Mehr als die Seele eines Bieres
FAU-Forschende untersuchen die antibiotische und antivirale Wirkung von
Hopfen
Hopfen ist nicht nur essenzieller Rohstoff für das Bierbrauen.
Aufgrund
seiner besonderen Eigenschaften wird Hopfen bereits seit der Antike auch
als Arzneipflanze geschätzt. Hier setzt die wissenschaftliche Arbeit von
Luisa Kober und Marco Dürsch an. Die beiden Forschenden vom Lehrstuhl für
Bioverfahrenstechnik (BVT) an der Friedrich-Alexander-Universitä
Erlangen-Nürnberg (FAU) befassen sich in ihren Promotionsvorhaben mit den
positiven Auswirkungen des Hopfens.
Luisa Kober und Marco Dürsch haben eines gemeinsam: Beide arbeiten an
Forschungsprojekten, die jeweils der zukunftsweisenden Frage nachgehen,
wie die antivirale und antibiotische Wirkung von Hopfen im Sinne einer
biobasierten Produktion von tierischen Lebensmitteln innovativ eingesetzt
werden kann.
Hopfen wirkt antibiotisch und wachstumsfördernd
„Wir knüpfen dabei an dem Jahrtausende altem Wissen an, dass Hopfen eine
Heilpflanze ist“, erklärt Luisa Kober. „Die Wirkung von Hopfen hat man
sich bereits in der Vergangenheit zunutze gemacht, wenn es beispielsweise
darum ging, Bier haltbar zu machen.“ Ihr Ziel ist es nun, diese
Eigenschaft zu nutzen, um Futterzusatzstoffe aus Hopfenextrakten für eine
nachhaltige Geflügelproduktion einzusetzen. „Mein Forschungsvorhaben zielt
zum einen darauf ab, eine Alternative zu herkömmlichen Antibiotika zur
Behandlung und als Prophylaxe von bakteriellen Infektionserkrankungen in
der Geflügelhaltung zu haben. Anderseits ist der Einsatz von Hopfen in der
Tierzucht darüber hinaus besonders interessant, weil dieser
wachstumsfördernd wirken kann“, sagt die Biochemikerin.
Der Nachweis ihrer Grundlagenforschung lässt sich bereits in der Praxis
nachvollziehen: In Kooperation mit der Universität im südbrasilianischen
Joinville, wo ein FAU-Absolvent als Postdoc beschäftigt ist, werden auf
einem Hühnerhof mikroverkapselte Hopfenextrakte verfüttert. Mit
entsprechendem Erfolg. Es lassen sich bereits Trends erkennen, die eine
Gewichtszunahme der Tiere und die antibiotische Wirkung der sogenannten
„Micro-Hops“ vermuten lassen.
Wirksamer Einsatz in der Geflügelzucht
„Vor dem Hintergrund zunehmender Probleme durch antibiotikaresistente
Keime, ist es im Sinne der Gesundheit von Mensch und Tier nur sinnvoll,
eine Alternative zum Einsatz von Antibiotika in der Geflügelproduktion zu
finden“, betont Luisa Kober. Zumal die Alternative eine aus nachwachsenden
Rohstoffen und damit nachhaltig ist. Und das in einem Bereich der
Lebensmittelproduktion, der ständig wächst: Geflügel ist das Fleisch, das
weltweit am meisten verzehrt wird. Tendenz weiter steigend.
Dasselbe gilt für Marco Dürsch und sein Promotionsvorhaben. Der Life
Science-Ingenieur untersucht die antivirale Wirkung von Hopfen sowie
insbesondere von Hopfenreststoffen, wie sie als Abfallprodukt in
Brauereien oder in der Hopfenveredelung beim Herstellen von
Hopfenextrakten anfallen, für die Aquakultur von (Speise-)fischen. Die
kontrollierte Aufzucht von Fischen, Muscheln, Krebstieren und Co. gilt als
der am schnellsten wachsende Bereich für die Erzeugung von Lebensmitteln
tierischen Ursprungs. „Diese Form der Massentierhaltung führt zu denselben
Problemen wie die industrielle Tierhaltung an Land“, erklärt Marco Dürsch.
„Gerade in Aquakulturen, wo Fische auf engstem Raum zusammenleben, ist die
Gefahr von tödlichen Viruserkrankungen groß.“
Antivirale Zusatzstoffe auf Hopfenbasis fürs Fischfutter
Der FAU-Wissenschaftler hat dabei insbesondere das Koi-Herpesvirus im
Blick, das hierzulande vor allem Nutzkarpfen befällt und in den
allermeisten Fällen tödlich endet. Außerdem untersucht er das Tilapia-
Teich-Virus, das vor allem im asiatischen Raum gängige Speisefische
betrifft, sowie zwei Virusarten, die vornehmlich Forellen und Lachse
befallen. „Gerade das Koi-Herpesvirus ist ein riesiges Problem, weil in
Europa noch keine zugelassene Prophylaxe oder medikamentöse Behandlung
existiert“, sagt Marco Dürsch. „Die Forschungsarbeit an diesen Virusarten
läuft schon seit einigen Jahren am Lehrstuhl. Letztlich hat die
lehrstuhleigene Brauerei und die Auseinandersetzung mit dem Brauprozess
dazu geführt, dass wir uns nun die Eigenschaften des Hopfens zunutze
machen.“
Mit Erfolg: Die Wirksamkeit hat sich bereits gezeigt. Im Labor ist Marco
Dürsch nun dabei, verschiedene Hopfensorten dahingehend zu untersuchen,
welche der einzelnen Inhaltsstoffe sich jeweils als besonders antiviral
wirksam erweisen. Sind die Stoffe identifiziert, werden sie durch
angepasste Extraktionsverfahren selektiv angereichert und ebenfalls
mikroverkapselt, um letztlich den Prototyp eines Zusatzstoffes für
entsprechende Fischfuttermittel herzustellen.
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der präventiven Wirkung von
Hopfen hat für ihn und Luisa Kober einen besonderen Reiz: „Mit Stoffen
natürlichen Ursprungs etwas entwickeln zu können, das nachhaltig
krankheitsverhindernd wirkt, damit eine biobasierte Lebensmittelproduktion
voranbringt und letztlich an gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen
anknüpft, ist ein großer Ansporn.“