Von der Forschung zum Start-up: Polybot erhält Auftrag für KI-gestützte Ernterobotik
Das Ernteroboter-Projekt Polybot wird von der Bundesagentur für
Sprunginnovationen SPRIND mit einem siebenmonatigen Validierungsauftrag in
Höhe von ca. 220.000 Euro unterstützt.
Dieser Auftrag hilft dem Team, den
Übergang von der wissenschaftlichen Forschung hin zur Gründung eines
Start-ups vorzubereiten. Das Vorhaben, das bislang vom Tübingen AI Center
an der Universität Tübingen, vom ELLIS Institut Tübingen und dem Max-
Planck-Institut für Intelligente Systeme gefördert worden ist, verbindet
Spitzenforschung mit praktischer Anwendung und stärkt den
Innovationsstandort Tübingen im “Cyber Valley”.
Das Polybot-Projekt, eine Initiative zur Entwicklung eines vielseitig
einsetzbaren Landwirtschaftsroboters, erhält eine Unterstützung durch
SPRIND. Die Validierungsphase über sieben Monate dient der Evaluierung der
KI Technik am Beispiel der Ernte. Nach einer erfolgreichen Validierung
könnte die SPRIND das Projekt anschließend bei Unternehmensgründung
zusammen mit privaten Investitionen fördern.
Polybot auf dem Venture-SPRIND-Event
Die SPRIND bringt nicht nur finanzielle Mittel ein, sondern unterstützt
das Polybot-Team auch mit intensiver Betreuung: Sie begleitet das Team und
hilft strategisch bei der Weiterentwicklung. Zudem erhält das Team Zugang
zu Investoren und darf seine Geschäftsidee auf dem Venture-SPRIND-Event im
April in Berlin vor über 300 potenziellen Kapitalgebern pitchen. „Diese
Beauftragung unterstreicht, dass Polybot keine Elfenbeinturm-Idee ist,
sondern eine konkrete Lösung für eine zukunftsfähige, nachhaltige
Landwirtschaft darstellt“, sagt Projektleiter Wieland Brendel vom ELLIS
Institut Tübingen.
Die enge Kooperation mit SPRIND ist für das Tübinger KI-Ökosystem ein
wichtiger Erfolg. Polybot ist ein gutes Beispiel dafür, wie das Tübingen
AI Center Spitzenforschung mit gesellschaftlichen Anwendungen verknüpft.
„Diese erste externe Validierung motiviert unser Team enorm“, so Martin
Kiefel, technischer Leiter des Projekts. „Mit der Validierung können wir
unsere Lernalgorithmen jetzt auf den schwierigsten Tätigkeiten in der
Landwirtschaft, der Ernte von Feingemüse, trainieren und zusammen mit
Landwirten im Praxisbetrieb testen.“ Bernhard Schölkopf,
Wissenschaftlicher Direktor des ELLIS Instituts, ergänzt: “Exzellente
Forschung entfaltet ihre volle Kraft, wenn sie nicht nur Wissen schafft,
sondern auch hilft, Herausforderungen unserer Zeit zu lösen.“
Geringer Bedarf an Herbiziden
Polybot ist eine vollständig autonome Lösung für den Anbau von
Feldfrüchten, Obst und Gemüse, die mit modernster KI-Technologie arbeitet.
Der Roboter soll in Zukunft eine große Bandbreite verschiedenster
Tätigkeiten automatisieren, angefangen beim Unkraut jäten, der Ernte von
Tomaten oder Gurken bis hin zum Freischnitt. Durch die Kombination aus
computergestütztem Sehen und robotergestützter Mechanik reduziert Polybot
den Bedarf an chemischen Herbiziden und kann kleinteiligere und
nachhaltigere Anbauformen wirtschaftlich machen. Die Automatisierung
manueller Tätigkeiten hilft Landwirten, Arbeitskräfte effizienter
einzusetzen und langfristig Erträge zu sichern.
