Gletscherschmelze gefährdet Ökosysteme

Die Regionen der Arktis sind besonders anfällig für den Klimawandel. Doch
es fehlen umfassende wissenschaftliche Informationen über die dortigen
Umweltveränderungen.
Forschende vom Helmholtz-Zentrum Hereon haben nun
anorganische Kohlenstoffkomponenten, Nährstoffe und Spurenelemente in
Fjordsystemen untersucht. Das Ergebnis: Durch das abschmelzende
Gletschereis verändert sich in den Fjorden die chemische Zusammensetzung
des Wassers, wodurch Ökosysteme aus dem Gleichgewicht geraten. Die Studie
ist jüngst im Journal "Global Biogeochemical Cycles" erschienen.
Die Fallstudie basiert auf einer Expedition zum Kongsfjorden an der
Westküste von Spitzbergen und die dort gelegene deutsch-französische
Forschungsstation Arctic Research Base Ny-Ålesund (AWIPEV). Forscherin
Claudia Schmidt vom Hereon-Institut für Kohlenstoff-Kreisläufe
untersuchte, wie Süßwasserabflüsse von Gletschern die Gesamtkonzentration
von Nährstoffen, Spurenelementen sowie Kohlenstoffparametern im arktischen
Fjord beeinflussen. Sie nahm Wasserproben entlang der Fjordachse und aus
Flüssen und stellte biogeochemische Veränderungen im küstennahen Wasser
fest.
Durch den Eintrag des Süßwassers bildet sich eine Sperrschicht auf dem
stark salzhaltigen Fjordwasser, was die Zirkulation der Wassermassen und
die Verteilung von Nährstoffen und Spurenelementen verändert. Eine Folge
könnte sein, dass sich weniger Phytoplankton bildet, welches die Grundlage
der maritimen Nahrungskette ist. Sein Vorkommen betrifft viele Lebewesen
im Ozean, beeinflusst die Artenvielfalt und ganz wesentlich auch die
CO2-Bindung. Ein möglicher Rückgang würde die Aufnahme und Speicherung des
Klimagases CO2 herabsetzen.
Eine Kampagne mit großem Engagement
Die Probennahme erfolgte gemeinsam mit dem Alfred-Wegener-Institut,
Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Die Forschenden
filtrierten das Wasser in einem Labor auf Spitzbergen und analysierten es
später in Geesthacht und Bremerhaven. Die Expedition war 2020 Teil des
Projekts „Arctic biodiversity change and its consequences: Assessing,
monitoring, and predicting the effects of ecosystem tipping cascades on
marine ecosystem services and dependent human systems“, kurz ECOTIP, bei
dem in den vergangenen 4 Jahren insgesamt 16 Forschungseinrichtungen aus
10 Ländern interdisziplinär beteiligt waren. Es wurde im Rahmen des
Forschungs- und Innovationsprogramms Horizont 2020 von der EU gefördert.
Das Hereon erhielt 700.000 Euro.