Strategiepapier: Verbrenner-Aus bis 2035 hilft deutscher Autoindustrie
Das geplante Verbot des Verkaufs von Benzin- und Dieselautos ab 2035 sorgt
in Deutschland für Kontroversen. Ein neues Strategiepapier von
Forschungsinstituten in Deutschland, England, Kanada und der Schweiz legt
nahe:
Das Ende des Verbrennungsmotors könnte Deutschlands Autobranche
stärken – nicht schwächen. Diese Erkenntnisse liefern wertvolle Impulse
für die politische Debatte im Vorfeld der kommenden Bundestagswahlen und
für die künftige Bundesregierung. IDOS-Wissenschaftler Dr. Nicholas
Goedeking trug zum Strategiepapier bei, welches konkrete strategische
Vorteile für die deutsche Automobilindustrie aufzeigt.
In der Debatte um das geplante Aus für Verbrennungsmotoren unterstützt ein
neues wissenschaftliches Strategiepapier die Position der Befürworter. Das
„Policy Paper“, welches von Forschenden aus sechs Forschungseinrichtungen
verfasst wurde, empfiehlt der Politik, an den bestehenden Plänen
festzuhalten. Die Analyse, an der auch das German Institute of Development
and Sustainability (IDOS) beteiligt ist, argumentiert: Ein Festhalten an
der Umstellung auf Elektromobilität sei langfristig im Interesse der
deutschen und europäischen Automobilindustrie.
Denn während der Wandel in der Automobilindustrie zweifellos eine große
Umwälzung darstelle, sei er zugleich unvermeidlich. Eine Verzögerung würde
deutschen Herstellern nur schaden – und stattdessen den Vorsprung der
Konkurrenz aus China und anderen Ländern vergrößern.
Investitionssicherheit statt Unsicherheit
«Das Beste, was die Politik tun kann, ist, Investitionssicherheit zu
gewährleisten und am ehrgeizigen europäischen Zeitplan des Ausstiegs aus
dem Verkauf von Verbrennungsmotoren festzuhalten», sagt Professorin
Karoline Rogge von der University of Sussex, die das Strategiepapier
koordinierte. Ein Kurswechsel hingegen würde der internationalen
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Autobranche schaden.
Die Autor*innen des Berichts fordern zudem gezielte Maßnahmen für
betroffene Zulieferer und Beschäftigte. Prof. Adrian Rinscheid von der
Universität St.Gallen schlägt vor, Weiterbildungsmaßnahmen und Programme
zur beruflichen Neuorientierung zu stärken. Zudem sollten Forschungs- und
Innovationsförderung für Zulieferer zur Umstellung auf
E-Mobilitätskomponenten und Unterstützung bei der Diversifizierung
bereitgestellt werden.
Der Wandel der Industrie braucht gezielte Maßnahmen
Besonders wichtig sei es, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu sichern.
«Wer eine klare wirtschaftliche Perspektive für Arbeitnehmer und
Unternehmen schafft, gewinnt auch die gesellschaftliche Unterstützung für
den Wandel», sagt Rinscheid. Anstatt die bestehenden Ausstiegsziele
abzuschwächen, wie es zuletzt immer wieder diskutiert wurde, sollten die
politischen Entscheidungsträger*innen den Strukturwandel aktiv begleiten.
«Ausstiegspolitik allein reicht nicht aus, um Europas Führungsrolle im
globalen Wettlauf um Netto-Null-Emissionen zu sichern», betont Dr.
Nicholas Goedeking vom IDOS. Ein umfassendes politisches Konzept sei
nötig, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu erhalten.
Angesichts wachsender Forderungen, den Zeitplan für den Verbrenner-
Ausstieg aufzuweichen, hoffen die Autor*innen der Studie, mit ihren
Erkenntnissen zu einer fundierteren Debatte über die Zukunft der deutschen
und europäischen Automobilindustrie beizutragen.
Das Policy Paper «How phase-out policies strengthen Europe's automotive
industry» ist Teil des so genannten EMPOCI-Projekts und wurde vom
Europäischen Forschungsrat (ERC) finanziert. Für die Analyse arbeitete Dr.
Nicholas Goedeking vom IDOS eng mit weiteren Forschenden zusammen.
Das Projekt wird von Professorin Karoline Rogge von der University of
Sussex geleitet.
Zu den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zählen:
• Prof. Dr. Karoline S. Rogge, University of Sussex and Fraunhofer ISI
• Dr. Nicholas Goedeking, German Institute of Development and
Sustainability (IDOS)
• Prof. Dr. Jörn Hoppmann, Universität Oldenburg
• Dr. Hauke Lütkehaus, Universität Oldenburg
• Prof. Dr. Adrian Rinscheid, Universität St.Gallen
• Prof. Dr. Daniel Rosenbloom, Carleton University
• Dr. Aline Scherrer, Fraunhofer ISI
• Dr. Qi Song, University of Sussex