Nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt von Magdeburg / DZPG: Trauma bei Betroffenen oft erst später sichtbar
Linksammlung zu niederschwelligen und bedarfsgerechten Angeboten in
psychischer Ausnahmesituation
Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt verlangt schnelle und
wirksame Antworten in einer Ausnahmesituation – das sagen Expertinnen und
Experten des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG). Demnach
braucht es jetzt eng vernetzte, stufenweise organisierte Netzwerke aus
Fachleuten der psychischen Gesundheit, die regional und kapazitär
zusammenarbeiten und alle nötigen Expertisen bündeln. Denn die Vielzahl an
Betroffenen stellt nicht nur diese selbst, sondern auch ihre Angehörigen
und die Hilfesysteme vor große Herausforderungen.
„Dabei sind zwei Dinge zu unterscheiden: Die unmittelbaren Krisen im
Kontext der Ereignisse und Traumafolgestörungen. Letztere entwickeln sich
meist erst in den Wochen danach“, sagt Prof. Martin Walter, Sprecher des
DZPG-Standorts Halle-Jena-Magdeburg. „Die Entwicklung fällt dann meist
erst im sozialen Netz der Betroffenen auf, wenn sich Freunde oder
Familienangehörige zurückziehen oder eine Veränderung im Verhalten
auffällt. Betroffene und Angehörige, aber auch Arbeitskollegen und Lehrer
brauchen daher leicht zugängliche Informationen, auch dazu, was die
eigenen Grenzen angeht.“
Gerade in der bevorstehenden Ferienzeit kommt einem intakten sozialen bzw.
familiären Umfeld bei der Beobachtung von Anpassungsreaktionen eine
besondere Bedeutung zu. „Vor allem Kinder- und Jugendliche sind eine
besondere Risikogruppe, falls ihr eigenes Netz keine ausreichende
Unterstützung bietet“, sagt Prof. Dr. Silvia Schneider, Professorin für
Kinder- und Jugendpsychotherapie und Sprecherin des Standorts Bochum-
Marburg.
Die Fachleute sagen zudem, dass neben den unmittelbar Betroffenen bei
derartigen Großschadensereignissen, gerade auch wegen der großen medialen
Präsenz, auch an mittelbar betroffene Risikogruppen gedacht werden muss.
„Menschen mit erhöhter Vulnerabilität, sei diese durch psychische
Vorerkrankungen oder aktuelle psychosoziale Umstände bedingt, können
aufgrund einer ungünstigen Verarbeitung mit psychischen Beschwerden
reagieren und auch dann psychische Hilfe benötigen, wenn sie nicht direkt
beteiligt waren“, sagt Prof. Dr. Dr. Andreas Heinz, DZPG-Sprecher und
Direktor der psychiatrischen Universitätsklinik an der Charité in Berlin-
Mitte.
Auf der Homepage des DZPG finden sich aus aktuellem Anlass Links zu
niederschwelligen Anlaufstellen. Sie bieten krisenpsychologische,
seelsorgerische und medizinische Unterstützung. Von dort werden Betroffene
bei Bedarf an spezialisierte Partner des DZPG wie Traumaambulanzen in
Magdeburg und benachbarten Städten weitervermittelt.
Auf der Homepage des DZPG haben die Expertinnen und Experten
Unterstützungsangebote gebündelt: https://www.dzpg.org/linkliste