Zahlen zur Gewebespende 2024: Mehr Gewebespenden trotz gesunkener Spendenbereitschaft
Die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG)
erhielt in 2024 insgesamt 55.691 Spendermeldungen aus mehr als 300
medizinischen Einrichtungen. In 10.704 Aufklärungsgesprächen kam es
4.077-mal zu einer Zustimmung.
Das entspricht einer Zustimmungsquote von
38,1 Prozent. Im Jahr zuvor lag diese noch bei 40,6 Prozent und in 2022
sogar bei 42,2 Prozent. Trotz gesunkener Spendenbereitschaft konnte die
DGFG in 2024 insgesamt 3.698 Gewebespenden realisieren und dadurch 8.340
Patient:innen mit einem Gewebetransplantat versorgen.
Trotz erfreulicher Entwicklung in den Spendezahlen, überwiegt noch immer
der Bedarf an Augenhornhauttransplantaten und Herzklappen die Anzahl an
verfügbarem Gewebe. Zu den Herausforderungen im neuen Jahr zählen daher
der weitere Ausbau der Gewebespende bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen sowie
die Implementierung des Organspende-Registers im Spendeprozess.
Jährlich melden immer mehr Kliniken der DGFG potenzielle
Gewebespender:innen, weshalb die Anzahl an Aufklärungsgesprächen und
Gewebespenden weiter steigt. „Über diese anhaltend positive Entwicklung,
die wir seit 2007 erleben, freuen wir uns sehr. So konnten wir in 2024 zum
ersten Mal über 10.000 Aufklärungsgespräche zur Gewebespende führen.
4.077-mal erhielten wir eine Zustimmung. Allen Spender:innen und ihren
Angehörigen gilt an dieser Stelle unser ganz besonderer Dank“, sagt Martin
Börgel, Geschäftsführer der DGFG. Insgesamt hat die Spendenbereitschaft in
den letzten zwei Jahren jedoch abgenommen. Noch immer müssen zum Großteil
die Angehörigen im Sinne der Verstorbenen eine Entscheidung treffen. Nur
rund 30 Prozent aller potenziellen Spender:innen haben ihren Willen zu
Lebzeiten dokumentiert oder mündlich mitgeteilt. „Noch immer lassen zu
viele Menschen ihre Familie mit der Entscheidung zur Gewebespende allein.
Dass die Einführung einer Widerspruchslösung an diesem Umstand etwas
ändern kann, ist möglich. Wir blicken gespannt auf die politische Debatte
und wünschen uns für die Organ- und Gewebespende insgesamt eine breitere
Akzeptanz und Selbstverständlichkeit in der Bevölkerung.“
Die Augenhornhaut ist das am meisten gespendete Gewebe
3.607 der 3.698 Gewebespender:innen spendeten ihre Augenhornhaut. 7.195
Hornhautpräparate gingen zur Aufbereitung in die Gewebebanken im DGFG-
Netzwerk ein. Schließlich konnte die Vermittlungsstelle der DGFG 5.470
Patient:innen in 2024 mit einer Augenhornhaut versorgen. Dennoch stehen
mehr als 2.800 Patient:innen auf der Warteliste und es können nicht alle
Anfragen für ein Hornhauttransplantat unmittelbar bedient werden.
Augenhornhauttransplantate verhelfen Menschen mit schweren Erkrankungen
oder Verletzungen der Augenoberfläche zu klarer Sicht und neuer
Lebensqualität.
