Neue Plattform bietet Orientierung im fragmentierten System der Sozialleistungen
In Zeiten steigender Lebenshaltungskosten und wachsender Kinderarmut
stehen viele Familien, aber auch Einzelpersonen vor enormen finanziellen
Herausforderungen.
Eine zusätzliche Hürde: Oftmals wissen sie nicht,
welche Sozialleistungen ihnen zustehen oder wie sie diese beantragen
können. Um diesen Informationsmangel zu beheben, hat der Lehrstuhl für
Sozialrecht und Verwaltungswissenschaft an der Universität Speyer eine
benutzerfreundliche Online-Plattform ins Leben gerufen. Eltern und andere
Anspruchsberechtigten können so schnell und einfach herausfinden, welche
Sozialleistungen ihnen aufgrund ihrer individuellen Lebenssituation
zustehen könnten.
Die Initiative ist das Ergebnis einer interdisziplinären Workshop-Reihe zu
den Kooperationsgeboten im Sozialrecht, deren Ergebnisse in einem
umfassenden Sammelband dokumentiert sind. In der Workshop-Reihe und einer
daraus resultierenden Teilstudie hat die Universität Speyer gemeinsam mit
Kommunen, Verbänden, Vertreter:innen der Bundesländer und der
Bundespolitik verschiedene Sozialleistungen untersucht, wie etwa
Bürgergeld, Kindergeld, Wohngeld oder Elterngeld. Viele Menschen in
Deutschland haben Anspruch auf diese Leistungen, scheitern jedoch häufig
an der Beantragung, weil sie ihre Rechte nicht kennen und die
Leistungsträger nicht ausreichend Orientierung im komplexen System des
Sozialrechts bieten.
„Ein zentrales Ergebnis der Workshopreihe war, dass die Versäulung der
Verwaltung dazu führt, dass die Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen
nicht ganzheitlich wahrgenommen und Problemlagen nicht adäquat bearbeitet
werden”, so Professorin Dr. jur. habil. Constanze Janda, die die
Veranstaltungsreihe organisierte und leitete.
“Das Problem wird bundesweit mit zahlreichen Einzel-Projekten und
Initiativen angegangen. Präventionsketten oder -netzwerke sind jedoch
bisher nicht flächendeckend so verankert, dass familiäre Armut und
Bildungsbeteiligung spürbar zurückgegangen wären.” Es sei zwar gesetzlich
vorgesehen, dass die Träger kooperieren müssen, um so den Zugang zu
Leistungen erleichtern, in der Praxis werde diese Notwendigkeit aber noch
zu wenig beachtet und umgesetzt. Die Plattform soll hier Abhilfe schaffen.
Sie nutzt persönliche Daten wie Familienstand, Einkommen und Anzahl der
Kinder, um automatisch relevante Leistungen zu identifizieren und den
Nutzer:innen ihre potenziellen Ansprüche aufzuzeigen. Dies erleichtert den
Zugang zu wichtigen Informationen und unterstützt Familien und
Einzelpersonen dabei, ihre Rechte wahrzunehmen. “Mit dieser Plattform
wollen wir sicherstellen, dass alle Familien Zugang zu den Informationen
haben, die sie benötigen, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Wir glauben
daran, dass Transparenz der Schlüssel ist, um soziale Gerechtigkeit zu
fördern”, so Janda.
Die Workshop-Reihe und der Aufbau der Plattform wurden gefördert von der
Auridis Stiftung.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, Lehrstuhl für
Sozialrecht