Das Nationale Bildungspanel zeigt, wie Corona Bildungsbiografien beeinflusst hat
Am 22. März jährt sich der Beginn des 1.Corona-Lockdowns zum 5.Mal. Kurz
nach dessen Ende wurden die Teilnehmenden des Nationalen Bildungspanels
(NEPS) zu ihren Erfahrungen befragt.
Der große Gewinn dabei: Weil die
Befragten im NEPS über Jahre hinweg auf ihrem Bildungsweg begleitet
werden, lässt sich nicht nur erfassen, wie sich die Corona-Krise
ausgewirkt hat, sondern auch, mit welchen Voraussetzungen die Menschen in
die Krise gingen, welche Schutzfaktoren und welche langfristigen Folgen es
gibt. Die Analysen veröffentlichte das LIfBi ab September 2020 in der
Berichtsreihe „NEPS Corona & Bildung“. Die 10 Berichte zeigen ein
differenziertes Bild der Corona-Auswirkungen.
Durch die Zusatzbefragung im Mai und Juni 2020 – also direkt im Anschluss
an den ersten Lockdown – haben die Forscherinnen und Forscher die
damaligen Erlebnisse und Eindrücke der NEPS-Teilnehmenden in der Zeit
zwischen dem Beginn der Beschränkungen und den ersten Lockerungen während
der Corona-Krise ermittelt und so für die Bildungsforschung nutzbar
gemacht.
In den Zusatzerhebungen wurden vier große Themenbereiche des Lebensalltags
abgefragt: damalige Erwerbssituation, Alltag und Lernen, Vertrauen in
Politik und Gesellschaft sowie Gesundheit und Wohlbefinden. Darüber hinaus
wurden die Teilnehmenden auch zu ihren Zukunftserwartungen und ihrer
Risikobereitschaft befragt.
In der Transferberichtsreihe „NEPS Corona & Bildung“ wurden die
Studienergebnisse ab September 2020 für die Allgemeinheit zugänglich
gemacht. Die 10 Ausgaben beschäftigen sich mit verschiedenen Aspekten und
Folgen des Lockdowns: von Schulschließungen über die Verlagerung des
Arbeitslebens in die eigenen vier Wände bis hin zur sozialen Situation
älterer Menschen und einem Vergleich der Entwicklung von mathematischen
Kompetenzen bei Kindern, die die Sekundarstufe mit und ohne
Schulschließungen durchlaufen haben.
Die Ausgaben im Überblick:
Bericht Nr. 1, 02. September 2020: Corona-bedingte Schulschließungen –
…und nun funktioniert alles digital? Wie Eltern mit Kindern in der 8.
Klasse die Zeit der Schulschließungen in Deutschland erlebt haben
Durch die temporären Schulschließungen zwischen März und Mai standen
Schulen und Lehrkräfte ohne Vorlauf vor der Herausforderung,
ausschließlich digitale Wege der Wissensvermittlung zu nutzen. Und auch
Eltern mussten unerwartet die Aufgabe übernehmen, das nun eigenständige
Lernen ihrer Kinder zu Hause zu unterstützen. Auch wenn die meisten Eltern
sich dieser Aufgabe gewachsen fühlten, traten Unterschiede in Abhängigkeit
vom Bildungshintergrund zutage. So gaben fast 1/3 der Eltern ohne
akademischen Hintergrund an, ihre Kinder schlecht oder gar nicht
unterstützen zu können. Zudem hatten rund 13 Prozent der Kinder einen
unzureichenden oder gar keinen Zugang zu der für die digitale Lehre
notwendigen Technik.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/01
Bericht Nr. 2, 02. September 2020: Erwerbsleben in der Corona-Krise:
Welche Rolle spielen Bildungsunterschiede?
