schmerzmedizin in den letzten
Wochen verschärft – erst kürzlich wurde der Leistungsgruppengrouper des
InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) veröffentlicht, der
die Befürchtungen in Bezug auf die Abbildung der Schmerzmedizin bestätigt,
ein „Wegsterben“ entsprechend spezialisierter Versorgungsangebote in den
Klinken wäre vorprogrammiert. Folgende Szenarien ergeben sich aus der
Eingruppierung:
• Fälle mit einer schmerztherapeutischen Behandlung mit
interdisziplinär-multimodalem Behandlungskonzept (OPS-Kodes aus den
Klassen 8-918/8-91b/8-91c) werden vom Leistungsgruppengrouper des InEK
erratisch und aufgespalten zugeordnet.
• Überwiegend erfolgt in der Logik des Leistungsgruppengroupers die
Leistungsgruppenzuordnung nach dem Fachabteilungsschlüssel der
Fachabteilung mit dem längsten Aufenthalt (nach § 301 SGB V).
• In der Schmerzmedizin ist dieser Fachabteilungsschlüssel abhängig
von der historischen Entwicklung am jeweiligen Standort. Die Zuordnung der
interdisziplinären Therapie kann daher zu völlig unterschiedlichen
Leistungsgruppen erfolgen (z.B. Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine
Chirurgie, Allgemeine Neurologie, Neurochirurgie).
• Nutzt die schmerztherapeutische Einrichtung bereits einen
spezifischen Fachabteilungsschlüssel der Schmerzmedizin (3753 oder 3759)
erfolgt die Zuordnung in die Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin.
Das gleiche gilt, wenn ein „intensivmedizinischer“ Fachabteilungsschlüssel
(36**) genutzt wird.
• Eine weitere – etwas skurrile – Ausnahme ist zu beachten: Wird ein
Fachabteilungsschlüssel der Schmerzmedizin oder der „Intensivmedizin“
genutzt und bei einem OPS-Kode aus der Klasse 8-918 eine Schmerzdiagnose
aus dem Muskel-Skelettsystem als Hauptdiagnose verschlüsselt (z.B.
Rückenschmerzen), werden diese Fälle (im DRG-System in den DRGs I42A/B
gruppiert) immer der Leistungsgruppe Allgemeine Chirurgie zugewiesen.
Liegt für diese DRGs ein anderer Fachabteilungsschlüssel vor (z.B. Innere
Medizin, Neurologie, Neurochirurgie), erfolgt die Umleitung in die
Leistungsgruppe Allgemeine Chirurgie nicht.
• Für Kinder- und Jugendliche ergibt sich ebenfalls eine inhaltlich
kaum nachvollziehbare Leistungsgruppenzuordnung:
- Für die Fälle mit einem spezifischen Fachabteilungsschlüssel der
Schmerzmedizin (3753 oder 3759) oder einem „intensivmedizinischen“
Fachabteilungsschlüssel (36**) erfolgt die Leistungsgruppenzuordnung
abhängig von der durchgeführten Therapie. Resultieren bei einem OPS-Kode
aus 8-918 enstprechend Hauptdiagnose die DRGs B47A/B oder U42A/B/C erfolgt
die Zuordnung zur Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin, resultieren
allerdings die DRGs I42A/B (z.B. bei Rückenschmerz) erfolgt die Zuordnung
zur Leistungsgruppe Allgemeine Chirurgie.
- Für die Fälle, die keinen OPS-Kode aus 8-918 erhalten haben (dafür aber
z.B. die OPS-Kodes 8-91b/8-91c) werden Kinder im Alter unter 16 Jahren der
eistungsgruppe Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin zugeordnet.
- Bei einem Fachabteilungsschlüssel der Kinder- und Jugendmedizin erfolgt
die Zuordnung immer zur Leistungsgruppe Allgemeine Kinder- und
Jugendmedizin.
