Zum Hauptinhalt springen

Aktualisierte Living-Guideline zur Multiplen Sklerose rückt Patientenpartizipation in den Fokus

Pin It

Die S2k-Leitlinie „Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose,
Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten
Erkrankungen“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) rückt
aktuell mit zwei neuen Kapiteln, eines zum Lebensstil-Management, ein
weiteres zur patientenzentrierten Kommunikation, die
Patientenpartizipation deutlich in den Fokus.

Aktualisiert wurden darüber
hinaus die Kapitel zur Therapie der Krankheitssymptome und zur autologen
Stammzelltherapie; erstmals neu in die Leitlinie aufgenommen wurde die
CAR-T-Zelltherapie.

In Deutschland leiden über 250.000 Menschen an Multipler Sklerose (MS);
über 10.000 sind jedes Jahr neu betroffen, die meistens erhalten die
Erstdiagnose zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Bei MS handelt es sich
um eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen
Nervensystems (Gehirn und Rückenmark), die unbehandelt zu fortschreitenden
Behinderungen führt. Moderne Immuntherapien („disease-modifying
therapies“) reduzieren effektiv die Schubfrequenz und können den Verlauf
positiv beeinflussen. „Das Therapiespektrum erweitert sich stetig, es
kommen immer mehr neue Wirkstoffe hinzu, so dass eine zunehmend
individualisierte Therapie erfolgen kann“, erklärt Prof. Dr. Bernhard
Hemmer, München, einer der beiden federführenden Leitlinienautoren.

Die „Living-Guideline“, die mindestens einmal jährlich geprüft und
aktualisiert wird, trage dieser Forschungsdynamik im Bereich der MS und
ihrer verwandten Erkrankungen Rechnung. Die Erstfassung der S2k-Leitlinie
wurde 2021 erstellt und erscheint nun bereits in der dritten Überarbeitung
[1].

Ein besonderer Fokus der aktuellen Fassung liegt auf der
Patientenpartizipation: Als neues Kapitel wurde das Lebensstil-Management
aufgenommen, um der Bedeutung der Faktoren, mit denen Betroffene selbst
positiv auf das Krankheitsgeschehen Einfluss nehmen können, Rechnung zu
tragen. Dazu zählen beispielsweise eine hohe körperliche Aktivität und
Sport. Die Leitlinie empfiehlt allen MS-Betroffenen, deren
Behinderungsgrad auf der „Expanded Disability Status Scale“ (EDSS) unter 7
liegt, 75 Minuten lang ein intensives oder 150 Minuten lang ein moderates
Ausdauertraining pro Woche zu absolvieren. Ebenso wichtig sei die
Vermeidung von Übergewicht und Tabakkonsum. Beide Faktoren beeinflussen
den Verlauf der Erkrankung negativ.

„Für den Behandlungserfolg ist es wichtig, die Patientinnen und Patienten
zu ermutigen, diese Optionen voll auszuschöpfen“, betont Prof Dr. Peter
Berlit, DGN-Generalsekretär. Im klinischen Alltag werde oft auf die
medikamentöse Therapie fokussiert, so dass diese Aspekte häufig zu kurz
kämen. „Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie begrüßt es daher sehr,
dass die Möglichkeit der positiven Beeinflussung des weiteren
Krankheitsverlaufs durch Lebensstilanpassungen in den
Behandlungsleitlinien fest verankert sind.“

Die aktualisierte Leitlinie wurde darüber hinaus um ein Kapitel zur
patientenzentrierten Kommunikation ergänzt. „Für das ‚Patient-Empowerment‘
ist es wesentlich, dass die Behandelnden nicht über die Köpfe der
Betroffenen hinwegreden, sondern das Arzt-Patienten-Gespräch diese
befähigt, für sich persönlich eine informierte Therapieentscheidung zu
treffen“, erklärt Leitlinienautor Hemmer. Das sei gerade im Hinblick auf
die große Bandbreite an Therapiemöglichkeiten notwendig. Denn die
Nebenwirkungsprofile variieren von Medikament zu Medikament, und oft sei
es eine individuelle Entscheidung, welche unerwünschten Wirkungen
akzeptabel seien und welche nicht.

Und was gibt es Neues zur Behandlung der MS? „Die Empfehlungen zur
Therapie der Symptome wurden komplett überarbeitet, und es wurde auch
erstmals der Einsatz von Generika und Biosimilars bei den
Immuntherapeutika thematisiert. Auch Zelltherapien wurden neu bewertet
bzw. neu aufgenommen,“ so der Experte. So könne gemäß der neuen Leitlinie
nun die autologe Stammzelltherapie erwogen werden, wenn es zu einem
Krankheitsdurchbruch unter einer Medikation der Wirksamkeitskategorie 3
komme – eine Empfehlung, die auf der zunehmend besseren Evidenz zur hohen
Wirksamkeit und besseren Sicherheit dieses Verfahrens bei der Multiplen
Sklerose gründet.

Die Leitlinie diskutiert auch eine ganz aktuelle Therapieinnovation, die
CAR-T-Zelltherapie. Sie stellt ein neues Verfahren zur Behandlung von
B-zellvermittelten Autoimmunerkrankungen dar und wurde in Einzelfällen
schon erfolgreich bei der MS eingesetzt. „Aktuell reicht die Datenlage
nicht aus, um eine Bewertung der Wirkung und Risiken vorzunehmen. Eine
Anwendung des Verfahrens außerhalb von klinischen Studien kann daher
aktuell noch nicht empfohlen werden“, so der Münchner MS-Experte.

[1] Hemmer B., Gehring K. et al. Diagnose und Therapie der Multiplen
Sklerose, Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-
assoziierten Erkrankungen, S2k-Leitlinie, 2024, in: Deutsche Gesellschaft
für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der
Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 24.02.2025)

Pressekontakt
Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
Pressesprecher: Prof. Dr. Peter Berlit
Leiterin der DGN-Pressestelle: Dr. Bettina Albers
Tel.: +49(0)174 2165629
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
sieht sich als medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft in der
gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren 13.000 Mitgliedern die
neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern und zu
verbessern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre,
Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der
gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden
gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

Die weltoffene Leuchtanstadt Luzern am Vierwaldstättersee freut sich auf Ihren Besuch

Die Region Sempachersee im Herzen der Schweiz freut sich auf hren Besuch