Damit es besser passt
Algorithmus hilft dabei, Schutzsuchende besser auf Kommunen zu verteilen
Kann die Verteilung von Schutzsuchenden auf die Kommunen mithilfe eines
Algorithmus passgenauer gelingen? Das Pilotprojekt Match’In ist dieser
Frage in den vergangenen drei Jahren nachgegangen und hat sie in der
Praxis erprobt. Dadurch wollen die Projektpartner, darunter die Friedrich-
Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in Kooperation mit der
Universität Hildesheim, die individuellen Voraussetzungen der
Schutzsuchenden und die Strukturen in den Kommunen systematisch erfassen
und abgleichen. So soll eine effizientere und fairere Verteilung
ermöglicht werden, die die Integration fördert und somit einen Gewinn für
Geflüchtete und die Gesellschaft vor Ort darstellt. Der Prototyp des Match
’In-Algorithmus befindet sich noch bis Herbst 2024 im Einsatz.
Das wissenschaftliche Projektteam begleitete die praktische Umsetzung und
evaluierte diese. „Am Ende der Projektlaufzeit zeigt sich: Das Matching-
Verfahren ist in den unterschiedlichen Bundesländern erfolgreich
anwendbar“, freut sich Prof. Dr. Hannes Schammann von der Universität
Hildesheim. Details aus der Auswertung und zukunftsweisende Impulse
diskutieren Wissenschaft, Kommunen, Bundesländer und Bund am Dienstag, 17.
September, in Bonn auf der Konferenz des Netzwerks Fluchtforschung.
„Das Ende der geplanten Projektlaufzeit stellt aber nicht den Abschluss
des Vorhabens dar“, erklärt Prof. Dr. Petra Bendel, Projektleiterin und
Leiterin des Forschungsbereichs Migration, Flucht und Integration an der
FAU. „Vielmehr prüfen wir, wie das Verteilungsverfahren auch im
Regelbetrieb sinnvoll weiterentwickelt werden kann. Match’In bietet dafür
einen wichtigen Impuls.“
In welche Kommune schutzsuchende Personen im Rahmen ihres Asylverfahrens
zugewiesen werden, stellt für die betroffenen Menschen und die
aufnehmenden Kommunen eine weitreichende Entscheidung dar, die bislang für
beide Seiten nicht selbstbestimmt ist. Nach einer oft langen
Fluchtgeschichte und Aufenthalten in Aufnahmeeinrichtungen erreichen
Schutzsuchende einen Ort, an dem sie längerfristig bleiben werden. Doch ob
dieser Ort auch zu ihnen passt, wird bisher nicht ausreichend
berücksichtigt.
Denn: Die auf Ebene der Bundesländer getroffene Verteilentscheidung
orientiert sich in erster Linie an Aufnahmequoten, nicht an individuellen
Bedarfen oder den Ressourcen der Kommunen. „So kommt es dazu, dass
Menschen in solche Kommunen zugewiesen werden, in denen sie nicht die
passenden Angebote finden oder nicht die Chance haben, ihre eigenen
Kompetenzen einzubringen. Oft führt das nicht nur zu Unzufriedenheit auf
beiden Seiten, sondern auch zu einem Umzug an einen anderen Ort, sobald
dies rechtlich möglich ist“, erläutert Projektleiterin Dr. Danielle
Kasparick. „Dadurch gingen wichtige erste Integrationserfolge verloren,
die auch mit Kosten für Kommunen verbunden sind. Diesen vermeidbaren
‚Mismatches‘ möchten wir mit Match’In begegnen.“
Ziel des Projekts war es, ein algorithmisches Verfahren zu entwickeln, das
wissenschaftlich fundiert und zugleich praxistauglich ist. Gemeinsam haben
die Projektpartner die relevanten Matching-Kriterien erarbeitet, diese
systematisch erhoben und in die Verteilung einbezogen. Möglich wurde dies
durch die enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren aus
Forschung und Praxis. An beiden Universitäten waren mit dem
Forschungsbereich Migration, Flucht und Integration (FAU) und der
Forschungsgruppe Migrationspolitik (Universität Hildesheim)
sozialwissenschaftliche Teams involviert, innerhalb der Universität
Hildesheim war durch die Arbeitsgruppe Software Systems Engineering zudem
die Informatik beteiligt. Vervollständigt wurde das Team des von der
Stiftung Mercator geförderten Pilotprojekts auf Seite der Praxis durch die
die zuständigen Ministerien in Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen
und Rheinland-Pfalz sowie über 20 Pilotkommunen.
Für das Matching füllen die Kommunen in einer eigens entwickelten Software
ein Profil aus. In den Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer befragen
Beratungsstellen die Schutzsuchenden nach ihren Bedürfnissen und
Fähigkeiten. Mithilfe des Match’In-Algorithmus‘ werden die Angaben auf
beiden Seiten dann miteinander abgeglichen und Verteilvorschläge
generiert. Diese gibt den Mitarbeitenden der Zuweisungsstellen in den
Bundesländern Aufschluss darüber, wie gut die einzelnen teilnehmenden
Kommunen zu der jeweiligen Person passen. Auf dieser Grundlage kann dann
die Verteilentscheidung getroffen werden: technisch unterstützt, aber
nicht automatisiert; die finale Entscheidung liegt weiterhin bei den
Mitarbeitenden.
Ausführliche Informationen zum Projekt: https://matchin-projekt.de/
Eine Diskussion der Ergebnisse findet am 17. September ab 14.00 Uhr in
Bonn statt:
https://ffvt.net/de/events/flu
/roundtable-it-s-a-match-ergeb
Die Präsentation kann per Livestream verfolgt werden:
https://us02web.zoom.us/j/8267