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Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen durch globale Krisen belastet

Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer und Dr. Anne Kaman, Leiterinnen der COPSY-Studie  Axel Kirchhof  UKE
Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer und Dr. Anne Kaman, Leiterinnen der COPSY-Studie Axel Kirchhof UKE
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Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist auch Jahre nach
der Corona-Pandemie noch deutlich schlechter als vor der Pandemie. Das
zeigen die Ergebnisse der sechsten und siebten Befragungsrunde der COPSY-
Studie (COrona und PSYche) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf
(UKE).

Hatte sich das psychische Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen
nach der Pandemie zunächst verbessert, setzte sich dieser Trend im Herbst
2024 nicht weiter fort – insgesamt berichten etwa fünf Prozent mehr Kinder
und Jugendliche über eine schlechtere psychische Gesundheit als vor der
Pandemie.

21 Prozent der jungen Menschen berichten von einer anhaltenden
Beeinträchtigung der Lebensqualität, 22 Prozent leiden weiterhin unter
psychischen Auffälligkeiten. Vor allem die Kriege in der Ukraine und im
Nahen Osten, wirtschaftliche Unsicherheiten und der Klimawandel bereiten
den Kindern und Jugendlichen Sorgen.

„Unsere COPSY-Studie zeigt eine signifikante Verschlechterung der
psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu Beginn der Pandemie
und eine langsame Verbesserung in den Folgejahren. Doch jetzt stellen wir
fest, dass diese Zahlen stagnieren und im Vergleich zu präpandemischen
Daten immer noch hoch sind. Inzwischen wird das Wohlbefinden nicht mehr
durch die Corona-Pandemie beeinträchtigt. Jetzt beeinflussen Ängste,
insbesondere im Zusammenhang mit globalen Konflikten und der Klimakrise,
die Lebensqualität und das Wohlbefinden. Wir konnten feststellen, dass
Risikofaktoren wie sozioökonomische Benachteiligung die Wahrscheinlichkeit
für psychische Probleme erhöhen, während Kinder und Jugendliche, die
optimistisch und zuversichtlich in die Zukunft schauen und sich von ihrem
sozialen Umfeld gut unterstützt fühlen, besser geschützt sind“, fasst
Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der COPSY-Studie und Direktorin
der Forschungssektion Child Public Health der Klinik und Poliklinik für
Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE
die aktuellen Studienergebnisse zusammen.

Lebensqualität und psychische Gesundheit im Verlauf
Die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen verschlechterte sich zu
Beginn der Pandemie im Vergleich zu den präpandemischen Daten (der BELLA-
Studie im Zeitraum von 2014 bis 2017) deutlich. Insbesondere im Winter
2020/21, während des zweiten bundesweiten Lockdowns, berichtete fast die
Hälfte der Kinder und Jugendlichen (48 Prozent) über eine geminderte
Lebensqualität. In den Jahren 2022 und 2023 verbesserte sich die
Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen dann wieder. Dieser Trend
setzte sich jedoch im Herbst 2024 (siebte Befragungsrunde) nicht fort. 21
Prozent der jungen Menschen gaben weiterhin eine geminderte Lebensqualität
an. Damit liegt die Prävalenz immer noch etwa fünf Prozent über den Werten
vor der Corona-Pandemie.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den psychischen Auffälligkeiten. Sie
haben im Pandemieverlauf zunächst deutlich auf 30 Prozent zugenommen und
gingen dann in den Jahren 2022/2023 wieder zurück. Heute leiden immer noch
22 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter psychischen Auffälligkeiten,
das sind ebenfalls etwa fünf Prozent mehr als vor der Pandemie.

„Neben der Lebensqualität und allgemeinen psychischen Auffälligkeiten
haben wir auch spezifische psychische Belastungen wie Angstsymptome und
depressive Symptome untersucht und dabei einen sehr ähnlichen Verlauf
festgestellt. Ein weiteres zentrales Thema ist die Einsamkeit bei Kindern
und Jugendlichen: 21 Prozent der Befragten gaben an, sich einsam zu fühlen
– vor der Pandemie waren es lediglich 14 Prozent“, erklärt Dr. Anne Kaman,
stellvertretende Leiterin der Forschungssektion Child Public Health der
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie
und -psychosomatik des UKE.

Deutliche Zunahme der Besorgnis über globale Themen wie Kriege und
Klimawandel
Im Herbst 2023, in der sechsten Befragungsrunde, gab etwa die Hälfte der
Kinder und Jugendlichen an, sich in unterschiedlichem Maße Sorgen über
verschiedene Krisen zu machen, insbesondere über globale Konflikte wie
Kriege, Terrorismus, die Wirtschafts- und die Klimakrise. Ein Jahr später
ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die sich diesbezüglich Sorgen
machen, signifikant gestiegen. 72 Prozent der Befragten gaben an, sich
wegen der aktuellen Kriege und Terrorismus zu sorgen, 62 Prozent wegen der
wirtschaftlichen Unsicherheit und 57 Prozent wegen der Klimakrise. Diese
krisenbezogenen Ängste stehen im engen Zusammenhang mit einem erhöhten
Risiko für psychische Belastungen.
Im Gegensatz zu diesen neuen globalen Sorgen sind die Bedenken über die
COVID-19-Pandemie in diesem Zeitraum deutlich zurückgegangen. Im Herbst
2024 gaben nur noch 15 Prozent der Befragten an, sich deshalb zu sorgen.

Intaktes soziales Umfeld schützt vor psychischen Beeinträchtigungen
Kinder mit starken sozialen und familiären Ressourcen haben eine bessere
psychische Gesundheit und sind weniger von Ängsten und depressiven
Symptomen betroffen. Dagegen sind Kinder, die aus Familien mit geringem
Bildungsniveau stammen, die in beengten Wohnverhältnissen aufwachsen und
deren Eltern psychisch belastet sind, im Hinblick auf ihre psychische
Gesundheit besonders gefährdet.

Einfluss sozialer Medien
Die COPSY-Studie zeigt auch, dass ein Drittel (32 Prozent) der Kinder und
Jugendlichen in sozialen Medien regelmäßig mit belastenden Inhalten wie
ungefilterte Nachrichten über Krisen konfrontiert wird. Ein Fünftel fühlt
sich durch Ausgrenzung und Abwertung in sozialen Medien zusätzlich
belastet. Die Erfahrungen, die Kinder und Jugendliche in den sozialen
Medien machen, können ebenfalls dazu beitragen, dass sie sich psychisch
belastet fühlen.

Über die Studie
In der COPSY-Studie untersuchen die UKE-Forschenden die Auswirkungen und
Folgen der Corona-Pandemie und globaler Krisen auf die seelische
Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in
Deutschland. Insgesamt haben 2.865 Familien mit Kindern und Jugendlichen
im Alter von 7 bis 22 Jahren an mindestens einer Befragungswelle der
COPSY-Studie von Mai 2020 bis Oktober 2024 teilgenommen. Die 11- bis
22-Jährigen füllten ihre Online-Fragebögen selbst aus. Für die 7- bis
10-Jährigen antworteten die Eltern. Die Mehrheit der Eltern hatte einen
mittleren Bildungsabschluss. Etwa ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen
hatte einen Migrationshintergrund und ein Fünftel der Eltern war
alleinerziehend.