18 Jahre als Klinikdirektor am UKW: Prof. Dr. Jürgen Deckert nimmt Abschied


„Zentrum für Psychische Gesundheit“ in Würzburg etabliert / „Ambulante
Angebote werden an Bedeutung gewinnen“
Als er 1977 sein Medizinstudium in Würzburg begann, stand bereits fest:
„Ich will Psychiater werden.“ Das hat Prof. Dr. Jürgen Deckert auch
genauso umgesetzt. Ende September verabschiedet sich der langjährige
Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW). 2006 hatte er das
Amt des Klinikdirektors angetreten, seit 2013 war er zudem Sprecher des
„Zentrums für Psychische Gesundheit“ in Würzburg.
„Warum machen Menschen, was sie machen?“ – diese Frage habe ihn
angetrieben und macht es auch heute noch. Für ihn ist damit stets auch das
Anliegen verbunden, das erworbene Wissen so einzusetzen, dass es Menschen
hilft. „Und genau dafür stehen uns in der Klinik eine Vielzahl von
Werkzeugen und Methoden verschiedener Fachdisziplinen zur Verfügung, die
wir durch kontinuierliche Forschung erweitern.“ Das spiegelt sich auch im
aktuellen intersektoralen Versorgungsangebot der Klinik wieder, das er in
den vergangenen 18 Jahren spürbar ausgebaut hat: Neben verschiedenen
Schwerpunktstationen gibt es drei tagesklinische Einrichtungen und eine
Vielzahl von Spezialambulanzen. Prof. Deckert ist überzeugt: „Speziell die
ambulanten Angebote werden in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen, denn
so können wir frühzeitig
behandeln, um ein Fortschreiten des Krankheitsverlaufes im Idealfall zu
verhindern.“
Wichtiger Meilenstein: Gründung des „Zentrums für Psychische Gesundheit“
Auch daher sei die Prävention und die Früherkennung von psychischen
Erkrankungen so wichtig. „Mit der Eröffnung des Deutschen Zentrums für
Präventionsforschung und psychische Gesundheit (DZPP) im Frühjahr 2024
konnten wir hier in Würzburg einen weiteren Meilenstein erreichen, von dem
wichtige innovative Impulse ausgehen werden“, so Deckert. Ein wichtiger
Schritt zur Profilierung des Standortes und auch der Fachdisziplin war
dabei auch die Gründung des „Zentrums für psychische Gesundheit“ (ZEP) in
Würzburg 2013, die der 66-Jährige maßgeblich vorangetrieben hat.
Unter diesem Dach des ZEP arbeiten mehrere klinische Bereiche des UKW
sowie Forschungseinrichtungen von Klinikum und Universität eng zusammen.
„Die Etablierung des Zentrums war eine enorme Herausforderung, denn der
der Begriff der „Psychischen Gesundheit“ hatte bei uns in Deutschland
zunächst keine ausgeprägte Tradition, anders als der Begriff „Mental
Health“ im englischsprachigen Raum. Der Weg zur Zentrumsgründung dauerte
rund sieben Jahre, aber er hat sich gelohnt“, betont Deckert.
Ein Schwerpunkt: Angsterkrankungen / Erstes interdisziplinäres Zentrum in
Deutschland gegründet
Zu den Schwerpunkten seiner klinischen und wissenschaftlichen Arbeit zählt
u.a. das Themenspektrum Angsterkrankungen. Ausgangspunkt dafür war seine
frühe wissenschaftliche Arbeit zu Neurotransmittern mit dem Ziel,
medikamentöse Therapien für Angststörungen zu finden. Diesen Schwerpunkt
verfolgte er auch bei seinen Stationen u.a. am „National Institute of
Mental Health“ in Bethesda in den USA, an der Ruhr-Universität Bochum und
am Institut für Humangenetik an der Universität Bonn, bevor er 1997
habilitierte. 1998 bis 2006 war Prof. Deckert stellvertretender
Klinikdirektor der Klinik für Psychiatrie am Universitätsklinikum Münster,
bevor der zweifache Vater 2006 Klinikdirektor am UKW in seiner Heimatstadt
Würzburg wurde.
