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Start-up bringt Quantensensor zur Marktreife: SpinMagIC erhält EXIST- Forschungstransfer-Förderung

Damit soll die Haltbarkeitsmessung im Mini-Format funktionieren: links der Permanentmagnet und daneben die grüne Leiterplatte, die links einen winzigen chip-integrierten Quantensensor trägt.  SpinMagIC
Damit soll die Haltbarkeitsmessung im Mini-Format funktionieren: links der Permanentmagnet und daneben die grüne Leiterplatte, die links einen winzigen chip-integrierten Quantensensor trägt. SpinMagIC
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Egal ob Bier, Kaffeebohnen, Joghurt oder Schmieröl: Ein Gerät, das locker
auf eine Hand passt, kann die Haltbarkeit von Substanzen messen. Die Idee:
Die Technologie in die Lebensmittelindustrie bringen.

Als Spin-off erhält
die Ausgründung aus der Universität Stuttgart Mittel der EXIST-
Forschungstransfer-Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Klimaschutz (BMWK).

„Der Quantensensor steht bereits greifbar in der Tür. Jetzt müssen wir ihn
mit ordentlich PS auf den Markt bringen“, sagt Prof. Jens Anders. Genau
daran arbeiten vier junge Männer. Mit ihrem Spin-off SpinMagIC möchten sie
Haltbarkeitsmessungen mit Hilfe eines Quantensensors möglichst einfach
gestalten. Zwei von ihnen, Belal Alnajjar und Anh Chu, sind Doktoranden
von Anders und tüfteln in den Labors an der Universität Stuttgart, im
Institut für Smarte Sensoren (IIS). Die beiden anderen – der Physik-
Doktorand Michele Segantini und Jakob Fitschen, der die Ausgründung
finanziell managen und profitabel machen soll, – arbeiten vom Helmholtz
Zentrum Berlin (HZB) aus, unterstützt von Prof. Klaus Lips, Leiter der
Abteilung „Spins in der Energieumwandlung und Quanteninformatik“. Anders
und Lips kennen sich bestens mit der Messung von Elektronenspinresonanzen,
kurz ESR, aus. Ein Verfahren, das besonders reaktionsfreudige Moleküle
misst. Sie erhielten dafür 2019 den HZB-Preis für Technologietransfer.

Teamwork in Stuttgart und Berlin, um tragbaren Quantensensor zu entwickeln

Der Startschuss für die Förderung durch das BMWK fiel am 1.Oktober 2024.
Nun haben die vier Gründer zwei Jahre Zeit, ihr Spin-off erfolgreich zu
machen. Unterstützt werden die Doktoranden durch das Institut für
Entrepreneurship (ENI), die Technologie-Transfer-Initiative TTI GmbH und
das Transfercenter TRACES der Universität Stuttgart sowie die
Landesinitiative „NXTGN“ (ehemals Gründermotor). Die drei Doktoranden aus
Stuttgart und Berlin arbeiten schon seit einigen Jahren in
unterschiedlichen Projekten zusammen und kennen sich sehr gut. Jakob
Fitschen stieß vor einem halben Jahr dazu. Teamwork ist das A und O bei
der Entwicklung des hochkomplexen tragbaren Quantensensors.

SpinMagIC setzt auf Quantensensoren, mit denen sich reaktionsfreudige
Moleküle, freie Radikale, ermitteln lassen. Jedes Material, das ungepaarte
Elektronen hat, kann mit dem Sensor quantitativ vermessen werden. Freie
Radikale lassen zum Beispiel Haut schneller altern. Sie sind ebenso
verantwortlich dafür, dass sich Lebensmittel zersetzen. Um freie Radikale
messbar zu machen, gibt es die ESR – „bereits seit 80 Jahren“, merkt
Anders an. Bislang war deren Nutzung begrenzt, weil die Geräte zu sperrig
waren mindestens eine Tonne wogen und mehrere Hunderttausend Euro
kosteten. Auch verfügbare Tischgeräte wiegen etwa 120 Kilogramm und sind
sehr teuer. Ein Flaschenhalsproblem, das effiziente Abläufe oder die
breite Anwendung infrage stellt. Das ändert sich jetzt schlagartig:
Miniaturisierung ist das Zauberwort. Denn alles, was die Forscher für die
Messung von Haltbarkeiten brauchen, ist ein kleiner Permanentmagnet und
ein Mikrochip mit integriertem Schaltkreis.

