Fische und Forschung: Neue Behandlungsansätze bei Knochenerkrankungen älterer Menschen

Mit zunehmendem Alter nehmen Muskelmasse und Muskelkraft immer weiter ab,
sodass gerade Hochaltrige vermehrt mit funktionellen Einschränkungen zu
kämpfen haben.
Das führt vermehrt zu Stürzen und schweren Verletzungen.
„Immer mehr Betroffene brauchen mehr Hilfe im Alltag, die Kosten für die
medizinische Versorgung nehmen zu. Um beides zu begrenzen und vor allem
die Mobilität älterer Patientinnen und Patienten so lange wie möglich zu
erhalten, müssen wir die Forschung zum alternden Knochen weiter ausbauen“,
fordert Professor Markus Gosch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Geriatrie (DGG).
Neue Ansätze bieten beispielsweise innovative Senolytika-
Therapiemöglichkeiten oder Untersuchungen an Fischen der Art
„Nothobranchius-furzeri“. „Was erstmal ungewöhnlich klingt, könnte
zukünftig bei der Sarkopenie-Therapie helfen. Wir brauchen innovative
Ansätze.“
Senolytika sind Moleküle, die jene gealterten Körperzellen gezielt
eliminieren, die nicht mehr richtig funktionieren und Entzündungen
fördern. Diese Zellen sind mit verschiedenen altersbedingten Erkrankungen
und dem Alterungsprozess selbst verbunden. „Senolytika – als Medikamente –
könnten verstärkt zur Behandlung von Alterskrankheiten wie Morbus
Alzheimer, Morbus Parkinson, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose
eingesetzt werden. Durch die Reduzierung geschädigter Zellen könnte das
Fortschreiten dieser Erkrankungen verlangsamt oder sogar gestoppt werden“,
sagt Professor Peter Pietschmann, Leiter der Abteilung für Zelluläre und
Molekulare Pathophysiologie an der Medizinischen Universität Wien. Das
Ziel müsse sein, seneszente Zellen – also Zellen, die bestimme ungünstige
Faktoren produzieren – durch den gezielten Einsatz einer Senolytika-
Therapie zu reduzieren. „Wenn uns das durch eine intensivere Forschung
gelingt, könnten wir nicht nur mehrere für das Altern typische
Erkrankungen beeinflussen, sondern auch die Lebensqualität älterer
Menschen verbessern.“
Forschung an Fischen: Gene zur Alternssteuerung herausfiltern
Vielversprechende Forschungsansätze seien dabei die Mikrountersuchung von
Knochenstrukturen – insbesondere an Fischen der Art „Nothobranchius-
furzeri“. Dieser bis zu sechs Zentimeter lange Türkise
Prachtgrundkärpfling hat nur eine kurze Lebensdauer von etwa drei bis vier
Monaten. „Deswegen können wir an diesen Exemplaren die Alterungsprozesse
in kurzer Zeit hervorragend beobachten und analysieren“, sagt Pietschmann.
„Hier müssen wir uns verstärkt darauf konzentrieren, präzise die Gene zur
Alternssteuerung herauszufiltern. Nur so können wir noch genauer
beschreiben, was im alternden Knochen passiert und wie wir diese Prozesse
beeinflussen könnten.“ Was Untersuchungsdaten schon jetzt zeigen, die auf
genau diesen Forschungsansätzen basieren: „Gezielte Osteoporose-Therapien
zeigen auch bei Patientinnen und Patienten im höheren Lebensalter Wirkung.
Das ist ein klares Signal, daran weiter zu forschen!“
Zur Person:
Professor Peter Pietschmann ist Leiter der Abteilung für Zelluläre und
Molekulare Pathophysiologie an der Medizinischen Universität Wien. Der
Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie und Pathophysiologie
untersuchen zusammen mit seinem Team die Biologie und Pathophysiologie des
Knochens. Dafür nutzt er molekulare, zelluläre und translationale Ansätze
anhand von In-vivo- und In-vitro-Studien. Pietschmann leistete zahlreiche
wichtige und innovative Beiträge auf dem Gebiet der Knochen- und
Osteoporose-Forschung und war einer der ersten, der die Wechselwirkungen
zwischen Knochen und Immunsystem beschrieb, ein Gebiet, das heute als
„Osteoimmunologie“ bezeichnet wird. Peter Pietschmann ist derzeit
Präsident der European Calcified Tissue Society (ECTS) und
Vorstandsmitglied der Austrian Bone and Mineral Society (ABMS).