CASTOR®-Transport von Sellafield ins Zwischenlager Isar: GRS analysiert radiologische Messwerte
Für das Frühjahr 2025 ist ein Transport von CASTOR®-Behältern mit
hochradioaktiven Abfällen aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage
Sellafield in das Standortzwischenlager Isar geplant.
Die GRS hat die im
Vorfeld in Großbritannien erhobenen Messwerte ausgewertet und ordnet deren
radiologische Bedeutung für das Transport- und Begleitpersonal und die
Bevölkerung ein.
Nach dem Atomgesetz müssen hochradioaktive Abfälle, die bei der früheren
Wiederaufarbeitung deutscher Kernbrennstoffe in den Anlagen in Sellafield
(Großbritannien) und La Hague (Frankreich) angefallen sind, wieder zurück
nach Deutschland transportiert werden. Diese Abfälle wurden in Glas
eingeschmolzen und in sogenannte Kokillen gegossen. Für den Transport
dieser Kokillen nach Deutschland werden CASTOR®-Behälter des Typs HAW28M
eingesetzt.
Die Rückführung entsprechender Abfälle aus Frankreich wurde mit dem
Transport von vier CASTOR®-Behältern im November 2024 abgeschlossen. Beim
nun anstehenden Transport sollen sieben von insgesamt noch 14 Behältern
aus Sellafield ins Zwischenlager Isar überführt werden. Die letzten sieben
Behälter sollen schließlich zu einem späteren Zeitpunkt in das
Zwischenlager Brokdorf verbracht werden.
Grenzwerte für Genehmigung deutlich unterschritten
Im Rahmen von Forschungsprojekten zur Sicherheit der Beförderung
radioaktiver Stoffe, die durch das Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert werden,
analysiert die GRS regelmäßig Messdaten zur sogenannten Ortsdosisleistung
(kurz: ODL), die durch die von den beladenen Behältern ausgehende Gamma-
und Neutronenstrahlung verursacht wird. Die ODL gibt Auskunft darüber,
welche Strahlendosis eine Person an einem bestimmten Ort innerhalb eines
definierten Zeitraums – in der Regel über eine Stunde – erhalten würde.
Die ODL-Werte sind für die Genehmigung der Transporte durch das Bundesamt
für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung von entscheidender Bedeutung:
Diese kann nur erteilt werden, wenn der Antragsteller nachgewiesen hat,
dass der gesetzliche Grenzwert von 100 Mikrosievert pro Stunde (µSv/h) in
zwei Metern Entfernung von der senkrechten Außenfläche des
Transportfahrzeugs nicht überschritten wird.
Die dazu erforderlichen Messungen wurden für den anstehenden Transport vom
Betreiber der Wiederaufarbeitungsanlage in Sellafield durchgeführt und auf
Anordnung des deutschen Eisenbahnbundesamtes durch einen unabhängigen
Sachverständigen überwacht. Dabei wurde die ODL für jeden Behälter
zunächst an mehreren Punkten entlang der Behälteraußenfläche ermittelt und
anschließend in verschiedenen Abständen vom Behälter (u. a. in 2, 5, 10
und 20 Metern Entfernung) auf einer Höhe von zwei Metern über dem Boden
gemessen.
Die Ergebnisse zeigen, dass der gesetzliche Grenzwert von 100 µSv/h in
zwei Metern Abstand deutlich unterschritten wird. Der höchste gemessene
Wert betrug 26 µSv/h (0,026 mSv/h). Mit zunehmender Entfernung nimmt die
ODL deutlich ab: Während sie in einem Meter Entfernung durchschnittlich
28,7 µSv/h beträgt, liegt sie in zehn Metern Abstand bei etwa 3,8 µSv/h
und in 20 Metern Entfernung bei rund 2,2 µSv/h.
Auch längere Aufenthalte im Umfeld führen nur zu sehr geringen
Strahlenbelastungen
Die Strahlungsdosis, die eine Person in der Nähe des Transportfahrzeugs
erhält, hängt sowohl von der Entfernung zum Behälter als auch von der
Aufenthaltsdauer ab. Sie wird durch Multiplikation der am Aufenthaltsort
gegebenen ODL mit der Dauer des Aufenthalts berechnet. Bezogen auf den
Behälter mit der höchsten ODL müsste sich danach bei dem kommenden
Transport ein Mensch mehr als 14 Stunden direkt an der Fahrzeugaußenfläche
aufhalten, um den für eine Einzelperson aus der allgemeinen Bevölkerung
geltenden Jahresgrenzwert von einem Millisievert (mSv; entspricht 1.000
µSv) zu erreichen. Nach einem Aufenthalt von ca. 30 Stunden wäre eine
Dosis erreicht, die mit 2,1 mSv der durchschnittlichen jährlichen
Strahlenexposition eines Menschen in Deutschland entspräche. Der Grenzwert
für beruflich strahlenexponierte Personen von 20 mSv (20.000 µSv) pro Jahr
würde an diesem Aufenthaltsort erst nach etwa 285 Stunden überschritten.
Bereits in fünf Metern Entfernung von der Fahrzeugaußenfläche wäre schon
eine Aufenthaltsdauer von über vier Tagen erforderlich, um den allgemeinen
Grenzwert von 1 mSv pro Jahr zu erreichen, der Grenzwert für beruflich
strahlenexponierte Personen wäre erst nach über zweieinhalb Monaten
ununterbrochenem Aufenthalt erreicht. Um die Strahlendosen einzuordnen,
die durch eine realistischere Aufenthaltsdauer entstehen könnten, bieten
sich Vergleiche zu alltäglichen Situationen an, in denen Menschen
ionisierender Strahlung ausgesetzt sind: So entspräche die Dosis bei einer
zehnstündigen Verweildauer in fünf Metern Entfernung von der
Fahrzeugaußenfläche in etwa jener, die bei einer Flugreise von Frankfurt
nach New York und zurück (ca. 0,1 mSv) erreicht würde; die Dosis einer
zahnärztlichen Röntgenaufnahme (0,01 mSv) würde hier nach etwa einer
Stunde erreicht.
Bei derartigen Vergleichen ist zwar auch zu berücksichtigen, dass sich
während des Transports insgesamt sieben CASTOR®-Behälter hintereinander
auf Waggons befinden und dadurch – abhängig vom jeweiligen Aufenthaltsort
– die ODL mitbestimmen. Da die Intensität der von den einzelnen Behältern
ausgehenden Strahlung aber mit zunehmender Entfernung stark abnimmt,
tragen weiter entfernte Behälter nur in sehr geringem Maße zur
Gesamtdosisleistung beziehungsweise der durch einen Aufenthalt
entstehenden Dosis bei.
Basierend auf den Erfahrungen aus vergangenen Transporten und den
Aufenthaltsmustern des Transport- und Begleitpersonals ist auch für den
kommenden Transport zu erwarten, dass die gesetzlichen Dosisgrenzwerte
sowohl für die Allgemeinbevölkerung als auch für das Personal deutlich
unterschritten werden.