Die Freie Hochschule Stuttgart startet neu strukturiertes Studium für Oberstufenlehrkräfte
Mit ihrem praxisnahen und interdisziplinären Konzept reagiert die Freie
Hochschule Stuttgart von jeher auf aktuelle Herausforderungen im
Bildungsbereich, jetzt wurde das Profil noch einmal geschärft:
Ein
modernes Studienangebot, das die Anforderungen des Oberstufenunterrichts
an Waldorfschulen neu denkt und eine ganzheitliche Unterrichtsgestaltung
möglich macht.
Das Studium in Voll- oder der Variante der individuellen Teilzeit startet
im Februar. Ein Einstieg bis Mai 2025 ist aber möglich.
Petra Plützer sprach mit Dr. Philipp Kleinfercher, dem Leiter des
Fachbereiches.
Pädagogik am Puls der Zeit - Was sind die augenfälligsten Neuerungen im
neuen postgradualen Masterstudium für die Oberstufe?
Neu ist eine enge Zusammenarbeit mit dem postgradualen Masterstudium zur
Klassenlehrkraft. Das Ziel ist es hierbei, sich gegenseitig intensiver
wahrzunehmen. Nehmen wir zum Beispiel den gemeinsamen Gang durch die
Entwicklung im Kindes- und Jugendalter: Hier erlebt man jetzt konkret
beide Elemente.
Gemeinsam ist auch der Blick auf die anthroposophischen und
anthropologischen Grundlagentexte, der differenziert wurde, um auch
kritische Standpunkte zur Waldorfpädagogik explizit mit einzubeziehen. In
Zusammenarbeit mit unseren Kooperationsstandorten, den Waldorfseminaren in
Kiel, Hamburg und Berlin wurde ein aktueller Reader entwickelt.
Neu sind auch verschiedene Wahlangebote, um die goetheanistische
Forschungsmethode kennenzulernen. Es geht hier um eine zentrale
Wissenschaftsmethodik, die der Waldorfpädagogik zugrunde liegt und die man
hier exemplarisch kennenlernt, im Sinne eines Propädeutikums.
Bezogen auf das Studium für die Oberstufe wurde auch das Thema Diagnostik
geschärft und die Bereiche Elternarbeit und Gesprächsführung neu mit
aufgenommen.
Es werden ja im Rahmen des Studiums alle Fächer der Oberstufe für die
angehenden Fachlehrerinnen und -lehrer angeboten. Die bewährten
Stuttgarter Oberstufendidaktikwochen, die Prof. Dr. Walter Hutter bereits
vor vielen Jahren ins Leben gerufen hat, sind dabei schon immer ein
zentrales Element, auch offen für die Fortbildung von bereits tätigen
Oberstufenlehrerinnen und -lehrern. Inwiefern werden sie sich verändern?
Die Didaktikwochen wurden konzentrierter gegriffen: Es sind jetzt sieben
intensive Tage fünfmal im Laufe des Studiums, an denen ausschließlich an
den Fächern und ihren Inhalten als auch gezielt an der Didaktik gearbeitet
wird. Wir haben den Studienumfang der sogenannten Fachlichkeit erweitert.
Wie sieht es mit online-Angeboten aus?
Gerade in der Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern an den
Standorten Berlin, Hamburg und Kiel war das eine Frage. Und natürlich auch
ein Bedürfnis von Studierenden, die das Angebot eines Studiums in der
Variante Teilzeit annehmen.
Das Stichwort Blended Learning ist vor allem im Studium in der Variante
individuelle Teilzeit relevant. Hier wird es neben den Präsenzwochen, rund
zwei bis drei pro Schulhalbjahr, zusätzlich ein bis zwei Online-
Wochenenden geben. Grundsätzlich ist hier unser Standpunkt als Stuttgarter
Hochschule aber klar: Die Begegnung untereinander, das gemeinsame
Aushandeln im Prozess der Themen ist fundamental. Das kann ein digitaler
Austausch nicht bzw. nur begrenzt leisten. Das Online-Angebot ist eine
Ergänzung, Hauptfokus bleibt die Präsenzlehre.
Welchen Stellenwert bekommen oder vielmehr behalten die künstlerischen
Unterrichtsanteile im postgradualen Masterstudium?
Musik, Malen, Plastizieren, Eurythmie und Sprachgestaltung sind
wesentliche Teile des Studiums. Im Sinne des gemeinsamen Erlernens und
Übens der künstlerischen bzw. durch Kunst vermittelten Fähigkeiten braucht
es genügend Zeit und Freiraum. Jetzt kommt auch noch ein frei von
Studierenden wählbares Kunstprojekt dazu.
Hierbei geht es um individuelle und soziale Fähigkeitsbildung und dieser
Ansatz unterscheidet nicht nur Waldorfschulen, sondern auch uns als
waldorfpädagogisch ausgerichtete Hochschule vom herkömmlichen
Bildungskanon.
Rudolf Steiner, der Begründer der Waldorfpädagogik, hat stets betont, dass
Schule sich an zeitgenössischen Themen orientieren soll. Das frisch
geschärfte Profil des Studiums setzt auf eine zukunftsorientierte
Oberstufenpädagogik?
Es geht darum, junge Menschen in ihrer individuellen Entwicklung zu
begleiten und sie auf die komplexen Anforderungen der heutigen Welt
vorzubereiten. Alle Themen, die junge Menschen bewegen im Sinne ihrer
Biografie und ihres Weltbezuges, wurden im Hinblick auf die Studieninhalte
geschärft: Themen wie Digitalität, Heterogenität, Diversität oder
Gesundheit bzw. Selbstsorge. Ich denke, hier können wir einen wirklich
gelungenen roten Faden deutlich machen. Wir haben uns dabei an den
Fragestellungen orientiert, die uns auch aus den Schulen entgegengekommen
sind. Pädagogik muss zeitgenössisch ausgerichtet sein. Dabei geht es uns
auch um eine Anknüpfung an den wissenschaftlichen Diskurs der
Gegenwartspädagogik.
Vielen Dank für das Gespräch! Natürlich finden sich alle aktuellen
Informationen zu dem neuen Studienangebot auf der Homepage der Freien
Hochschule Stuttgart.