Online-Nachrichten: Menschen konsumieren passend zur eigenen politischen Überzeugung
Im digitalen Zeitalter zeigen sich deutliche individuelle Unterschiede im
Online-Nachrichtenkonsum, insbesondere in Bezug auf politische Inhalte.
Eine neue Studie des GESIS – Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften in
Zusammenarbeit mit der Universität Mannheim hat ergeben, dass politischer
Nachrichtenkonsum im Vergleich zu nicht-politischen Inhalten seltener ist
und stärker mit der eigenen politischen Vorprägung zusammenhängt.
Besonders auffällig ist diese Entwicklung in den USA, wo die
konservativsten Nachrichtennutzer*innen dazu neigen, stark
rechtsgerichtete Quellen für politische Nachrichten zu bevorzugen.
Die Untersuchung basiert auf den Web-Browsing-Daten und Umfragedaten von
über 7000 Teilnehmenden aus sechs entwickelten Demokratien. Die Ergebnisse
zeigen, dass auf Nachrichtenseiten politische Inhalte deutlich seltener
konsumiert werden als nicht-politische Inhalte wie Sport oder
Unterhaltung. Wenn politische Nachrichten konsumiert werden, entsprechen
die Nachrichtenquellen oft der ideologischen Vorprägung der Nutzer*innen.
Beispielsweise bezogen konservative amerikanische Teilnehmende politische
Nachrichten am häufigsten von Fox News. In den USA ist dieses Muster
besonders ausgeprägt, aber auch in europäischen Ländern wie Spanien und
Italien zeigt sich ein ähnliches, wenn auch weniger stark ausgeprägtes
Muster. Ein Blick auf die Dauer der individuellen Nachrichtennutzung zeigt
zudem, dass sich Menschen intensiver mit politischen Nachrichten
auseinandersetzen, die ihrer eigenen politischen Ideologie entsprechen.
„Die Ergebnisse sind überwiegend konsistent mit der Literatur zu
Mediensystemen und jüngeren Studien aus den USA. Neu ist jedoch, dass die
Nutzer*innen bei der Auswahl von Nachrichtenquellen so stark von ihren
Nutzungsinteressen wie Politik oder Unterhaltung geleitet werden“, so
Sebastian Stier, Koautor der Studie und Professor für Computational Social
Science an der Universität Mannheim sowie Leiter der Abteilung
Computational Social Science bei GESIS.
Methodische Innovationen und künftige Forschungsrichtungen
Die Studie nutzt eine Kombination aus passiv erhobenen Web-Browsing-Daten
und Umfragen, um die Grenzen traditioneller Forschungsansätze zu
überwinden. Durch den Einsatz von maschinellem Lernen zur Unterscheidung
von politischen und nicht-politischen Nachrichteninhalten konnten die
Forschenden eine präzisere Analyse der Nachrichtennutzung vornehmen. Stier
betont die Notwendigkeit weiterer Forschung: „Es ist wichtig, auch
Wirkungsstudien durchzuführen, um ein umfassenderes Bild der Folgen von
ideologisch geprägter Nachrichtennutzung auf die demokratische
Willensbildung zu erhalten.“
GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften st eine
forschungsbasierte Infrastruktureinrichtung für die
Sozialwissenschaften und führt eigene interdisziplinäre Forschung durch.
GESIS konzentriert sich auf die Forschungsbereiche Survey Methodology,
Computational Methods, Research Data Management und Substantive Research.
Die Ergebnisse der Forschung dienen sowohl der Gewinnung
wissenschaftlicher Erkenntnisse als auch der nachhaltigen Verbesserung
der GESIS-Angebote für die Sozialwissenschaften. Mit seinen Angeboten
unterstützt GESIS Forschende, die mit quantitativen Daten zu
sozialwissenschaftlichen Fragestellungen arbeiten.