Bildungsunterschiede spielten auch im Arbeitsleben während der Zeit der
Corona-Beschränkungen eine große Rolle. Unter anderem zeigte sich, dass
der Zugang zum Homeoffice stark vom Bildungsniveau abhängt: Je niedriger
das Bildungsniveau, desto seltener konnten Erwerbstätige von zuhause aus
arbeiten. Junge Erwerbstätige mit niedriger Bildung bildeten hier das
Schlusslicht. Dennoch zeigte sich über alle Gruppen hinweg, dass die
Corona-Pandemie bestehende Bildungsungleichheiten im Arbeitsleben bereits
kurzfristig verstärkt hat. Es ist zu befürchten, dass sich die sozialen
Ungleichheiten in Beschäftigungssicherheit und bei den Arbeitsbedingungen
auch langfristig verschärfen.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/02
Bericht Nr. 3, 13. Oktober 2020: Kinderbetreuung in der Corona-Krise: Wer
betreut, wenn Schulen und Kitas schließen? Wie der berufliche Alltag von
erwerbstätigen Eltern die Kinderbetreuung während des Lockdowns
beeinflusst hat
Angesichts geschlossener Schulen und Kindertagesstätten standen viele
berufstätige Eltern plötzlich vor der Herausforderung, gleichzeitig ihre
Kinder zu betreuen und ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wie haben
Eltern das über Monate hinweg organisiert? Die Daten zeigen, dass auch in
der Krise vor allem Müttern die zentrale Rolle bei der Betreuung zukam.
Bei allen untersuchten Familien betreuten Mütter – auch bei gleicher
beruflicher Belastung – ihre Kita- oder Schulkinder während der Pandemie
häufiger allein als Väter. Fast jedes dritte Schulkind passte außerdem
während der Schulschließung überwiegend auf sich selbst auf.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/03
Bericht Nr. 4, 20. November 2020: Zufriedenheit in unruhigen Zeiten:
Welche Rolle die Kommunikation zwischen Eltern und Schulen während der
Schulschließungen gespielt hat. Einschätzungen von Eltern zur
Unterstützung durch die Schule und zum Lernerfolg ihrer Kinder während des
Lockdowns
In der Zeit der Schulschließungen mussten sich Schülerinnen und Schüler
sowie ihre Lehrkräfte und Eltern auf neue Situationen einstellen. Wie
zufrieden waren die Eltern mit der allgemeinen Unterstützung und der
Informationspolitik der Schulen, mit den Lernmaterialien für das
Homeschooling und welchen Lernzuwachs haben sie bei ihren Kindern
wahrgenommen? Der Bericht gibt differenzierte Antworten und zeichnet dabei
ein positiveres Bild, als angesichts der damaligen Diskussion über das
Homeschooling zu erwarten gewesen wäre. Die generelle Zufriedenheit der
Eltern hing vor allem mit der Unterstützung durch die Schule und dem
wahrgenommenen Lernerfolg ihrer Kinder zusammen. Bildungshintergrund und
Schulformen spielten nur untergeordnete Rollen.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/04
Bericht Nr. 5, 14. Januar 2021: Lernen im Lockdown: Welche Voraussetzungen
helfen Schülerinnen und Schülern? Die Bedeutsamkeit der Lesekompetenz, des
Interesses an Lerninhalten und der Anstrengungsbereitschaft für die
Bewältigung des Lernens zuhause
Im zweiten Lockdown Ende 2020 bis zum Frühjahr 2021 müssten Schülerinnen
und Schüler erneut hauptsächlich von zuhause aus Lernen. Durch die im
ersten Lockdown mit der Zusatzbefragung gewonnen Daten ließen sich damals
bereits Schutzfaktoren identifizieren: Die Auswertungen der
Elternbefragungen zeigten, dass die Kinder mit hoher Lesekompetenz und
hoher Anstrengungsbereitschaft besser mit dem Lernen zuhause zurechtkamen
– das Interesse an den Lerninhalten spielte dagegen eine geringere Rolle
für die Motivation zum Lernen. Der Bericht zeigt außerdem, dass
Distanzunterricht auch eine Chance bieten kann, das selbstregulierte
Lernen zu fördern. Dazu müssen Lehrende verstärkt Methoden nutzen, die
individuelle Rückmeldungen erlauben.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/05
Bericht Nr. 6, 11. März 2021: Für wen brachte Corona einen
Digitalisierungsschub? Veränderungen in der Nutzung digitaler Technologien
während der COVID-19-Pandemie
Wer hat den Digitalisierungsschub durch die Corona-Pandemie mitgemacht und
wer geriet ins Hintertreffen? Der sechste Bericht zeigt, welche Berufs-
