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Angst vor Sehverlust ist in Deutschland groß

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Fast zehn Millionen Menschen in Deutschland leiden
an einer potenziell zu Sehverlust führenden Augenerkrankung wie der
altersabhängigen Makuladegeneration (AMD). Laut Prognosen wird die Anzahl
mit der Bevölkerungsalterung weiter ansteigen. Um zu verstehen, welche
Bedeutung die Menschen in Deutschland einer so weitverbreiteten
gesundheitlichen Herausforderung wie der abnehmenden Sehkraft beimessen
und welche Faktoren diese Haltung beeinflussen, führte ein Team des
Universitätsklinikums Bonn (UKB) unter Leitung von Prof. Dr. Robert Finger
zusammen mit der Augenklinik der Universitätsmedizin Mainz eine
bevölkerungsrepräsentative Befragung durch.

Augenarzt Prof. Robert Finger äußert sich zur Bewertung von Sehgesundheit
in der Allgemeinbevölkerung:

Wie ist die Wahrnehmung von Sehen und Sehgesundheit in der
Allgemeinbevölkerung?
Prof. Finger: Sehen wird als enorm wichtig wahrgenommen. Wir nehmen 80
Prozent aller Umweltinformationen über die Augen auf. Sehverlust wird als
schlimmster Sinnesverlust von 70 Prozent, also einer großen Mehrheit,
angesehen. Angst vor Erblindung steigt mit fallendem Haushaltseinkommen,
sinkender Schulbildung und bei Menschen, die alleine leben. Dies ist unter
anderem durch die bei Sehverlust notwendige Unterstützung zu erklären, die
dann nicht oder weniger erbracht werden kann.

Wie sieht die derzeitige Lage bezüglich der Sehgesundheit in Deutschland
aus?
Prof. Finger: Etwa ein Viertel der Befragten berichten von Sehproblemen,
unabhängig vom Tragen von Brillen oder Kontaktlinsen. Wir erwarten, dass
dies mit der Bevölkerungsalterung weiter zunimmt. Als Augenärzte würden
wir uns wünschen, dass Sehen, Sehgesundheit und Prävention von Sehverlust
mehr auf der gesundheits- und wissenschaftspolitischen Agenda vertreten
wäre. Im Vergleich zu anderen Erkrankungen wie Krebs, schwerer
Schlaganfall oder Demenz, die ebenfalls als schwerwiegend von der Mehrheit
eingestuft wurden, wird Sehen und Sehgesundheit beziehungsweise -verlust
gesundheitspolitisch überhaupt nicht berücksichtigt.

Ihr Motivation die Umfrage zu machen?
Prof. Finger: Bislang gab es keine Daten in Deutschland dazu, wie in der
Allgemeinbevölkerung Sehen und Sehgesundheit beziehungsweise Sehverlust
bewertet werden. Daher haben wir die Umfrage gemacht.

Was sind für Sie als Augenarzt die wichtigsten Ergebnisse aus der Umfrage?
Prof. Finger: Sehen wird als enorm wichtig eingestuft und Sehverlust ist
der meistgefürchtete Sinnesverlust, wobei die Angst vor Sehproblemen auch
einkommensabhängig sind. Nur Krebs, schwerer Schlaganfall und Demenz
werden mehr gefürchtet als Erblindung.

Welche Konsequenzen sollten aus Ihrer Sicht aus der Ergebnissen der
Umfrage gezogen werden?
Prof. Finger: Prävention und -therapie von Sehverlust müssen auf die
gesundheits- und wissenschafts-politische Agenda. Anders als für andere
wichtige Volkskrankheiten gibt es kaum von den Krankenkassen bezahlte
Vorsorgeuntersuchungen und es gibt zum Beispiel kein nationales
Forschungsinstitut, anders als bei Krebs mit dem Deutschen
Krebsforschungszentrum (DKFZ) oder Demenz mit dem Deutschen Zentrum für
neurodegenerative Erkrankungen (DZNE).