Maritime Verbindungen: Von antiker Seefahrt zu modernen Handelsrouten
Wer globale Vernetzung verstehen will, muss Maritime Transfers verstehen.
Genau diese untersuchen 31 Trierer Forschende in einem interdisziplinären
Forschungsverbund.
Weit und breit keine Küste, aber trotzdem liegt Trier am Meer. Denn die
Universität beherbergt schon lange ein wichtiges Zentrum der maritimen
Forschung. Im TRANSMARE-Institut bündelt sich seit 2015 fächer- und
epochenübergreifende geisteswissenschaftliche Arbeit „zur See“. Das
honoriert die Forschungsinitiative Rheinland-Pfalz 2024-28, indem sie den
Profilbereich „Maritime Transfers“ fördert. 31 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler aus den Fächern Archäologie, Betriebswirtschaftslehre,
Digitales Historisches Erbe, Geschichte, Klassische Philologie,
Kunstgeschichte, Theologie, Papyrologie, Politikwissenschaft und
Soziologie forschen zu unterschiedlichsten Themen in diesem Feld.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Ulrike Gehring (Kunstgeschichte) und Prof.
Dr. Christoph Schäfer (Alte Geschichte) will der Profilbereich
langfristige Muster maritimer Verbindungen und Prozesse identifizieren.
Denn sie sind von entscheidender Bedeutung für das Verständnis heutiger
globaler Verflechtungen: Wer die globalen Handelsströme und politischen
Netzwerke der Gegenwart verstehen will, muss die historischen Grundlagen
dieser Verflechtungen kennen.
Modernes China & antiker Suezkanal
Im Mittelpunkt stehen daher viele gegenwärtig relevante Themen wie
Piraterie, die Auswirkungen des Online-Handels auf moderne Seerouten oder
Chinas maritime Seidenstraße. „Verfolgt China mit seiner Seehandelspolitik
ähnliche Interessen wie schon in der Antike? Und vor allem: Welche
Kenntnisse haben seefahrende Gesellschaften in der Vormoderne und Moderne
über den maritimen Raum und wie überträgt sich dieses Wissen in Bilder und
Texte?“, skizziert Ulrike Gehring, Professorin für Kunstgeschichte und Co-
Sprecherin des Verbundes „Maritime Transfers“ mögliche Fragestellungen.
Die Tatsache, dass heute über 90 Prozent des grenzüberschreitenden
Warenverkehrs über den Seeweg laufen, unterstreicht die Relevanz der
Forschung. Doch die Forschenden interessiert nicht nur der Warentransfer,
sondern auch der „Handel mit Ideen“. Seit jeher kommen in Hafenstädten
Personen unterschiedlicher Kulturen zusammen und teilen politische
Ansichten, Literatur oder technisches Know-how.
In einem weiteren Themenkomplex geht es um Fragen der Macht: Wie kam es
dazu, dass bestimmte Nationen wie England oder Spanien zu Seemächten
wurden und andere Länder mit Meereszugang nicht? Wie schotten sich
Seemächte ab? Wie demonstrieren sie ihre Macht?
Einen Fokus legt „Maritime Transfers“ auch auf Netzwerke, die durch die
Seefahrt geschaffen wurden. So ist man bereits in der Antike vom Indischen
Ozean über den Nil ins Mittelmeer gefahren, was einen Waren- und
kulturellen Austausch ermöglicht hat. Dieser antike Suezkanal ist schlecht
dokumentiert und bisher nur wenig erforscht. Ein weiteres verbindendes
Element der Forschung ist die Untersuchung der Rolle von Medien, wie
Texten, Bildern, Karten, aber beispielsweise auch Bauwerken, die
historische und gegenwärtige maritime Transfers dokumentieren und
beeinflussen.
Der Verbund der Universität Trier verfolgt dabei einen innovativen Ansatz,
indem er historische, wirtschaftliche und politische Aspekte des maritimen
Austauschs verknüpft. Die Forschenden setzen auf eine breite methodische
Vielfalt, die geistes-, naturwissenschaftliche und technische Ansätze
miteinander kombiniert. Auf diese Weise können maritime Verbindungen über
Fach- und Zeitgrenzen hinweg betrachtet werden. Beispielsweise wird der
antike Seehandel mit experimenteller Archäologie und Simulationen
rekonstruiert, oder auch mit Methoden der modernen Wirtschaftstheorie
analysiert.
Besondere Förderung für Frauen
„Maritime Transfers“ setzt darüber hinaus ein wichtiges Zeichen in Sachen
Chancengleichheit: Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Europa wurde der
Jeanne Baret-Förderfonds ins Leben gerufen. Namensgebend ist Jeanne Baret
(1740-1807), die als erste Frau die Welt umsegelt hat und das angeblich
als Mann verkleidet. Um das Geschlechterverhältnis in den beteiligten
Disziplinen zu optimieren, fördert das Programm gezielt junge
Wissenschaftlerinnen in frühen Karrierephasen. Eine konkrete Maßnahme ist
beispielsweise das Jeanne Baret-Stipendium, welches herausragenden
Forscherinnen mit maritimen Themen die Möglichkeit gibt, für mehrere
Monate nach Trier zu kommen und sich im renommierten Forschungsumfeld von
TRANSMARE einzubringen.
Weitere Informationen zum Profilbereich „Maritime Transfers“, seinen
Forschenden, den Projekten sowie zu aktuellen Veranstaltungen und
Angeboten finden sich auf der Website des TRANSMARE-Instituts:
<https://transmare.uni-trier.d