und Bildungsgruppen digitale Technologien und Arbeitsmittel im ersten
Lockdown häufiger als vor der Pandemie genutzt haben. Die Auswertung der
Daten zeigt aber auch, dass der pandemiebedingte Digitalisierungsschub in
der Arbeitswelt nicht alle Beschäftigten erreicht und sogar zu einer neuen
digitalen Spaltung der Erwerbsbevölkerung beigetragen hat, die lange über
die Pandemie hinaus Bestand haben könnte.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/06
Bericht Nr. 7, 15. Juni 2021: Wer bildet sich in Pandemiezeiten beruflich
weiter? Veränderungen in der Nutzung digitaler Lernangebote während der
Corona-Krise
Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur das Lernen von Kindern verändert,
sondern auch das von Erwachsenen. Die berufliche Weiterbildung hat sich in
den ersten Monaten der Corona-Pandemie stark gewandelt – digitales
selbstgesteuertes Lernen wurde deutlich häufiger als vorher aus
beruflichen Gründen genutzt. Von der stärkeren Nutzung digitaler
Lernangebote profitierten jedoch nicht alle Beschäftigtengruppen gleich.
Die Pandemie scheint die Polarisierung zwischen den Bildungsgruppen nicht
verringert, sondern sogar noch verschärft zu haben.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/07
Bericht Nr. 8, 22. Juli 2021: Ältere Erwachsene in der Corona-Krise: Wie
wirkte sich die Zeit des ersten Lockdowns auf die Lebenszufriedenheit,
Erwartungen und Sorgen von Erwachsenen im höheren Alter im Vergleich zu
jüngeren Erwachsenen aus?
Ältere Erwachsene standen in der Corona-Pandemie immer wieder im Fokus der
Aufmerksamkeit. Der Bericht analysiert, differenziert nach Altersgruppen,
die Lebenssituation von Erwachsenen während des ersten Lockdowns in
Deutschland. Dabei stehen insbesondere die Zufriedenheit und die
Zukunftserwartungen von über 65-Jährigen im Fokus. Es zeigt sich: Ältere
sind insgesamt nicht stärker belastet und teilten dieselben Sorgen wie
Jüngere, insbesondere darüber, dass die Kluft zwischen Arm und Reich
weiter wachsen könnte. Hingegen hielten Befragte über 65 Jahre eigene
Geldprobleme, eine Einschränkung ihres Lebensstandards oder mögliche
finanzielle Notlagen ihrer Angehörigen für deutlich weniger wahrscheinlich
als jüngere Befragte.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/08
Bericht Nr. 9, 13. September 2023: Und schon wieder war die Schule dicht:
Wie sich die häusliche Lernsituation von Grundschülerinnen und -schülern
im ersten und zweiten Lockdown unterschied
In den beiden Phasen der Schulschließungen fand das Distanzlernen jeweils
unter anderen Vorzeichen statt. Die jeweils nach den Lockdowns
durchgeführten Befragungen machten einen Vergleich der Situationen aus der
Sicht von Eltern mit Kindern in der 2. bzw. 3. Klasse möglich. Haben sich
die Belastungen durch das Zuhauselernen verringert oder verschärft? Welche
Rolle spielt die soziale Lage, in der sich Familien befinden? Welche
Lernrückstände erwarten Eltern? Die Analyse zeigt unter anderem, dass
sozial benachteiligte Familien, aber auch Alleinerziehende und
kinderreiche Familien besonders belastet waren und deutlich mehr
Unterstützungsangebote benötigen, um den Folgen der Corona-Pandemie
entgegenzuwirken.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/09
Bericht Nr. 10, 08. Mai 2024: Geringere Lernzuwächse durch coronabedingte
Einschränkungen im Bildungsbereich? Ein Kohortenvergleich zu Entwicklungen
in der Sekundarstufe
Haben Schülerinnen und Schüler im Bereich Mathematik weniger gelernt, weil
sie von Schulschließungen während der Corona-Jahre 2020 und 2021 betroffen
waren? Diese Frage lässt sich anhand eines Vergleichs zweier Jahrgänge,
von denen einer die Sekundarstufe mit, der andere ohne Pandemie
durchlaufen hat, beantworten. Die Ergebnisse zeigen, dass die
Einschränkungen der Corona-Jahre keinen negativen Effekt auf die
Mathematikkompetenzen der untersuchten Jahrgänge hatten und bestätigen
damit nicht die oft geäußerten Befürchtungen, dass die Einschränkungen im
Schulbereich in der Folge zu erheblichen Einschnitten in den schulischen
Leistungen der Jugendlichen geführt haben.
