Syphilis-Erreger aus der Petrischale
Leibniz-Institut DSMZ stellt Bakterium aus Labortier-freier Anzucht zur
Verfügung
Das Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und
Zellkulturen hat den Erreger der Syphilis in seine Sammlung aufgenommen
und stellt ihn Forschenden in aller Welt für wissenschaftliche
Untersuchungen zur Verfügung. Bisher konnte das Bakterium Treponema
pallidum subsp. pallidum nur in Labortieren, insbesondere Kaninchen,
vermehrt werden. Forschende aus den USA haben eine Methode entwickelt, die
die Vermehrung des Krankheitserregers in der Zellkultur ermöglicht. Die
DSMZ ist eine der zwei Bioressourcen-Sammlungen weltweit, an der die so
erzeugten Bakterien hinterlegt sind.
Kultivierung im Brutschrank
Die Vermehrung des Syphilis-Erregers war seit seiner Isolierung im Jahr
1912 nur in Labortieren möglich. Bereits im Jahr 2021 publizierte das Team
um Prof. Dr. Steven J. Norris an der Universität Texas, USA, die Anleitung
zur in vitro-Kultivierung des Bakteriums. „Die Bakterien werden zusammen
mit Hautzellen des Baumwollschwanzkaninchen gezüchtet. Diese
Vorgehensweise vermeidet den Einsatz von Labortieren“, erklärt
Mikrobiologin Privatdozentin Dr. Sabine Gronow, Leiterin der Arbeitsgruppe
Pathogene Bakterien am Leibniz-Institut DSMZ. „Die Anzucht von Treponema
pallidum (DSM 117211) in der Petrischale ist aber extrem kompliziert.
Aktuell etablieren wir an der DSMZ das von der Gruppe um Professor Norris
entwickelte Protokoll.“ Bis die DSMZ selbst das Bakterium vermehren kann,
stellt die Arbeitsgruppe von Prof. Norris die Bioressource der DSMZ zur
Weitergabe an Forschende zur Verfügung. Das Team rund um Sabine Gronow
stellt den Forschenden zusätzlich auch isolierte DNA des Bakteriums zur
Verfügung. Das ermöglicht den Einsatz in Diagnostik und Forschung ohne
eine aufwändige Kultivierung des Bakteriums.
Der Erreger der Syphilis
Das spiralförmige Bakterium T. pallidum subsp. pallidum ist seit über 100
Jahren als Erreger der Geschlechtskrankheit Syphilis bekannt. Die
Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass sich im Jahr 2022 circa
acht Millionen Menschen mit dem Krankheitserreger infiziert haben. Die
Syphilis wird praktisch ausschließlich durch sexuelle Kontakte übertragen.
Das Bakterium nutzt dabei in der Regel kleinste Verletzungen in den
natürlichen Schutzbarrieren von Haut und Schleimhäuten. Die Erkrankung
kann mit Antibiotika behandelt werden. „Die Möglichkeit, dieses Bakterium
ohne den Einsatz von Labortieren zu kultivieren, bringt viele Vorteile für
die Wissenschaft“, ergänzt Sabine Gronow. „Der Einsatz von Labortieren und
der damit verbundene Aufwand sowie Leid entfällt. Bei der Kultivierung in
der Petrischale ist das Bakterium einfacher zugänglich und somit viel
leichter zu erforschen. Das ermöglicht den Forschenden, das
Infektionsverhalten von T. pallidum und auch die Entwicklung neuer
Therapieansätze zu erforschen.“ Bislang ist noch kein sogenannter Typstamm
von T. pallidum subsp. pallidum beschrieben, der Stamm DSM 117211 soll
zukünftig als solche Referenz für die Forschenden gelten.
DSMZ-Pressekontakt:
PhDr. Sven-David Müller, Pressesprecher des Leibniz-Instituts DSMZ-
Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH
Tel.: 0531/2616-300
E-Mail:
Über das Leibniz-Institut DSMZ
Das Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und
Zellkulturen GmbH ist die weltweit vielfältigste Sammlung für biologische
Ressourcen (Bakterien, Archaeen, Protisten, Hefen, Pilze, Bakteriophagen,
Pflanzenviren, genomische bakterielle DNA sowie menschliche und tierische
Zellkulturen). An der DSMZ werden Mikroorganismen sowie Zellkulturen
gesammelt, erforscht und archiviert. Als Einrichtung der Leibniz-
Gemeinschaft ist die DSMZ mit ihren umfangreichen wissenschaftlichen
Services und biologischen Ressourcen seit 1969 globaler Partner für
Forschung, Wissenschaft und Industrie. Die DSMZ ist als gemeinnützig
anerkannt, die erste registrierte Sammlung Europas (Verordnung (EU) Nr.
511/2014) und nach Qualitätsstandard ISO 9001:2015 zertifiziert. Als
Patenthinterlegungsstelle bietet sie die bundesweit einzige Möglichkeit,
biologisches Material nach den Anforderungen des Budapester Vertrags zu
hinterlegen. Neben dem wissenschaftlichen Service bildet die Forschung das
zweite Standbein der DSMZ. Das Institut mit Sitz auf dem Science Campus
Braunschweig-Süd beherbergt mehr als 90.000 Bioressourcen und hat fast 230
Beschäftigte. www.dsmz.de
Über die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 96 eigenständige
Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-,
Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und
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widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen.
Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den
übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten
wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte
Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im
Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und
informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-
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