NACHGEFRAGT: “Die Notfallmedizin ist seit Jahrzehnten ein wichtiges Anwendungsfeld für POCT”
(www.medlabportal.de) Die Labormedizin setzt auf POCT: Am 25. und 26.
September 2024 findet das Point-of-Care Testing Symposium (POCT) im
Congress Center Bremen statt. MedLabPortal sprach mit Astrid Petersmann,
die neben Peter B. Luppa Tagungspräsidentin der Veranstaltung ist.
Petersmann hat die Professur für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin
(IKCL) der Universitätsmedizin Oldenburg inne. Sie ist Fachärztin für
Laboratoriumsmedizin, sowie Diplombiologin, und leitet das IKCL am
Klinikum Oldenburg seit 2020. 2023 wurde sie von dem Nutzungsrat der
Biobankstruktur zur wissenschaftlichen Leitung der CF Biobankstruktur
gewählt.
MedLabPortal: Frau Prof. Petersmann, das Journal of Laboratory Medicine
hat dem Thema POCT-Symposium einen ganzen Übersichtsartikel eingeräumt,
wir haben darüber bei MedLabPortal berichtet (DKLM 2024: The Scientific
Program – MedLabPortal). Welcher Vortrag hat für Außenstehende den
größten “News to Use” Wert?
Petersmann: Die Versorgung im ländlichen Raum ist eine große
Herausforderung, bei der POCT z.B. für die kardiovaskuläre Risikoerfassung
eine wichtige Rolle einnehmen kann. Ebenso bringt die Digitalisierung der
Arbeitsbereiche anderer Berufsgruppen Synergien für POCT Krankenhaus mit
sich.
MedLabPortal: Als Laien verbinden wir mit POCT so etwas wie die Testungen
während der Coronapandemie. Neulich durften wir aber erfahren, dass POCT
auch in der Notfallmedizin zum Einsatz kommt. Warum das?
Petersmann: Die Notfallmedizin ist seit Jahrzehnten ein wichtiges
Anwendungsfeld für POCT. Dies sieht man sehr gut am Beispiel der
Blutgasanalytik, die Vitalparameter in der Notaufnahme, den OP-Bereichen
und den Intensivstationen minutenschnell für beatmete Patienten zur
Verfügung stellt. Besonders widmen werden wir uns im Rahmen des POCT-
Symposiums dieses Mal u.a. auch dem Gerinnungsmanagement, einem weiteren
Anwendungsfeld des POCT in der Notfallmedizin.
MedLabPortal: Das Symposium behandelt auch das Thema KI. Welche Rolle
spielt diese im POCT-Bereich?
Petersmann: Bei der Entwicklung neuer Messtechnologien sowie bei der
Verarbeitung umfangreicher Messdaten wie sie z.B. bei dem kontinuierlichen
Glukosemonitoring anfallen kommt KI immer wieder zum Einsatz.
MedLabPortal: Gibt es dazu eine eigene KI, oder vertraut man alles Sam
Altman, dem Gründer von Open AI und gewissermaßen Vater von ChatGPT, an?
Petersmann: Hier sind Wissenschaft und Industrie gleichermaßen aufgerufen
unabhängige und transparente Plattformen zu entwickeln und zum Einsatz zu
bringen. Im regulierten Bereich der Patientenversorgung ist der Einsatz
von KI mit großen Herausforderungen verbunden, im Bereich der Forschung
und Entwicklung von Technologien gibt es hier mehr Freiheitsgrade.
MedLabPortal: Uns hat, ganz unabhängig vom Symposium, das Thema Biobanken
interessiert. Wozu brauchen wir die eigentlich heutzutage?
Petersmann: Biobanken sind eine wichtiges Element um die
Biomarkerforschung schnell und agil zu gestalten. Studien benötigen oft
Jahre bis Jahrzehnte um Krankheitsverläufe zu beobachten und daraus
Erkenntnisse zu gewinnen. Wenn diese Studien zeitgleich Probensammlungen
ihrer medizinisch gut beschriebener Patientengruppen anlegen, können diese
Proben mittels neue Technologien untersucht werden und großen Nutzen für
die Patientinnen und Patienten stiften. Die aufwändige Rekrutierung von
Patienten entfällt dann weil medizinische Daten und vor allem Proben
bereits vorliegen.
MedLabPortal: Beim Begriff “Banken” fallen einem aber gleich die
Sicherheitsaspekte ein. Wie wird gewährleistet, dass Dritte keinen
unberechtigten Zugriff auf die Daten dieser Biobanken erhalten können?
Petersmann: Der Bereich der Probensammlungen in Biobanken ist
hochreguliert und bedarf immer auch der Zustimmung der zuständigen
Ethikkommission sowie der Datenschutzbeauftragten. Vor einer Zustimmung
werden sehr viele Aspekte umfassend geprüft. Das schließt die Definition
der Zugriffsrechte sowie der Schutz vor Unbefugten Zugriff
selbstverständlich ein.
MedLabPortal: Und diese Daten sind für die patientennahe Diagnostik,
worunter POCT fällt, relevant?
Petersmann: Teste, die für die Anwendung als POCT entwickelt werden,
greifen ebenso auf Daten und Proben in Biobanken zurück wie herkömmliche
Teste.
MedLabPortal: Die angekündigten Vorträge auf dem Symposium finden wir
spannend. Weniger spannend fanden wir die Preise für Studierende und
Schülerinnen oder Schüler. 75 Euro Eintritt. Ernsthaft?
Petersmann: Die enge Verknüpfung beider Kongresse ist bereits sehr gut
gelungen. Was die gemeinsame Preisgestaltung angeht dürfen wir uns
offensichtlich noch verbessern.
MedlabPortal: Da wir die Veranstalter nicht ruinieren möchten, verraten
wir das nur unter vorgehaltener Hand: Studierende und Schülerinnen/Schüler
können sich für Null Euro eine DKLM-Tageskarte besorgen, und damit auch
das POCT-Symposium besuchen. Korrekt?
Petersmann: Hier hoffen wir, dass dies auch anderen nicht verborgen
geblieben ist.
MedLabPortal: Das gilt also für alle: Die DKLM Karte berechtigt auch zum
Besuch des POCT-Symposiums. Da freut und sehr.
Frau Petersmann, vielen Dank für Ihre Zeit.
Das Interview führten die MedLabPortal-Redakteure Marita Vollborn und Vlad
Georgescu