Ausstellung „Wikingergold. Schatzpolitik seit 1800“ ab sofort online und als Wanderausstellung zu besichtigen
![Wikingergold“ aus dem Stralsund Museum, Hiddenseer Goldschmuck, 10. Jh. LAKD M-V / Sabine Suhr](/templates/yootheme/cache/63/Wikingergold-633a3df4.jpeg)
Ausstellung „Wikingergold. Schatzpolitik seit 1800“ ab sofort online und
als Wanderausstellung zu besichtigen
Schätze erzählen uns viel über Geschichte. Dass nach dem Fund eines
Schatzes die Geschichte auch erst richtig losgehen kann, zeigt die
Ausstellung „Wikingergold. Schatzpolitik seit 1800“, die ab jetzt online
unter vikinggold.org <vikinggold.org> und als Wanderausstellung besucht
werden kann. Am 17. Januar eröffnet die Ausstellung zum ersten Mal im
Museum für Archäologie und Geschichte in Elbląg, Polen.
Die Ausstellung widmet sich zwei Goldschätzen, die 1834 in Norwegen
beziehungsweise 1872–74 auf der deutschen Insel Hiddensee gefunden wurden.
Diese enthielten Schmuck aus der Wikingerzeit (ca. 800–1100). Die
Kuratorinnen der Ausstellung Prof. Dr. Isabelle Dolezalek (Technische
Universität Berlin) und Charlotte Wenke M.A. (Universität Greifswald)
wollen mit der Ausstellung zeigen, welche Rolle wikingerzeitliche
Goldschätze als Kulturerbe im Alltag der Menschen spielen und wie eng
Kulturerbe mit Politik verwoben war und ist. Neben dem digitalen Format
wird die Schau im Laufe des Jahres 2025 auch als Wanderausstellung in
verschiedenen Museen im Ostseeraum zu sehen sein.
Mehrfach versteckte Goldschätze
Dass Schätze nicht nur gehütet, sondern auch verborgen werden, liegt in
ihrer Natur. Dass dies jedoch mehrfach mit dem gleichen Schatz geschieht,
ist ungewöhnlich. Das passierte mit dem sogenannten Hoenschatz, den 1834
ein Feldarbeiter in Südostnorwegen fand. Kurz bevor die Deutschen im
Frühjahr 1940 Norwegen besetzten, wurde er vom Leiter der Osloer
Altertümersammlung, Anton Wilhelm Brøgger, in der Kleinstadt Fagernes
versteckt. Trotz Verhaftung durch die Nazis bewahrte er das Geheimnis und
so konnte der Wikingerschatz nach Kriegsende wohlbehalten nach Oslo
zurückkehren. Auch das „Wikingergold“, das Ende des 19. Jahrhunderts auf
Hiddensee aufgefunden wurde, ist im Zuge des Zweiten Weltkriegs ein
zweites Mal versteckt worden – hier allerdings von den Deutschen aus Angst
vor der Beschlagnahmung durch die Rote Armee. Der Stralsunder
Museumsdirektor Fritz Adler vergräbt ihn 1945 mit seiner Frau an geheimer
Stelle auf dem Land.
Schätze sind kulturell und politisch bedeutsam – auch in der Neuzeit
„An diesen Beispielen kann man die enorme politische und kulturelle
Bedeutung von Schätzen ablesen. Sie haben natürlich einen Materialwert.
Dann ist da aber auch ihr ideeller Wert als Kulturerbe und der verändert
sich und wird immer neu definiert – bis heute“, sagt Prof. Dr. Isabelle
Dolezalek vom Fachgebiet „Kunstgeschichte der Vormoderne“ der TU Berlin.
So sei etwa der Hiddenseeschmuck zur NS-Zeit als Zeuge einer angeblichen
germanischen Vorherrschaft im Ostseeraum gedeutet worden. Um diese
Zusammenhänge einem größeren Publikum zu vermitteln, hat Dolezalek
zusammen mit Charlotte Wenke, wissenschaftliche Mitarbeiterin am
Interdisziplinären Forschungszentrum Ostseeraum der Universität Greifswald
(IFZO), die Ausstellung „Wikingergold. Schatzpolitik seit 1800“
entwickelt. „Gleich mit dem Auffinden dieser Schätze begannen
vielschichtige Prozesse von Vereinnahmung“, erzählt Charlotte Wenke. Wer
darf das „Wikingergold“ verwahren? Wo wird es gezeigt? Wer identifiziert
sich damit? Wer grenzt sich davon ab? Und wie verändern sich diese
Prozesse über die Zeit? All diese Fragen werden in der Ausstellung
beleuchtet.
