Leistung von Solarmodulen oft zu hoch angegeben
Ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE
hat über 70.000 Leistungsmessungen an Photovoltaik-Modulen ausgewertet,
die im Kalibrierlabor des Instituts, CalLab PV Modules, seit 2012
durchgeführt wurden.
Dabei stellten die Forschenden fest, dass seit etwa
2017 die negative Diskrepanz zwischen der Leistungsangabe der PV-
Modulhersteller und den Messergebnissen des Forschungsinstituts ansteigt.
Bis zum Jahr 2016 wurde im Labor im Durchschnitt mehr Leistung gemessen
als vom Hersteller versprochen.
Seither ist ein negativer Trend zu erkennen, der sich insbesondere in den
Jahren 2020 bis 2023 abzeichnet und zu einer durchschnittlichen
Minderleistung von etwa 1,3 Prozent führte.
Neueste Daten aus dem Jahr 2024 zeigen eine leichte Trendwende.
Das CalLab PV Modules des Fraunhofer ISE untersuchte seit 2012 über 70.000
Solarmodule. Für eine übergreifende Überprüfung der Leistungskonformität
griffen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts auf diesen
umfangreichen Datensatz zurück und analysierten 1034 der gesammelten
Leistungsmessungen, die von monokristallinen Silizium PV-Modulen unter
standardisierten Bedingungen erstellt wurden.
Die Analyse der Leistungsmessungen von PV-Modulen zeigte, dass von 2012
bis 2016 Messabweichungen im üblichen Bereich existierten, der Unterschied
lag im Durchschnitt stets unter einem Prozent. Insbesondere wurden häufig
auch positive Abweichungen gemessen. Im Jahr 2016 lag der Unterschied
zwischen den Leistungsangaben des Herstellers und der gemessenen Leistung
im Labor des Instituts bei durchschnittlich 0,6 Prozent. »Seitdem zeigen
die Daten einen negativen Trend«, sagte Daniel Phillip, Leiter der
Abteilung Modulcharakterisierung und Zuverlässigkeit am Fraunhofer ISE.
»Für das Jahr 2023 gipfelte das in einer negativen Abweichung zwischen
Hersteller-Angabe und unserer Überprüfung von etwa 1,3 Prozent. Eine
positive Abweichung wurde so gut wie nicht mehr beobachtet.«
Bereits letztes Jahr veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler eine Statistik zur angegebenen und im Labor gemessenen
Leistung. Im Rahmen des 40. PV-Symposiums diese Woche in Bad Staffelstein
stellen sie aktualisierte Daten zur Leistungskonformität vor, die nun auch
die erhobenen Daten aus 2024 beinhalten. »Im Jahr 2024 beobachten wir eine
leichte Trendwende, aber immer noch im Mittel starke negative Abweichungen
von 1,2 Prozent«, erklärte Daniel Philipp. Dies könnte ein Hinweis darauf
sein, dass die Herstellerfirmen die Tendenz zu »optimistischen«
Leistungsangaben als Problem erkannt haben. »Wenn wir davon ausgehen, dass
unsere Daten repräsentativ für den deutschen Installationsmarkt sind,
entspricht eine durchschnittliche Minderleistung von 1,2 Prozent bei einem
Zubau von 16,2 Gigawatt im Jahr 2024 einer Gesamtleistung von etwa 195
Megawatt.« Dies entspricht der Nennleistung von einem der größten
Solarparks in Deutschland.
»Die Erkenntnisse machen auch deutlich, wie wichtig eine verlässliche,
kontinuierliche und unabhängige Infrastruktur zur Qualitätsüberprüfung von
PV-Modulen ist«, sagte Prof. Andreas Bett, Institutsleiter am Fraunhofer
ISE, »gerade auch dann, wenn für den deutschen und europäischen PV-Markt
eine über 90-prozentige Importabhängigkeit bei den PV-Komponenten
vorliegt.«
Die Daten wurden für die Auswertung nach geeigneten Kriterien gefiltert.
Zunächst entfernten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
inkonsistente Daten, beispiel-weise Module ohne Seriennummer,
Typenbezeichnung, defekte Module und Module ohne Nominalwert. Danach
wurden weitere Filter angewendet, die statistische Verzerrungen zum
Beispiel aufgrund der unterschiedlichen Prüfmusteranzahl je Messkampagne
des gleichen Projekts und Typs ausschließen und die sicherstellen, dass
nur Messdaten von neuwertigen Modulen in die Auswertung flossen.
Um ein Ergebnis zu erzielen, dass vor allem repräsentativ für
Modulabnehmer ist, wurden darüber hinaus nur Daten aus Projekten
betrachtet, bei denen der Auftraggeber und der Hersteller nicht
übereinstimmen. Außerdem wurden nur Modulhersteller in die Betrachtung
einbezogen, die im jeweiligen Betrachtungsjahr zu den Top 10 Herstellen
gehörten, sodass insgesamt Module von 15 Herstellern in die Auswertung
einflossen.
Dank umfassender Maßnahmen zur Qualitätssicherung kann das CalLab PV
Modules des Fraunhofer ISE ein stabiles Kalibrierniveau über viele Jahre
nachweisen, was sich auch in regelmäßigen Ringvergleichen zeigt. Nur
dadurch können robuste Schlussfolgerungen aus solchen statistischen
Langzeitbeobachtungen gezogen werden.