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Rheumatologische Versorgung in Deutschland: DGRh legt neues Memorandum vor

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Das neue Memorandum der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und
Klinische Immunologie e. V. (DGRh) bestätigt: die Zahl der Menschen mit
entzündlichrheumatischen Erkrankungen ist gestiegen und beträgt derzeit
deutschlandweit 1,8 Millionen. Da eine rechtzeitige, früh begonnene
Therapie für den Erfolg der Behandlung besonders wichtig ist, müssen
Rheumapatientinnen und -patienten früh rheumatologisch behandelt werden.
Erklärtes Ziel der DGRh ist es, dass dies innerhalb von sechs Wochen nach
den ersten Symptomen geschieht. Dies gelingt in den meisten Regionen
Deutschlands bisher nicht. Ein Grund dafür ist die zu geringe Zahl an
rheumatologischen Fachärzt:innen.

Die Fachgesellschaft fordert die Entscheidungsträger:innen im
Gesundheitssystem auf, dringend Weichen für eine angemessene
rheumatologische Versorgung heute und in Zukunft zu stellen und formuliert
im Memorandum Lösungsansätze. Die Inhalte des Memorandums werden auch
Thema der Vorab-Pressekonferenz am 12. September 2024 anlässlich des
Rheumatologiekongresses sein.

Die gute Nachricht des Memorandums: Menschen mit Rheuma leben heute länger
als noch vor zwei Jahrzehnten. Denn große Fortschritte in der
rheumatologischen Behandlung ermöglichen Betroffenen heute eine gute
Lebensqualität. "Bei frühzeitiger adäquater Therapie ist die Le-
bensführung bei den meisten Patientinnen und Patienten kaum noch
eingeschränkt", sagt Professor Dr. med. Christof Specker, Präsident der
DGRh und einer der Autoren des Memorandums. Jedoch beträgt die Wartezeit
auf einen ersten Termin in einer rheumatologischen Praxis oder
Klinikambulanz nicht selten mehr als drei Monate. Hauptursache sei ein
personeller Mangel: Es gibt zu wenige Fachärztinnen und -ärzte für
Rheumatologie, erklärt Professor Specker, Direktor der Klinik für Rheu-
matologie und Klinische Immunologie an den Evangelischen Kliniken Essen-
Mitte: "Um dies nachhaltig zu ändern, müssen wir schon früh an-setzen und
mehr Studentinnen und Studenten für unser hochinnovati-ves Fach
begeistern". Zurzeit verfügen nur zehn von 38 staatlichen Uni-versitäten
über einen eigenständigen rheumatologischen Lehrstuhl. Dadurch kommen zu
wenig Medizinstudierende mit der Rheumatologie in Kontakt." Die DGRh
fordert, dass Studierende an jeder medizinischen Fakultät in Deutschland
ein adäquates rheumatologisches Lehrangebot erhalten und dass zukünftig
wenigstens jede zweite medizinische Fakul-tät über einen rheumatologischen
Lehrstuhl verfügt", so Specker.

Ende 2023 gab es in Deutschland 1.164 Fachärztinnen und -ärzte für
Rheumatologie. Rund 30 Prozent davon sind 60 Jahre und älter. Allein im
ambulanten Bereich fehlen schon jetzt etwa 700 Rheumatolog:innen. Um diese
Lücke zu schließen, ist eine Ausweitung der rheumatologischen
Weiterbildung essenziell und dringlich zu fordern: "Die Anzahl der Stel-
len für rheumatologische Assistenzärztinnen und -ärzte muss sich am
Versorgungsbedarf der Bevölkerung orientieren", benennt Erstautor Prof.
Dr. Jürgen Braun eine weitere Forderung der DGRh. "Dafür muss es gelingen,
bis zum Jahr 2029 zusätzliche 100 rheumatologische Wei-terbildungsstellen
im ambulanten und stationären Bereich zu schaffen", so Braun. Das
Memorandum formuliert dafür verschiedene Lösungsan-sätze, wie etwa die
Förderung einer sektorenübergreifenden Verbund-weiterbildung. "Sehr
wirksam wäre auch eine anteilige Finanzierung der Weiterbildung durch die
Kostenträger, das heißt Krankenkassen und kassenärztliche Vereinigungen",
so der Rheumatologe, der jetzt ein rheumatologisches Versorgungszentrum in
Berlin-Steglitz leitet.

Um Versorgungsengpässe zu reduzieren, setzen vielfältige Initiativen auf
Frühsprechstunden, Delegation ärztlicher Leistungen an rheumato-logische
Fachassistent:innen, strukturierte Patientenschulungen und digitale
Versorgungskonzepte. "Diese sind zwar meist erfolgreich, aber in der Regel
nicht ausreichend finanziert", erläutert die Wissenschaftle-rin Dr. med.
Katinka Albrecht vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ), die
für das Memorandum große Teile des umfangreichen Zahlenwerks recherchiert
und erstellt hat. Gemein-sam mit ihren Partnern fordert die DGRh die
handelnden Personen in Politik und Gesundheitswesen deshalb auf, die
rheumatologische Ver-sorgung im Interesse von fast zwei Millionen
Betroffenen nachhaltig zu verbessern. Die 4. Neuauflage des Memorandums
wurde unter Führung der DGRh gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher
Rheumatolo-gen (BDRh), dem Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA),
der Deutschen Rheuma-Liga (DRL) und dem Deutschen Rheumaforschungs-zentrum
(DRFZ) erstellt.