Wikingergold zum Herunterladen
Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Stralsund Museum erstellt
und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde, ist
in sieben Kapitel gegliedert, die mit verschiedenen Formaten wie einem
Zeitstrahl, einem Flowchart, Film, Texten und Bildern die Facetten des
Themas Schatzpolitik beleuchten – mal spielerisch, mal sachlich. Zum
Mitmachen sind die Besucher*innen im Kapitel „Wer trägt Wikingergold?“
aufgefordert: Es gibt Schmuck zum Herunterladen. Als Sticker auf einem
Selfie angebracht kann der Schmuck dann unter #myvikingbling auf Instagram
geteilt werden: Wie würdest Du die Schmuckstücke tragen? Welche Bedeutung
hätten sie für Dich?
Frühmittelalterliche Schätze wirken ins Alltagsleben der Menschen hinein
In der Ausstellung erfährt man etwa, dass schon kurz nach seiner
Auffindung 1872-74 Nachbildungen des Hiddenseer Goldschatzes als
Modeschmuck angefertigt wurden, als „äußerst geschmackvolles Geschenk für
jüngere und ältere Damen“, wie das damals tonangebende Mode- und
Frauenmagazin „Der Bazar“ berichtet. Andere Funde wiederum regten die
Stockholmer High Society an, auf Kostümbällen als Wikinger zu posieren, in
Kleidung, Waffen und Schmuck nach damaligen Vorstellungen, wie ein Foto
von 1869 beweist. „Der Verweis auf die Wikingerzeit war damals eng mit dem
schwedischen Nationalismus verknüpft“, sagt Dolezalek. So wollte von 1811
bis 1844 auch der patriotisch gesinnte „Gotische Bund“ vermeintlich
urschwedische Bräuche wiederbeleben, indem man aus Hörnern trank und sich
altnordische Namen gab.
Frühes Beispiel für Globalisierung
„Einige der Goldmünzen aus dem im 9. Jahrhundert vergrabenen Hoenschatz
wurden schon kurz nach ihrem Fund 1834 als Produkte arabischer und
persischer Provenienz erkannt“, berichtet Dolezalek. „Überregionaler
Handel und Austausch sind kein neues Phänomen, sondern Gesellschaften
waren bereits vor vielen hundert Jahren verflochten.“ Mit Blick auf
historische Quellen zeige gerade dieser Aspekt, wie vielschichtig und
teils widersprüchlich Aneignungen und Zuordnungen von Schatzfunden sind:
Zu unterschiedlichen Zeiten seien sie manchmal als regionales oder
nationales Erbe, zu anderen aber als europäisches oder Weltkulturerbe
vereinnahmt worden. Bestandteile der Schätze wie Münzen islamischer
Prägung wurden dabei – je nach Deutung der Schätze – mal mehr, mal weniger
hervorgehoben.
Zusätzliche Informationen
Die Ausstellung ist Bestandteil des Forschungsprojekts „Wikingergold.
Schatzfunde als translokales Erbe“ und wird gefördert vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Verbundprojekts
„Fragmentierte Transformationen“ <https://ifzo.uni-greifswald.d
/fragmentierte-transformatione
Forschungszentrum Ostseeraum <https://ifzo.uni-greifswald.d
Universität Greifswald. Laufzeit des Forschungsprojekts „Wikingergold.
Schatzfunde als translokales Erbe“: 2021 – 2025, Leitung: Prof. Dr.
Isabelle Dolezalek
Inhalte des Forschungsprojekts wurden auch als Arbeitsmaterialien für den
Schulunterricht <https://epub.ub.uni-
greifswald.de/frontdoor/index/
zugänglich gemacht
In der Umsetzung wurden die Mitarbeiterinnen des Projekts von der Berliner
Ausstellungsfirma museeon <https://www.museeon.de/> unterstützt.
Programmierung von Ron Warmbier <https://ron.kanzownet.de/inde
Ausstellungstermine 2025:
Polen: Elbląg, Muzeum archeologiczno-historyczne, 17.01.-11.03.2025
Norwegen: Borre, Midgard Vikingsenter, 12.04.-10.07.2025
Schweden: Visby, Gotlands Museum, 18.07.-21.09.2025
Deutschland: Greifswald, Pommersches Landesmuseum, 09.10.-11.01.2026
Weiterführende Informationen:
Link zur Ausstellung: <https://vikinggold.org>
Instagram: @vikinggold_treasurepolitics, #myvikingbling