Postkolonialismus zur Primetime: „Algier, Hauptstadt der Revolutionäre“, Deffarge & Troeller 1972
Kommentierte Filmvorführung als Begleitprogramm zur Ausstellung „Deffarge
& Troeller“ im Museum Folkwang
Dienstag, 28.01.2025, 18.00 Uhr
Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)
Goethestraße 31, 45128 Essen
Nach 1945 war das Interesse der deutschsprachigen Öffentlichkeit an den
Ländern des globalen Südens lange eher gering ausgeprägt. Erst mit der
Dekolonisierungswelle in den 1960er Jahren wurde die sogenannte „Dritte
Welt“ verstärkt Objekt revolutionärer Faszination und Gegenstand eines
breiteren Publikumsinteresses. Maßgeblich daran mitgewirkt haben nicht
zuletzt das luxemburgisch-französische Journalisten- und
Dokumentarfilmerpaar Marie-Claude Deffarge und Gordian Troeller.
Das hochproduktive Schaffen der beiden erstreckte sich über Jahrzehnte und
umfasste neben Zeitungsreportagen vor allem Länderdokumentationen, die im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlt wurden und beachtliche
Einschaltquoten erzielten.
Anhand von Deffarges und Troellers Dokumentarfilm „Algier, Hauptstadt der
Revolutionäre“ (1972) lassen sich geradezu exemplarisch die Hoffnungen
nachzeichnen, die sich mit dem Aufbruch ehemaliger Kolonien in die
Unabhängigkeit verbanden. Algier wurde zum Magneten für Befreiungskämpfer
und Rebellen aus aller Welt. Nur diese Anziehungskraft lässt die
Enttäuschung verständlich werden, die sich einstellte, als neue
ökonomische Abhängigkeiten an die Stelle der alten kolonialen Willkür
traten und die Verheißung von Freiheit in autokratische Unterdrückung und
Bürgerkrieg umschlugen. So verdichten sich in diesem filmischen Porträt
der algerischen Hauptstadt auch die Paradoxien einer postkolonialen
Sichtweise, die sich im Spannungsverhältnis zwischen nationaler
Selbstbehauptung und internationalistischem Veränderungsdrang bewähren
muss.
Die Filmvorführung ist Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung „Deffarge
& Troeller. Stern-Reportagen und Filme“ vom 15.11.2024 bis 23.02.2025 im
Museum Folkwang.
REFERENT
Danilo Scholz ist Historiker und wissenschaftlicher Mitarbeiter am KWI. Er
forscht zur politischen Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts.
TEILNAHME
Die Veranstaltung ist kostenlos, eine Anmeldung nicht erforderlich.
VERANSTALTER
Eine Veranstaltung des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) in
Kooperation mit dem Museum Folkwang.
Über das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI):
Das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) ist ein
interdisziplinäres Forschungskolleg für Geistes- und Kulturwissenschaften
in der Tradition internationaler Institutes for Advanced Study. Als
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Universität Dortmund und der Universität Duisburg-Essen arbeitet das
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zusammen. Innerhalb des Ruhrgebiets bietet das KWI einen Ort, an dem die
Erträge ambitionierter kulturwissenschaftlicher Forschung auch mit
Interessierten aus der Stadt und der Region geteilt und diskutiert werden.
Derzeit stehen folgende Forschungsschwerpunkte im Mittelpunkt:
Kulturwissenschaftliche Wissenschaftsforschung, Kultur- und
Literatursoziologie, Wissenschaftskommunikation, Visual Literacy sowie ein
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Forschungsbereich Kommunikationskultur sowie Einzelprojekte.
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