Haltbarkeitsmessung von Flüssigkeiten anhand freier Radikale

Wie funktioniert die Messung? Tatsächlich ist der Microchip nicht mehr als
einen Quadratmillimeter klein. Er besteht aus Hochfrequenz-Schaltkreisen,
die die ungepaarten Elektronen anregen und deren Quantenantwort erfassen.
Für den Messvorgang schalten die Forscher eine Mikropumpe ein, die die
Probe auf den Chip transportiert oder tauchen den Sensor direkt in die zu
messende Flüssigkeit. Eine Anzeige verrät, wie groß die Menge an freien
Radikalen in der Probe ist. „Dieser Ansatz von 3D-gedruckten Strukturen
aus leichtem Filament ermöglicht einen kostengünstigen Weg zur
Realisierung von leistungsstarken Resonanzmagneten“, hebt der Physiker
Alnajjar hervor. Vor dem Druckprozess hat er zahlreiche Simulationen
durchgeführt, um nach der besten Option zu suchen. Rund 40 Gramm wiegt der
Magnet aus dem 3D-Drucker jetzt. Das Innere des Magneten besteht aus
Ringen. „Die Ringe sind so gewählt, dass das Magnetfeld sehr homogen
wird“, weiß Alnajjar. Das geringe Gewicht und die hohe Qualität sind
Schlüsselfaktoren für diese Magnete.

Auf die Wortschöpfung SpinMagIC – drei Bestandteile der Messung – sind die
Forscher stolz: Spin steht für die Elektronen, die einen eigenen
Drehimpuls mitbringen, Mag für Magnet, der die Messung ermöglicht und IC
für den integrierten Schaltkreis. Die Aufgabenteilung ist klar: „Wir in
Stuttgart sind für die Entwicklung der Kerntechnologie verantwortlich“,
betont Elektrotechniker Chu. Dies sind der Permanentmagnet und die
Leiterplatte, die einen winzigen chip-integrierten Quantensensor trägt.
Segantini, der Physiker in Berlin, kümmert sich um die Anwendungen anhand
erster Beispiele, etwa der Messung von Lebensmittelhaltbarkeit. Er hat
insbesondere gute Verbindungen in die Olivenölproduktion. Geplant ist, das
Endprodukt in zwei Jahren marktreif zu haben und erste Pilotkunden zu
akquirieren, die es testen wollen. „Extrem klein und extrem preiswert mit
einer sehr hohen Messgenauigkeit“, hebt Chu die hohen Anforderungen der
Lebensmittelindustrie und somit auch ihren Ansporn hervor.

Einsatz von Lebensmittelindustrie über Pharmazie bis Umweltverschmutzung

Das Verfahren kann auch genutzt werden, um den Zustand von Akkus zu
bestimmen. Folgen könnten außerdem Katalyseprozesse, die häufig in der
chemischen Industrie für die Polymerisation von Molekülen angewendet
werden. Auch Prozesse aus der pharmazeutischen Industrie sind denkbar,
ebenso Verschmutzungen in der Luft oder in Wasser. „Für die kommenden zwei
Jahre haben wir ein festgelegtes Budget vom BMWK“, so Chu. Hierfür ist die
Finanzierung der Ausgründung also gesichert. „Aber anschließend sind wir
offen für Wagniskapitalgeber oder private Investoren.“

Noch passen die Teile nicht in eine Smartwatch. Aber die Forscher haben
sich vorgenommen, die Gerätschaften für die Messung langfristig in einem
noch kleineren Tool unterzubringen.