Von 2008 bis 2016 war Prof. Deckert Standort-Sprecher des zwischen 2008
und 2020 von der DFG geförderten Sonderforschungsbereiches (SFB)
Transregio „Furcht, Angst, Angsterkrankungen“. Dieser SFB vereinte
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten und
Universitätsklinika aus Münster, Hamburg und Würzburg. Rund zwanzig
Prozent aller Erwachsenen in Deutschland leiden an einer der
unterschiedlichen Angststörungen. Diese beginnen oft bereits in Kindheit
und Jugend und sind Risikofaktoren für andere psychische Erkrankungen
später im Leben, vor allem für Depressionen. „Dieser Verbund brachte
enorme Impulse, die wir zeitnah in der klinischen Versorgung abbildeten.
Genau das ist der Auftrag der Universitätsmedizin. 2017 gründeten wir in
Würzburg daher das Interdisziplinäre Zentrum für Angsterkrankungen (IZA).
Dieses Zentrum war seinerzeit das erste dieser Art in Deutschland“,
erklärt Prof. Deckert.
Als Studiendekan und Prodekan in Würzburg brachte er die Perspektive
„seines Faches“ in die universitäre Lehre ein. Denn auch das ist ihm klar:
„Wir müssen angehende Medizinerinnen und Mediziner für unser Fach
begeistern. Denn nur so können wir dringend benötigten Fachkräfte
gewinnen, die nötig sind für eine optimale Versorgung unserer Patientinnen
und Patienten. Dazu braucht es auch in Zukunft eine ausreichende
Finanzierung der unterschiedlichen psychiatrischen und
psychotherapeutischen Versorgungsangebote –ambulant und stationär.“
Künftige Aufgaben als Seniorprofessor
Wichtig sei dabei stets die enge Verzahnung der verschiedenen
Versorgungsstufen und Therapieangebote: „Wenn wir unsere Patienten bereits
ambulant so erfolgreich behandeln, dass ein stationärer Aufenthalt
vermieden werden kann, ist das ein großer Erfolg. Zudem bedeutet eine
psychische Erkrankung eine enorme Belastung für die Familie. Dies kann
dann wiederum weitere Erkrankungen im Familienkreis nach sich ziehen.“
Ende September gibt Prof. Deckert die Klinikleitung am UKW an seinen
Nachfolger Prof. Dr. Sebastian Walther weiter, der von der
Universitätsklinik Bern an das UKW wechselt. Der Universitätsmedizin
bleibt Prof. Deckert allerdings erhalten. Im Rahmen einer Seniorprofessur
am UKW wird er sich in die Aufgabenbereiche des Netzwerks
Universitätsmedizin (NUM) einbringen und dort Aspekte seines Fachgebietes
vertreten. „Jetzt steht ein neuer Abschnitt im Leben an. Darauf freue ich
mich!“
„Strukturen am UKW geprägt“
Der Vorstand des Universitätsklinikums Würzburg dankt Prof. Deckert für
seine großen Verdienste um die Würzburger Universitätsmedizin: „Prof.
Deckert hat die Strukturen bei der Versorgung von Menschen mit psychischen
Erkrankungen am UKW enorm geprägt und stets weiterentwickelt. Davon
profitieren viele Menschen – auch in Zukunft. Für seine Leistungen hier in
Würzburg gebührt ihm größte Anerkennung und unser herzlichster Dank“,
betont PD Dr. Tim von Oertzen, Ärztlicher Direktor und
Vorstandsvorsitzender des UKW.
„Sein enormer Einsatz in zahlreichen erfolgreichen Forschungsprojekten hat
ganz wesentlich zum hervorragenden Ruf der Klinik weit über Würzburg
hinaus beigetragen. Wir freuen uns, dass er sein Fachwissen und seinen
enormen Erfahrungsschatz als Seniorprofessor weiter in die die
Universitätsmedizin einbringt. Auch für sein Engagement als Studiendekan
und Prodekan bedanke ich mich besonders“, so Prof. Dr. Matthias Frosch,
Dekan der Medizinischen Fakultät.