- Bei einem Fachabteilungsschlüssel der Neurologie werden die Kinder im
Alter unter 16 Jahren der Leistungsgruppe Allgemeine Kinder- und
Jugendmedizin zugeordnet, Jugendliche im Alter über 16 Jahre kommen in die
Leistungsgruppe Allgemeine Neurologie.
- Bei anderen Fachabteilungsschlüsseln ( z.B. Innere Medizin,
Chirurgie/Orthopädie, Neurochirurgie) spielt das Alter für die
Leistungsgruppenzuordnung keine Rolle.
Die Notwendigkeit der zeitnahen Einführung einer eigenen und neuen
Leistungsgruppe „Schmerztherapie“ ergibt sich somit aus den folgenden
Aspekten der aktuellen Lage:
1. Fälle der medizinisch klar definierten und in speziellen
Einrichtungen konzentrierten Schmerztherapie können über viele
unterschiedliche und fachfremde Leistungsgruppen streuen.
2. Die Mindestvoraussetzungen keiner dieser resultierenden
Leistungsgruppen beschreiben nur ansatzweise die qualitativen personellen
und strukturellen Voraussetzungen für die interdisziplinäre multimodale
Schmerztherapie
3. Auf die Behandlung chronisch kranker Schmerzpatienten
spezialisierte Einrichtungen können unmöglich die Mindestvoraussetzungen
aller möglichen resultierenden fachfremden Leistungsgruppen erfüllen.
Diese Voraussetzungen sind fachfremd, medizinsich nicht notwendig und
stellen kein qualitatives Defizit dar.
4. Nicht an allen Standorten mit spezialisierten
schmerztherapeutischen Einrichtungen finden sich zusätzliche
Fachabteilungen, die für die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen z.B. der
Leistungsgruppen Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie und
Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin „einspringen“ können. Hier würden
zusätzliche Kosten und Aufwand entstehen, um Schmerztherapie überhaupt
anbieten zu können!
Bezüglich der Ausnahmemöglichkeiten für Fachkrankenhäuser nach § 135d Abs.
4 SGB V, die auch für entsprechende Einrichtungen der Schmerztherapie
relevant sind, bestehen ebenfalls weitergehende Probleme. Die
Einschränkung, dass eine Zuordnung zum Level F in den Leistungsgruppen 1
und 14 nicht möglich sein soll, findet sich nur in der Gesetzesbegründung,
aber nicht im Gesetzestext. Bislang ist gesetzlich auch keine Ausweisung
von Fachkrankenhäusern nach Leistungsgruppen vorgesehen. Dem Gesetzestext
ist für Level F - im Gegensatz zu den Leveln I-III - noch nicht einmal
sicher eine Ausweisung einzelner Krankenhausstandorte (vgl. § 135d Abs. 4
Satz 2 und 3 SGB V) zu entnehmen, auch wenn dies möglicherweise intendiert
war. Ein weiteres Problem der (Fach-) Schmerzkliniken liegt in den
Mindestvoraussetzungen aufgrund der Zuordnung der Fälle in primär
unpassende „verwandte Leistungsgruppen“ (z.B. Leistungsgruppe
Intensivmedizin), die in der Regel gar nicht erfüllt werden können. Die
bisher vorgesehenen Ausnahmeregelungen für Fachkrankenhäuser in Bezug auf
die „verwandten Leistungsgruppen“ helfen in diesem Kontext grundsätzlich
nicht weiter.
Die Schaffung einer eigenen Leistungsgruppe Schmerzmedizin kann nicht auf
eine spätere Weiterentwicklung des Leistungsgruppensystems verschoben
werden. Aufgrund des Abrechnungsverbotes nach § 8 Abs. 4 KHEntgG, der
Systematik der Vorhaltefinanzierung und der geplanten
Mindestvorhaltezahlen würden viele – dringend benötigte –
schmerztherapeutische Einrichtung diesen Zeitpunkt nicht mehr erleben.