Kann eine historische Dampflok ohne Kohle fahren? Studie zeigt die Herausforderung für CO2-neutralen Betrieb

Die Mecklenburgische Bäderbahn (MBB), bekannt für ihre historischen
Dampflokomotiven, steht wie viele andere Betreiber vor der
Herausforderung, ihren Betrieb umweltfreundlicher zu gestalten.
Eine
aktuelle Studie der Hochschule Nordhausen untersucht, ob und wie die MBB
ihre Dampfloks, die derzeit mit Steinkohle betrieben werden, auf
alternative, klimafreundliche Brennstoffe umstellen kann. Ziel ist es, die
CO2-Emissionen deutlich zu senken und gleichzeitig den historischen
Charakter der Loks zu bewahren.
Die MBB betreibt unter anderem „Molli“, die älteste Schmalspurbahn an der
Ostseeküste, die seit 1886 zwischen Kühlungsborn und Bad Doberan verkehrt.
Alle Dampfloks fahren aktuell mit Steinkohle, was sowohl hohe
Betriebskosten als auch eine signifikante CO2-Belastung verursacht.
Angesichts der schwindenden Verfügbarkeit und steigenden Preise von
Steinkohle ist die MBB auf der Suche nach umweltfreundlicheren
Brennstoffen, die dennoch den historischen Anforderungen der Lokomotiven
gerecht werden.
Um die Möglichkeiten einer Umstellung auf alternative Brennstoffe zu
prüfen, beauftragte die MBB die Hochschule Nordhausen mit einer
Machbarkeitsstudie. Das Projekt wurde von Dr.-Ing. Pascal Leibbrandt
geleitet. Die Untersuchung analysierte den aktuellen Energieverbrauch der
Lokomotiven, bei dem pro Fahrt etwa 180 kg Steinkohle und 1,4 m³ Wasser
benötigt werden.
Eine große Herausforderung stellt der begrenzte Platz in den Loks dar. Da
verschiedene Brennstoffe unterschiedlich viel Raum beanspruchen,
untersuchte die Studie, welche sich überhaupt für die Lagerung in den
bestehenden Lokomotiven eignen.
Die Studie stellt fest, dass der Einsatz von Wasserstoff über verschiedene
Wandlungs- und Antriebspfade für die Lokomotiven gegenwärtig nicht
praktikabel ist. Dies liegt an den technischen und wirtschaftlichen
Herausforderungen, die mit der Speicherung und Handhabung von Wasserstoff
verbunden sind. Feste Brennstoffe, obwohl theoretisch eine Alternative,
weisen unterschiedliche Energiegehalte und Verbrennungseigenschaften auf,
was zu einer unzureichenden Wärmeentwicklung führt und den Betrieb der
Lokomotiven beeinträchtigen könnte. Daher könnte ein Umbau der Loks
notwendig werden, um diese Brennstoffe effektiv nutzen zu können.
Flüssige Brennstoffe sind in der Handhabung zwar einfacher, jedoch können
sie nicht immer die gewünschten klimaschonenden Eigenschaften aufweisen.
Unter den beschrieben Varianten und den gegenwärtigen Bedingungen ist die
Verwendung von flüssigen Treibstoffen jedoch aktuell am sinnvollsten. Es
wird davon ausgegangen, dass die klimaschädlichen Bestandteile der
flüssigen Brennstoffe in Zukunft schrittweise durch synthetische oder
andere klimafreundlichere Komponenten ersetzt werden können. Die Studie
hebt hervor, dass die MBB die Ergebnisse der Untersuchung nicht ohne
Weiteres übernehmen kann, da die spezifischen Anforderungen an die
Fahrzeuge variieren. Gasförmige Brennstoffe wurden ebenfalls untersucht,
wobei ihre Verbrennungseigenschaften und die erforderlichen Umbauten an
den Lokomotiven betrachtet wurden. Hierbei wird deutlich, dass Anpassungen
hinsichtlich Rohstoffknappheit, Preisschwankungen und CO2-Reduzierung
notwendig sind.
Als vielversprechende Alternativen wurden Holzpellets und Pyrolysekohle
identifiziert. Diese Brennstoffe könnten nicht nur die Umweltbelastung
verringern, sondern auch den historischen Charakter der Loks bewahren. Der
Einsatz dieser Brennstoffe resultiert jedoch in umfangreichen Maßnahmen
und Folgeproblemen. Insbesondere die Lagerung von Holzpellets gestaltet
sich deutlich aufwendiger, da eine witterungsunabhängige Lagerung
gewährleistet werden muss. Auch die Nachtwarmhaltung der Loks wird durch
den Einsatz von Holzpellets erschwert. Im Gegensatz dazu erfordert der
Einsatz von bspw. Biomethan oder anderen synthetischen Brennstoffen
umfangreiche Anpassungen, die sowohl technische als auch wirtschaftliche
Herausforderungen mit sich bringen.
Insgesamt bietet die Studie diverse Erkenntnisse für die MBB und zeigt
potenzielle Wege auf, wie der Betrieb der historischen Dampflokomotiven
nachhaltig und umweltschonend gestaltet werden kann. Die Suche nach dem
optimalen Brennstoff wird fortgesetzt, mit dem Ziel, dass „Molli“ und
andere historische Loks auch in Zukunft auf den Strecken der
Mecklenburgischen Bäderbahn verkehren – idealerweise mit einem
umweltfreundlichen Antrieb.
Das Institut für Regenerative Energietechnik (in.RET) der Hochschule
Nordhausen betreibt grundlagen- und anwendungsorientierte Energieforschung
auf dem Gebiet der Regenerativen Energietechnik. Ein wichtiger
Arbeitsschwerpunkt wird neben der Weiterentwicklung und Optimierung von
Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien in der Systemintegration
dieser Energien liegen, d.h. in der Frage, wie erneuerbare Energien
sinnvoll miteinander kombiniert und in die bestehenden
Versorgungsstrukturen im Wärme- und Strommarkt integriert werden können.
Hierbei sind zahlreiche interdisziplinäre Fragestellungen aus den
Bereichen der Energietechnik, der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik und
der Ökonomie zu bearbeiten. Die Betrachtung der Forschung hat sich von
einzelnen Modulen hin zu ganzen Energiesystemen entwickelt