Link zum Bericht: https://www.lifbi.de/NCB/10
Über das NEPS und die Zusatzbefragung
Das Nationale Bildungspanel (NEPS), das am Leibniz-Institut für
Bildungsverläufe (LIfBi) in Bamberg beheimatet ist, besteht aus sieben
großen Teilstudien, den sogenannten Startkohorten. Diese umfassen
insgesamt mehr als 70.000 getestete und befragte Personen von der Geburt
über Ausbildungs- und Erwerbsphase bis hinein in die Nacherwerbsphase
sowie 50.000 zusätzlich befragte Personen aus deren Umfeld, etwa Eltern
und pädagogisches Fachpersonal. Die Stichproben der Startkohorten wurden
repräsentativ für ganz Deutschland gezogen. Die so erhobenen Daten werden
anonymisiert und Bildungsforschenden weltweit zugänglich gemacht.
Das NEPS wird getragen von der Expertise eines interdisziplinären
Exzellenznetzwerks von Forschungsinstituten, -gruppen und
-persönlichkeiten. Geleitet wird das NEPS von Prof. Dr. Cordula Artelt vom
Leibniz-Institut für Bildungsverläufe in Bamberg.
Durch die Zusatzbefragung im Mai und Juni 2020 wurden die aktuellen
Erlebnisse und Eindrücke der NEPS-Teilnehmenden in der Zeit zwischen dem
Beginn der Beschränkungen und den ersten Lockerungen während der Corona-
Krise im Jahr 2020 ermittelt und so gemeinsam mit den Längsschnittdaten
des NEPS für die Bildungsforschung nutzbar gemacht. Im Frühjahr/Frühsommer
2021 wurden im Rahmen der regulären Erhebung erneut Fragen zum Lockdown im
Winter/Frühjahr 2021 gestellt. Die Daten wurden gewichtet und
poststratifiziert, um Verzerrungen in der Stichprobe auszugleichen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Cordula Artelt https://www.lifbi.de/de-
de/Start/Institut/Personen/Per
Prof. Dr. Corinna Kleinert https://www.lifbi.de/de-
de/Start/Institut/Personen/Per
Prof. Dr. Ilka Wolter https://www.lifbi.de/de-
de/Start/Institut/Personen/Per
Dr. Lena Nusser https://www.lifbi.de/de-
de/Start/Institut/Personen/Per
Dr. Markus Vogelbacher https://www.lifbi.de/de-
de/Start/Institut/Personen/Per
Dr. Philipp Handschuh https://www.lifbi.de/de-
de/Start/Institut/Personen/Per
Prof. Dr. Gundula Zoch https://www.lifbi.de/de-
de/Start/Institut/Personen/Per
Originalpublikation:
https://www.lifbi.de/de-
de/Start/Forschung/Publikation