Empirische Studie: Geld gewinnt Kriege
Ob ein Staat aus einem militärischen Konflikt als Sieger oder Verlierer
hervorgeht, wird maßgeblich von seinen finanziellen Ressourcen
beeinflusst.
Dies beweist erstmals eine neue empirische Analyse des IfW
Kiel. In ihrer umfassenden Studie von mehr als 700 Konflikten von 1977 bis
2013 haben die Forscher einen kausalen Effekt steigender Militärausgaben
auf das Ergebnis eines Krieges nachgewiesen. Und der ist enorm: Erhöhen
sich die Militärausgaben einer der Konfliktparteien um 10 Prozentpunkte
des BIP, erhöht sich damit die Wahrscheinlichkeit auf militärischen Erfolg
um 32 Prozentpunkte.
„Unsere Studie zeigt, wie Geldströme die Machtverhältnisse in
zwischenstaatlichen Konflikten verschieben können“, erklärt Moritz
Schularick, Präsident des IfW Kiel und Mitautor der Studie „Who wins
wars?“ (https://www.ifw-kiel.de/de/pu
wars-33656/?ADMCMD_simTime=173
Staatseinnahmen etwa aus Rohstoffverkäufen ermöglicht es Staaten, ihre
Militärausgaben zu steigern und somit ihre Chancen auf einen Sieg deutlich
zu erhöhen. Damit lässt sich erstmals kausal sagen: Länder gewinnen Kriege
aufgrund ihrer finanziellen Mittel.“
Nachgewiesen und quantifiziert haben die Autoren den Effekt anhand
steigender Gewinne aus Rohstoffverkäufen in 700 realen Kriegen zwischen
1977 und 2013. Sie unterscheiden dabei zwischen drei möglichen
Endszenarien: Sieg, Unentschieden und Niederlage.
Stiegen die Staatseinnahmen aus Rohstoffverkäufen um 10 Prozentpunkte des
BIP, erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit für die entsprechende
Konfliktpartei den Krieg in der nächsthöheren Kategorie zu beenden – also
ein Unentschieden statt einer Niederlage oder ein Sieg statt einem
Unentschieden – um 3,2 Prozentpunkte.
Da empirisch nur ein Zehntel der Rohstoffgewinne durchschnittlich
tatsächlich ans Militär fließt, zeigen die Autoren also kausal: Erhöhen
sich die Militärausgaben um 10 Prozentpunkte des BIP, steigen die Chancen
einer Konfliktpartei den Krieg in der nächsthöheren Kategorie zu beenden
um 32 Prozentpunkte. Dabei ist es zweitrangig, woher die zusätzlichen
Mittel kommen, ob aus steigenden Rohstoffgewinnen oder aus finanziellen
Hilfen.
Russlands Kriegsführung dürfte von hohen Rohstoffeinnahmen massiv
profitiert haben
Die Ergebnisse der Studie sind für die heutige Geopolitik von großer
Relevanz. Man kann davon ausgehen, dass auch Russlands Kriegsführung
massiv von den Mehreinnahmen durch den Anstieg der Öl- und Gaspreise
profitiert hat. Moskau konnte dadurch seine Militärausgaben steigern und
seine Kriegstüchtigkeit stärken. Gleichzeitig zeigt die Studie, dass die
westlichen Hilfsleistungen an die Ukraine dringend nötig sind, damit diese
den Krieg nicht verliert. Aber auch, dass deren Wegfall ihre erfolgreiche
Verteidigung deutlich erschweren dürfte.
Ein markantes Beispiel aus der Vergangenheit ist der Konflikt zwischen
Libyen und dem Tschad in den 1980er Jahren. Dank hoher Ölpreise konnte
Libyen damals seine militärische Überlegenheit demonstrieren und
entscheidende Siege erringen. Doch als die Ölpreise einbrachen, verlor das
Land die nötigen Mittel, um seine Kriegsführung fortzusetzen. Dieser Fall
zeigt, wie abhängig die militärischen Erfolgsaussichten von fiskalischen
Ressourcen sind.
„Wirtschaftliche Stärke ist ein entscheidender Faktor in der Geschichte
vergangener Konflikte und in der internationalen Sicherheitspolitik der
Gegenwart“, sagt Co-Autor Jonathan Federle vom IfW Kiel. „Positive
Zuflüsse können die militärische Leistungsfähigkeit in demselben Maße
erhöhen, wie negative sie herabsetzen. Damit zeigt unsere Studie wie eng
wirtschaftliche Stärke und militärische Leistungsfähigkeit miteinander
verknüpft sind.“
Jetzt Studie lesen: „Who wins wars?“: https://www.ifw-
kiel.de/de/publikationen/who-w