Von Katastrophenschutz über Recyling bis Medizintechnik: Sensorik als Gamechanger
Text: Katrin Schwuchow Sensorik als Schlüsseltechnologie für die Zukunft: Unter diesem
Leitgedanken fand der vierte Technologietag Angewandte Sensorik (TAS) des
Instituts für Sensor- und Aktortechnik (ISAT) der Hochschule Coburg statt.
Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschung nutzten die
Plattform, um neueste Entwicklungen zu diskutieren, innovative Anwendungen
zu entdecken und Netzwerke zu erweitern.
„Sensorik-Innovationen aus Forschung & Anwenderpraxis im Fokus“ – so
lautete das diesjährige Motto des TAS, der zwei Tage lang die große
Bandbreite und Relevanz von Sensorik aufzeigte. Ob Energiewende,
Nachhaltigkeit, Sicherheit oder Medizintechnik – Sensoren leisten
entscheidende Beiträge zur Lösung aktueller Herausforderungen. Zwölf
Referentinnen und Referenten präsentierten an zwei Tagen wegweisende
Technologien und praxisnahe Anwendungen.
Sensorik im Einsatz: Mehr Sicherheit für Infrastruktur und Umwelt
Besonders praxisnah gestaltete sich die Session „Sensorik für Umwelt- und
Infrastrukturmonitoring“. Das CIS Forschungsinstitut für
Mikrosystemtechnik aus Erfurt stellte hochempfindliche Dehnungssensoren
vor, die Schraubverbindungen in Windkraftanlagen überwachen und so deren
Sicherheit erhöhen. Die Firma PicoLAS präsentierte den Einsatz von NDIR-
Sensoren in Drohnen, die Feuerwehr und THW bei Katastropheneinsätzen
unterstützen – indem sie gefährliche Umweltgase in Echtzeit analysieren
und Einsatzkräfte rechtzeitig warnen.
Ein weiteres Highlight war die Vorstellung von Messgeräten zur
Echtzeitvermessung von Kanalisationsrohren durch die Firma KupTec aus
Ilmenau. Diese Technologie ermöglicht zukünftig eine präzisere
Abwasserkartografie und verbessert die Vorhersage von Überflutungen. „Ein
zusätzlicher Vorteil ist, dass keine Menschen mehr in die Kanalisation
hinabsteigen müssen – das spart Kosten und erhöht die Sicherheit“, so CEO
Mageeban Kuperan.
In der Session „Industrielle Sensorik“ stellte das SKZ-Kunststoffzentrum
aus Würzburg ein spektrales Farbmesssystem vor, das Farbtöne von
Kunststoffen hochpräzise erfasst. Warum ist das wichtig? Weil immer mehr
Kunststoffe recycelt und erneut verwendet werden. Um sie in industriellen
Produktionsprozessen nahtlos einzusetzen, muss ihre Farbe genau stimmen –
insbesondere bei Markenprodukten, wo Farbabweichungen nicht toleriert
werden. Das Farbmesssystem ermöglicht eine exakte Farberkennung und sorgt
dafür, dass recycelte Kunststoffe gezielt eingefärbt werden, um höchste
Qualität und Konsistenz zu gewährleisten.
Medizin und Mikrosystemtechnik im Fokus des zweiten Tages
Am zweiten Veranstaltungstag standen sensorische Innovationen für die
Medizin und Mikrosystemtechnik im Mittelpunkt. Das Fraunhofer IMM stellte
einen implantierbaren Herzaktivitätssensor für Spenderherzen vor. Ein
weiteres Beispiel für den Einsatz modernster Sensortechnologien war ein
Medizinradar, das unter der Matratze von Krankenbetten platziert werden
kann und berührungslos EKG- und Vitalparameter misst. „Mit dieser
Technologie können Patientendaten erfasst werden, ohne dass der Patient
selbst es bemerkt – ein echter Fortschritt für die medizinische
Überwachung“, erklärte Prof. Dr. Christine Ruffert vom Fraunhofer IPMS.
Auch das ISAT selbst brachte spannende Forschungsergebnisse ein: Jan
Lützelberger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut, präsentierte
seine Voruntersuchungen an Ersatzmaterialien und Modellsystemen zur
ultraschallbasierten Lockerungsdetektion bei Hüftimplantaten – eine
Technologie, die zukünftig dazu beitragen soll, gezieltere Therapieplanung
zu ermöglich und so mache Operationen zu vermeiden.
Ein innovativer Therapieanzug des Fraunhofer ISC, der mittels Sensorik
Muskelaktivität von Schlaganfallpatienten misst, stieß ebenfalls auf
großes Interesse. „Unsere Technologie ermöglicht eine individuelle
Anpassung der Therapie und hilft Patienten, schneller wieder mobil zu
werden“, betonte Dr. Bernhard Brunner vom Fraunhofer ISC.
Ausstellung und Networking – Sensorik hautnah erleben
Außer spannenden Fachvorträgen bot der TAS auch eine Ausstellung mit
zukunftsweisenden Produkten. Die Firma Polytec präsentierte ein
hochauflösendes Laserdopplervibrometer, das selbst Schwingungen kleiner
als ein Wasserstoffatom sichtbar macht. Die SAW Components GmbH stellte
ihre Fertigungsmöglichkeiten für innovativen Sensorchips vor, die speziell
für Start-ups und kleinere Unternehmen auch in kleinen Stückzahlen
individuell gefertigt werden können und unter anderem berührungslose
Temperaturmessungen ermöglichen. Auch das Innovationszentrum Kronach war
als regionaler Impulsgeber vertreten.
In der begleitenden Postersession wurden weitere spannende
Forschungsansätze präsentiert. Das Berliner Start-up PoroUS stellte ein
innovatives Sensorkonzept zur quantitativen Osteoporosemessung vor, das
präzisere Diagnosen ermöglichen könnte. Ein weiteres Poster aus dem ISAT
zeigte beispielsweise, wie Künstliche Intelligenz genutzt werden kann, um
Ultraschalldaten zu analysieren und Defekte in bewegten Stahlseilen
frühzeitig zu erkennen. Diese Entwicklungen verdeutlichten, wie vielseitig
Sensorik-Technologien in Medizin und Industrie angewendet werden können.
Rundum positives Feedback und Blick in die Zukunft
Die Teilnehmenden zogen ein durchweg positives Fazit. „Der vierte TAS hat
mir einen direkten Austausch mit Sensor-Spezialisten in ungezwungener
Atmosphäre ermöglicht. Ich konnte mit einem der Aussteller direkt eine
neue Projektidee für mein Unternehmen entwickeln und mein Netzwerk
ausbauen“, resümierte Andreas Buchholz von der Firma Dr. E. Horn. Auch
Prof. Dr. Stefan Drese, Leiter des Instituts für Sensor- und Aktortechnik
und Gastgeber der Veranstaltung, zeigte sich begeistert: „Ich bin
beeindruckt von den vielen neuen Impulsen und Ideen, die entstehen, wenn
Forschende und Anwender aus der Industrie bei unserem TAS ins Gespräch
kommen.“
Angesichts des großen Erfolges steht fest: Der Technologietag Angewandte
Sensorik wird auch Anfang 2027 wieder stattfinden – als Plattform für
wegweisende Innovationen, die durch Sensoranwendungen erst realisierbar
werden. Schließlich bilden die über Sensorik aufgenommenen Daten die
Grundlage für digitale Prozesse und smarte Technologien der Zukunft.