Im Zentrum der Automatisierungslösung steht ein autonomer Roboter mit
präzisem Manipulator, der selbst komplexe und feinmechanische Aufgaben wie
die Tomatenernte übernehmen kann. Die Steuerung basiert auf einer
innovativen Machine-Learning-Pipeline , die es ermöglicht, neue
Tätigkeiten schnell durch Demonstrationen von Landwirten zu erlernen –
ohne aufwändige Programmierung.
Das aktuelle Validierungsprojekt dient dazu, die Praxistauglichkeit von
Polybot für die Ernte von Feingemüse zu testen. Die hohen
Präzisionsanforderungen und das nötige 3D-Verständnis machen es zu einer
idealen Erprobungsumgebung. Die Technologie soll zeigen, dass neue
Aufgaben flexibel integriert und automatisiert werden können, auch in
Bereichen, in denen sich dies bislang wirtschaftlich nicht lohnte.
Entlastung für Landwirte
Neben der technischen Machbarkeit wird auch der Nutzen für Landwirte
untersucht. Derzeit erfolgt die Ernte von Feingemüse fast ausschließlich
manuell, während der Arbeitskräftemangel steigt. Durch enge Zusammenarbeit
mit engagierten Landwirten werden die Anforderungen an ein erstes
marktfähiges Produkt direkt vor Ort erarbeitet. Ziel ist es, zu belegen,
dass KI-gestützte Robotik die Effizienz und Nachhaltigkeit der
Landwirtschaft entscheidend verbessern kann.
„Das Polybot-Projekt nutzt aktuelle Durchbrüche im maschinellen Lernen, um
polykulturellen Anbau ökonomisch tragfähig zu machen. Ich freue mich, dass
wir am Tübingen AI Center solche gesellschaftlich wertvollen Ideen
realisieren können, deren Innovationstiefe erst durch die
Spitzenforschung möglich wird.“, betont Matthias Bethge, Direktor des
Tübingen AI Centers. Die Unterstützung durch SPRIND ist strategisch und
kommunikativ ein großer Schritt für das Team und das KI-Netzwerk im Cyber
Valley: das Tübingen AI Center, das ELLIS Institut Tübingen und das Max-
Planck-Institut für Intelligente Systeme arbeiten hier Hand in Hand. Die
kommenden Monate werden entscheidend für die Weiterentwicklung von Polybot
sein – mit dem Ziel, eine echte Sprunginnovation für die Landwirtschaft zu
etablieren.
Das ELLIS Institut Tübingen strebt an, die kreativsten Köpfe zu
versammeln, um hervorragende Grundlagenforschung auf dem Gebiet der
künstlichen Intelligenz durchzuführen. So entwickelt sich das weltweit
erste ELLIS Institut zu einem anerkannten Zentrum für Experten und
Forschung, das hochmoderne Arbeitsplätze und sehr gute Bedingungen für die
Durchführung von Forschungsarbeiten bieten kann. Das Institut entstand aus
dem Europäischen Labor für Lernen und Intelligente Systeme (ELLIS), das
ein europaweites Netzwerk für die Forschung im Bereich des maschinellen
Lernens aufbaut.
Das Tübingen AI Center ist eine Forschungseinrichtung der Universität
Tübingen in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Intelligente
Systeme (MPI-IS). Ziel der Forschenden ist es, verlässliche lernende
Systeme zum Nutzen von Gesellschaft und Wirtschaft voranzutreiben. Im
Tübingen AI Center forschen 25 Forschungsgruppen mit mehr als 300
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Als Teil der kürzlich
gegründeten ELIAS Alliance leisten sie gemeinsam mit anderen Forschenden
in Europa einen Beitrag zu gesellschaftlich wertvollen Technologien als
"AI made in Europe". Das Tübingen AI Center arbeitet eng mit dem ELLIS-
Institut Tübingen und dem Cyber Valley zusammen. Es wird vom
Forschungsministerium Baden-Württemberg und vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung gefördert.