Baustoffe aus recycelten Materialien herstellen TH Köln erprobt vollständigen Stoffkreislauf
Die Herstellung von Baustoffen zur Errichtung und Modernisierung von
Gebäuden verursacht laut Naturschutzbund etwa acht Prozent der
CO2-Emissionen in Deutschland. Um den Ausstoß von Treibhausgasen und den
Ressourcenverbrauch zu reduzieren, entwickelt die TH Köln im Projekt
„ÖMoBau“ wiederverwendbare, modulare Bauteile, die vollständig aus
recycelten mineralischen Reststoffen und Bauabfällen bestehen. Auf dem
Lehr- und Forschungszentrum :metabolon soll mit den neuen Materialien ein
Musterhaus gebaut werden.
„Der enorme Ressourcenbedarf und die hohen Umweltauswirkungen des
Bausektors, die weltweit weiter zunehmen, erfordern dringend nachhaltige
Lösungen. Zwar liegt die Recyclingquote von Bau- und Abbruchabfällen bei
bis zu 90 Prozent, das aufbereitete Material wird aber oft nur für
Anwendungen auf niedrigerer Qualitätsstufe wie zum Beispiel im Tief- und
Straßenbau eingesetzt. Eine höherwertige Aufbereitung und Verwertung sind
zu aufwändig und zu teuer. Insbesondere feiner Bauschutt unter zwei
Millimeter Korngröße landet immer noch zu einem großen Anteil auf Deponien
und bleibt so ungenutzt“, erklärt Prof. Dr. Björn Siebert vom Institut für
Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser der TH Köln.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, möchten die Forscher*innen im
Projekt verschiedene Rezepturen für verarbeitbare Mörtel entwickeln. Diese
sollen aus recycelten Füllstoffen wie Asche aus der Restmüllverbrennung,
Schotter von Bahngleisen oder Bauschutt sowie umweltfreundlichen
Bindemitteln gefertigt werden. Letztere sind zum Beispiel Geopolymere,
zementfreie Bindemittel auf der Basis von reaktiver Asche oder Schlacke,
die als industrielle Nebenprodukte etwa in Hochöfen von Stahlwerken
anfallen. Aus den Mörtelmischungen werden Probekörper produziert und auf
ihre Festigkeit untersucht. Nach erfolgreichen Tests sollen Bauteile
entstehen, die sowohl rückbaufähig als auch wiederverwendbar sind.
Mechanische Aufbereitung und neue Materialrezepturen
In einem ersten Schritt werden die bisher deponierten Bau- und
Abbruchabfälle auf :metabolon zerkleinert und sortiert. „In unserem
Technikum bereiten wir die Materialien möglichst sortenrein auf und
ermitteln die Korngrößenverteilung, die Rohdichte und den Wasseranspruch,
also wie viel Wasser für eine bestimmte Verarbeitbarkeit benötigt wird.
Dann untersuchen wir die Materialzusammensetzungen für die mineralischen
Füllstoffe und optimieren so lange, bis sie die gewünschten mechanischen
und ästhetischen Eigenschaften erreichen“, berichtet Prof. Dr. Axel
Wellendorf vom Institut für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln. Auf
Basis der neu entwickelten Baustoffe werden Bauteile wie Wände, Decken und
Stürze am Computer simuliert und anschließend vom Projektpartner Polycare
gefertigt.
Kreislauffähiges Musterhaus soll aus recycelten Baustoffen bestehen
Zum Abschluss des Projekts wird ein Musterhaus auf dem :metabolon Campus
errichtet. Dabei sollen möglichst viele der im Projekt entwickelten neuen
Bauelemente verwendet werden. „Unser Ziel ist es, Ressourceneffizienz
nicht nur durch die Verwendung von Sekundärrohstoffen bei der Herstellung
von Bauelementen zu erreichen, sondern auch die Lebensdauer der Produkte
durch intelligentes Design und ein Bauprinzip ohne Verkleben zu
verlängern. So können sie mehrfach wiederverwendet werden. Langfristig
soll jedes unserer Produkte einen Materialpass mit Angaben zur Ökobilanz
erhalten“, sagt Robert Rösler, CTO der Polycare Research Technology GmbH.
Über das Projekt
Das Projekt „Modulares Bauen mit mineralischen Bauabfällen im
ökoeffizienten Stoffkreislauf“ (ÖMoBau) wird von Prof. Dr. Axel Wellendorf
vom Institut für Allgemeinen Maschinenbau der TH Köln und Prof. Dr. Björn
Siebert vom Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser der TH
Köln geleitet. Die Polycare Research Technology GmbH ist als
Projektpartner für die Auswahl des zu recycelnden Bauschutts und den Bau
des Musterhauses verantwortlich. Das Bundesministerium für Wirtschaft und
Klimaschutz fördert das Vorhaben im Rahmen des Zentralen
Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) bis Februar 2027 mit rund 430.000
Euro.
Die TH Köln zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte
Wissenschaften. Sie bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-,
Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-,
Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind rund 21.500 Studierende
in etwa 100 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln
gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den
Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und
Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten
machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und
Wegbereiterin.