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Die giftigste Spinne der Welt besteht aus drei Arten

Ein männliches Exemplar der neu beschriebenen Art „Newcastle Funnel-web“ (Atrax christenseni)  Kane Christensen
Ein männliches Exemplar der neu beschriebenen Art „Newcastle Funnel-web“ (Atrax christenseni) Kane Christensen
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Die Sydney-Trichternetzspinne (Atrax robustus) zählt zu den giftigsten
Spinnen der Welt.

Ein internationales Team von Forschenden des Leibniz-
Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels, der Universität Hamburg
und Forschungseinrichtungen aus Australien hat nun herausgefunden, dass
diese Spinne nicht eine Art, sondern ein Komplex aus drei Arten ist,
darunter ist eine bislang unbekannte Art. Für die Giftforschung und die
Herstellung von Gegengiften ist dies eine wichtige Erkenntnis. Denn
Spinnengift ist artspezifisch. Die Studie wurde im Fachmagazin BMC Ecology
and Evolution veröffentlicht.

Die Sydney-Trichternetzspinne lebt im weiteren Umfeld der australischen
Metropole Sydney und zählt zu den wenigen Spinnen weltweit, deren Biss für
einen erwachsenen Menschen tödlich sein kann. Dabei ist das Gift der
männlichen Tiere sechsmal giftiger als das der weiblichen. Nachdem
zwischen 1927 und 1979 dreizehn Todesfälle in enge Verbindung mit dieser
Art gebracht wurden, kam in den 1980er Jahren ein Gegengift für diese Art
auf den Markt, das heute noch wirksam ist. Seither gab es keine weiteren
Todesfälle mehr.

Obwohl schon 2010 beträchtliche optische Unterschiede zwischen den
Exemplaren von Spinnen vermerkt wurden, fassten australische Forschende
die Art zunächst wissenschaftlich unter einem Namen als Atrax robustus
zusammen. Nun hat ein Forschungsteam um Dr. Danilo Harms, Spinnenforscher
am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) und Ko-
Autor der Studie, und Dr. Bruno Buzatto von der Flinders University in
Adelaide (Australien) diese Art neu betrachtet und fand heraus: Die wohl
berüchtigtste Spinnenart der Welt ist eigentlich ein Komplex aus mehreren
Arten mit Unterschieden sowohl genetischer als auch morphologischer Art.

Für die Analyse der DNA und für morphologische Untersuchungen sammelten
die Forschenden neue Exemplare und nutzten zudem Vergleichspräparate, die
in den wissenschaftlichen Sammlungen des Australian Museum Sydney
hinterlegt sind. So habe sich ein sehr umfassendes Bild ergeben. „Keine
dieser Erkenntnisse wäre ohne den Rückgriff auf die historischen
Museumssammlungen und die internationale Zusammenarbeit möglich gewesen“,
erklärt die Erstautorin der Studie, Dr. Stephanie Loria vom LIB.

„In den wissenschaftlichen Sammlungen des Australian Museum Sydney und in
unseren Beständen in Hamburg haben wir Tiere aus dem gesamten
Verbreitungsgebiet, die teilweise vor Jahrhunderten gesammelt wurden“, so
Danilo Harms. Allein die arachnologische Sammlung in Hamburg beinhaltet
mehrere hundert Präparate der Trichternetz-Spinne.

Durch die Kombination der genetischen und morphologischen Daten fanden die
Forschenden heraus, dass die „echte“ Sydney-Trichterspinne (Atrax
robustus) hauptsächlich im Großraum Sydney und an der Central Coast
vorkommt. Eine zweite Art, die die Forschenden als „Südliche Sydney-
Trichterspinne“ (Atrax montanus) bezeichnen, ist weiter südlich und
westlich von Sydney beheimatet. Diese Art wurde schon einmal benannt,
jedoch bisher nicht als eigene Art akzeptiert. Die dritte und mit Abstand
größte Art wird in der aktuellen Publikation als „Newcastle Funnel-web“
(Atrax christenseni) neu beschrieben und stammt aus der Gegend von
Newcastle.

Diese Forschungsergebnisse sind nicht nur ein wichtiger Beitrag zur
Taxonomie, also der Lehre von der Klassifizierung von Organismen, sondern
auch relevant für die angewandte Wissenschaft, beispielsweise die
Giftforschung, betont Harms: „Studien haben gezeigt, dass Spinnengift
artspezifisch ist, wobei verschiedene Spinnenarten unterschiedliche
Giftprofile produzieren.“ Für die Trichternetzspinne sei bisher nicht
zwischen den Arten unterschieden worden. „Es wird interessant sein, in
Zukunft vergleichende Studien mit allen drei Arten im Großraum Sydney zu
sehen. Auch wenn es ein wirksames Gegengift gibt, kann die
Berücksichtigung der artspezifischen Unterschiede für die Herstellung von
Gegengiften für Bisse der Trichternetzspinne wertvoll sein.“

An der Beschreibung der drei neuen Arten haben neben den Forschenden des
LIB, der Uni Hamburg und der Flinders University auch Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler des Australian Museum Sydney and der University of
Sydney mitgewirkt. Die Forschung wurde finanziell von National Geographic
und der Australian Geographic Society unterstützt.