Zu viel Bildschirmzeit bringt Kinder um den Schlaf
Die Stiftung Kindergesundheit warnt vor steigender Abhängigkeit von
digitalen Geräten und deren Folgen
Je mehr Zeit Kinder und Jugendliche vor dem
Bildschirm verbringen – sei es beim Fernsehen, auf dem Smartphone, Tablet
oder der Spielkonsole – desto schlechter schlafen sie. Das berichtet die
in München beheimatete Stiftung Kindergesundheit. Sie verweist auf
aktuelle Studien, die belegen, dass intensiver Medienkonsum nicht nur den
Schlaf, sondern auch die Lernfähigkeit beeinträchtigt.
Digitale Medien sind für Kinder und Jugendliche heute selbstverständlicher
Bestandteil des Alltags. Ihre Nutzung hat in den vergangenen Jahren stark
zugenommen, stellt die Stiftung Kindergesundheit in ihrem aktuellen
„Kindergesundheitsbericht“ fest. Mehr als 90 Prozent der 14- bis
19-Jährigen verwenden täglich soziale Netzwerke wie WhatsApp, Instagram
oder Snapchat. Neben den vielen Vorteilen digitaler Medien, etwa beim
Lernen oder Kommunizieren, treten jedoch auch Risiken deutlich zutage.
Besonders während der COVID-19-Pandemie nahm die intensive und teils
suchtartige Nutzung digitaler Medien erheblich zu. Eine direkte Folge:
vermehrte Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen.
Besorgniserregende Zahlen:
• Bereits jedes zweite Kind im Alter von drei Jahren schaut täglich
bis zu einer Stunde Videos auf unterschiedlichen Endgeräten.
• Jedes siebte Kind verbringt mehr als eine Stunde am Tag vor dem
Bildschirm.
• Drei von vier Jugendlichen nutzen ihr Smartphone noch in den
letzten zehn Minuten vor dem Schlafengehen, jeder vierte auch nach dem
Lichtausschalten.
• Manche Jugendliche behalten ihr Handy nachts unter dem Kopfkissen.
• Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung (BZgA) zeigen 8,4 Prozent der 12- bis 17-Jährigen bereits
Anzeichen einer krankhaften Computerspiel- oder internetbezogenen Störung.
Warum Bildschirme den Schlaf stören
Bildschirme mit LED-Technologie emittieren blaues Licht, das die
Produktion des Schlafhormons Melatonin hemmt. Melatonin reguliert unseren
Schlaf-Wach-Rhythmus und sorgt dafür, dass wir müde werden. Wer abends
lange auf Bildschirme schaut, schläft später ein, gerät aus dem
natürlichen Schlafrhythmus und ist am nächsten Morgen müder – mit Folgen
für Konzentration und Leistung in Schule und Ausbildung.
Zudem kann starker digitaler Konsum für eine anhaltende Reizüberflutung
sorgen. Besonders aufregende Inhalte wie Games oder Social Media können
das Gehirn in Alarmbereitschaft versetzen, wodurch das Einschlafen
erschwert wird. Die Konsequenz: schlechtere Gedächtnisleistung,
verringerte Aufmerksamkeit und Konzentration sowie eine höhere
Fehleranfälligkeit.
Müdigkeit im Unterricht
Viele Jugendliche, die ihr Smartphone bis in die Nacht nutzen, schlafen
nicht nur weniger, sondern schlechter. Morgens sind sie oft nicht
ausgeruht und neigen dazu, im Unterricht wegzunicken. Tagesmüdigkeit führt
zudem zu Bewegungsmangel, Konzentrationsproblemen und
Stimmungsschwankungen. Studien zeigen, dass ständiges Multitasking mit
digitalen Medien beim Lernen die Konzentration verringert und das
Arbeitsgedächtnis beeinträchtigt. Es kommt zu Einbußen an
Daueraufmerksamkeit und Problemlösungsfähigkeit. Wer während der
Hausaufgaben häufig abgelenkt wird, lernt ineffizienter und braucht länger
dafür.
Zu wenig Schlaf kann ernsthafte Folgen haben
Gesunder Schlaf ist essenziell für die körperliche und geistige
Gesundheit. Wer dauerhaft schlecht schläft, ist anfälliger für
Krankheiten. Das Risiko für Herzerkrankungen und Depressionen steigt und
Infektionen können langsamer heilen. Zudem haben Menschen mit
Schlafstörungen ein fünffach erhöhtes Risiko, Unfälle im Haushalt oder im
Straßenverkehr zu erleiden.
Entgegen einer allgemeinen Annahme arbeitet der Organismus während der
Nacht keineswegs auf Sparflamme: Im Schlaf verbraucht der Körper genauso
viel Energie wie im Wachzustand. Nachts wird das Wachstumshormon
produziert, das für das Knochenwachstum benötigt wird und zur
Regenerierung von Haut und Haaren beiträgt („Schönheitsschlaf“) .
Schlaf verbessert die Lernleistung
Guter Schlaf hilft nicht nur bei der Regeneration des Körpers, sondern
fördert auch die geistige Entwicklung. Während der Nacht verarbeitet das
Gehirn Erlerntes und verbessert die Fähigkeit zur Problemlösung.
Schlafmangel hingegen verursacht Gedächtnislücken, senkt die Tagesleistung
um bis zu 25 Prozent und schwächt das Immunsystem.
Was Eltern tun können
Um einen gesunden Umgang mit digitalen Geräten zu fördern, rät die
Stiftung Kindergesundheit zu klaren Regeln:
• Digitale Medien sollten in den letzten zwei bis drei Stunden vor
dem Schlafengehen möglichst gemieden werden.
• Smartphones haben im Schlafzimmer – vor allem nachts – nichts zu
suchen.
• Eltern sollten mit gutem Beispiel vorangehen und feste
Medienzeiten für alle vereinbaren.
• Alternative Einschlafrituale wie Lesen oder beruhigende Musik
können helfen, besser zur Ruhe zu kommen.
Strikte Verbote führen jedoch oft zu Widerstand. Stattdessen hilft es,
gemeinsam mit den Kindern sinnvolle Regeln zu erarbeiten. Ein offenes
Gespräch über die Vor- und Nachteile von Medien kann das Bewusstsein und
die Eigenverantwortung der Kinder stärken. Auch ein bewusster Umgang mit
digitalen Inhalten ist hilfreich, etwa indem diese gemeinsam angeschaut
und anschließend reflektiert werden. Eltern können außerdem alternative
Freizeitangebote schaffen, wie gemeinsame Spieleabende oder sportliche
Aktivitäten, um den Medienkonsum in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen.
Entscheidend ist es, den jungen Menschen Vertrauen zu schenken und sie
dabei zu unterstützen, eigenverantwortlich mit digitalen Geräten
umzugehen. So lassen sich Streitigkeiten vermeiden und die Beziehung
bleibt positiv.
Ein bewusster Umgang mit Bildschirmmedien kann Kindern und Jugendlichen
helfen, besser zu schlafen und tagsüber leistungsfähiger zu sein. Schlaf
ist eine der wichtigsten Ressourcen für körperliches und geistiges
Wohlbefinden – und damit die Grundlage für eine gesunde Zukunft.