Weniger Gewebespenden bei Organspenden erschweren die Versorgung mit
Herzklappen
3.268 Gewebespenden (88,4%) realisierte die DGFG unabhängig von der
Organspende bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen bis zu 72 Stunden nach
Todeseintritt. Nur 392 Gewebespenden (10,6%) fanden bei Organspenden
statt. In 2023 lag diese Anzahl noch bei 432. Da aus diesen Spenden der
Großteil der Herzklappen und Blutgefäße stammt, konnten nur 191-mal das
Herz für die Gewinnung der Herzklappen oder auch Gefäße nach einer
Organspende entnommen werden. In 2023 war das 253-mal der Fall. Dieser
Rückgang erschwert die ohnehin angespannte Versorgungssituation: 167
Patient:innen konnte die DGFG mit einer Herzklappe versorgen – 30 weniger
als im Jahr zuvor. Dabei liegt der Bedarf dieser Gewebe bei mehr als 300
Herzklappen, gemessen an der Anzahl an Anträgen, die die DGFG von den
Kliniken in 2024 erhielt. Gerade junge Patient:innen sind auf humane
Herzklappen angewiesen, da sie mitwachsen können und keine
blutverdünnenden Medikamente erfordern. „Dieser hohe Mangel an Herzklappen
beeinträchtigt das Leben vieler Patientinnen und Patienten schwer. Wir
werden daher auch im kommenden Jahr gemeinsam mit den Kliniken die
Spendeprogramme bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen weiter ausbauen, um eine
verlässliche Alternative zur Organspende zu haben“, sagt Börgel. Da die
Gewebespende im Gegensatz zur Organspende nicht an die Hirntoddiagnostik
gebunden ist, treibt die DGFG das von der Organspende unabhängige
Spendeprogramm bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen weiter voran und bildet
eigene Teams für die Entnahmen aus. Herzklappen und Gefäße können bis zu
36 Stunden nach Todeseintritt entnommen werden. Neben dem begrenzten
Zeitfenster sind diese Gewebeentnahmen aufgrund ihres Umfangs im Vergleich
zu Augenhornhautspenden mit wesentlich höheren logistischen und
personellen Herausforderungen verbunden.
Rechtliche und technische Anbindung der Gewebeeinrichtungen an das
Organspende-Register in 2025
Das Organspende-Register nahm am 18. März 2024 seinen Betrieb auf. Seitdem
haben darin rund 212.000 [1] Bürger:innen ihre Entscheidung zur Organ- und
Gewebespende online hinterlegt. Entnahmekrankenhäuser fragen das Register
im möglichen Organspendefall bereits ab. Die Anbindung der
Gewebeeinrichtungen, die vierte und letzte Stufe der schrittweisen
Inbetriebnahme des Registers, verschiebt sich auf 2025. Im Laufe dieses
Jahres ist eine Gesetzesänderung geplant, die eine unmittelbare Anbindung
der behördlich gemeldeten Gewebeeinrichtungen vorsieht. Erst nach
Inkrafttreten dieser Änderung und der technischen Anbindung werden auch
Gewebeeinrichtungen wie die DGFG bei Gewebespenden nach Herz-Kreislauf-Tod
das Register abfragen können. Bis dahin sollten alternative Wege der
Entscheidungsdokumentation, wie der Organ- und Gewebespendeausweis oder
die Patientenverfügung, genutzt werden.
Amnion in der Wundversorgung vielfältig einsetzbar
Die Amnionmembran der Plazenta kann bei schweren Wundheilungsstörungen
aller Art und als Hautersatz bei Verbrennungen eingesetzt werden. Sie
zeichnet sich durch besonders wundheilungsfördernde und
schmerzreduzierende Eigenschaften aus und stellt auch außerhalb der
Augenheilkunde eine wertvolle Behandlungsoption in der Wundversorgung dar:
Sechsmal setzten Mediziner:innen die Amnionmembran ein, um bei
Patient:innen einen Wundverschluss zu erzielen. Die DGFG erwartet in 2025
weiter steigende Anfragen für das Gewebe, das werdende Mütter im Rahmen
einer Lebend-Gewebespende bei geplanter Kaiserschnittgeburt spenden
können. Insgesamt konnte die DGFG im letzten Jahr 2.549
Amniontransplantate abgeben.
Hinweis an die Redaktion: Weitere Zahlen zur Gewebespende sowie
Bildmaterial zu finden unter https://gewebenetzwerk.de/pres
Über die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG)
Die DGFG fördert seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in
Deutschland. Auf Basis des Gewebegesetzes von 2007 sind alle Tätigkeiten
und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle
Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre
Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten
Warteliste. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von
der DGFG beziehen. Als unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft wird die
DGFG ausschließlich von öffentlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens
getragen: Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule
Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-
Klinikum Neubrandenburg. Die DGFG ist in ihrer Aufbaustruktur, der
Freiwilligkeit der Unterstützung durch die Netzwerkpartner:innen und ihrer
Unabhängigkeit von privaten oder kommerziellen Interessen einzigartig in
Deutschland.
[1] Ärzte Zeitung vom 05.12.2024:
https://www.aerztezeitung.de/P
Register-454927.html