Aktualisierte S3-Leitlinie zu Leber- und Gallenblasenkrebs: neue Empfehlungen zur Systemtherapie
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum Hepatozellulären
Karzinom (HCC) und zu biliären Karzinomen aktualisiert. Die nunmehr fünfte
Version der Leitlinie zu diesen beiden Tumorentitäten beinhaltet beim HCC
insbesondere Aktualisierungen bei der Diagnostik und Systemtherapie.
Aktualisierungen bei den biliären Karzinomen betreffen die Risikofaktoren
und ebenfalls Empfehlungen zur Systemtherapie.
Die Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für
Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und
unter Mitwirkung von 36 Fachgesellschaften und Organisationen. Finanziert
wurde sie von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms
Onkologie.
Das Hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die häufigste Form von Leberkrebs
und zählt mit rund 9.800 Neuerkrankungen pro Jahr zu den seltenen
Krebserkrankungen. Mit zugleich schlechter Prognose und fast 8.200
Todesfällen gehört Leberkrebs zu den häufigsten Krebstodesursachen. Zu den
wichtigsten Risikofaktoren gehören die Leberzirrhose und eine chronische
Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus.
Neuerungen in der Systemtherapie des Hepatozellulären Karzinoms
„Für nicht operable Patient*innen stehen verschiedene medikamentöse
Therapien zur Erstlinienbehandlung zur Verfügung, die in der
aktualisierten Leitlinie aufgrund neuer Studiendaten angepasst wurden“,
sagt Prof. Nisar Malek, Medizinische Klinik Universitätsklinikum Tübingen.
Zusammen mit Prof. Michael Bitzer und Dr. Sabrina Groß – beide ebenfalls
vom Universitätsklinikum Tübingen – sowie Prof. Peter Galle,
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist er
Koordinator der S3-Leitlinie. Er führt weiter aus: „Bei den Wirkstoffen
handelt es sich um Checkpoint-Inhibitoren, VEGF-Inhibitoren und
Tyrokinase-Inhibitoren, die in unterschiedlichen Kombinationen oder auch
als Monotherapie zur Anwendung kommen.“ Zudem betont Malek, dass
Patient*innen mit einem Hepatozellulären Karzinom vor einer Behandlung und
auch bei Änderung der Therapiestrategie in einer interdisziplinären
Tumorkonferenz vorgestellt werden sollen.
Eine weitere Neuerung in der aktualisierten Leitlinie betrifft die
Terminologie: Hier wurde die neue Nomenklatur zur MASLD (Metabolic
Dysfunction Associated Steatotic Liver Disease; metabolische Dysfunktion
assoziierte steatotische Lebererkrankung) anstelle der nicht-alkoholischen
Fettlebererkrankung umgesetzt und die NASH wurde dementsprechend zu MASH
(metabolic dysfunction-associated steatohepatitis). „Die neuen
Fachbegriffe ermöglichen exaktere Diagnosen, und die vorherigen
Bezeichnungen, die als stigmatisierend empfunden werden könnten, werden
dadurch vermieden“, erläutert Galle.
Biliäre Karzinome: Epidemiologie und Neuerungen in der Systemtherapie
Zu biliären Karzinomen (auch Cholangiokarzinome, CCA) zählen
Gallenblasenkarzinome und Tumoren der Gallenwege. In Deutschland gibt es
etwa 7.000 Neuerkrankungen pro Jahr, wobei Frauen häufiger erkranken als
Männer. Der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung eines
Gallenblasenkarzinoms sind Gallensteine. Neben weiteren Risikofaktoren
wurden neu in der Leitlinie bestimmte erbliche Veranlagungen wie das
Vorliegen eines Lynch-Syndroms und BRCA-Keimbahnmutationen als
Risikofaktoren benannt. Die langfristige Prognose des
Gallenblasenkarzinoms ist insgesamt sehr schlecht, mit einer 5-Jahres-
Überlebensrate zwischen fünf bis 15 Prozent. Wenn der Krebs jedoch in
einem frühen Stadium erkannt und angemessen behandelt wird, können 5
-Jahres-Überlebensraten von 75 Prozent erreicht werden. Aktuell bietet die
komplette chirurgische Resektion den einzigen kurativen Therapieansatz.
Postoperativ sollte eine adjuvante Therapie erfolgen.
Die Empfehlungen zur systemischen Erstlinientherapie wurden erneut
modifiziert und um eine Kombinationstherapie mit einem weiteren Antikörper
erweitert. „Wenn eine Erstlinientherapie nicht anschlägt oder nicht
vertragen wird, sollte spätestens vor Beginn einer Zweitlinientherapie
eine molekulare Charakterisierung des Tumors erfolgen und Patient*innen
sollten in einem molekularen Tumorboard vorgestellt werden“, so Malek.
„Denn diese Tumorentität eignet sich – je nach Art der Veränderungen – in
besonderem Maße für eine Behandlung mit einer molekular gerichteten
Therapie.“
Die S3-Leitlinie zum Hepatozellulären Karzinom (HCC) und zu biliären
Karzinomen ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www
.leitlinienprogramm-onkologie.
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert.
Weitere Informationen unter: https://www.leitlinienprogramm
onkologie.de/app/
Das Leitlinienprogramm Onkologie
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für
Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei
speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument
zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die
Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten
Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung
und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und
praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen.
Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 34 S3-Leitlinien, die zu einem
großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen.
Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft
zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr
fast 7000 in Klinik und Forschung tätige Ärztinnen und Ärzte unter einem
Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und
Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv
den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die
Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und
Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle der
Patientinnen und Patienten. https://www.dgvs.de/