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SARS-COV-2: Was bedeutet die Pandemie für transplantierte Menschen?

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Transplantierte Menschen haben ein hohes Risiko, schwer an COVID-19 zu
erkranken und zu versterben. Die Impfung gab den Betroffenen Hoffnung auf
ein „normales“ Leben. Doch wie sich zeigte, ist die Rate an
‚Impfversagern‘ bei Nierentransplantierten hoch, selbst die Drittimpfung
führt nur bei zwei Dritteln zu einem ausreichenden Schutz. Die
Transplantationsmedizin steht vor der Herausforderung, Impfschemata zu
entwickeln, mit denen ihre Patienten besser geschützt sind. Eine weitere,
drohende Herausforderung: In Folge der Pandemie könnte der Bedarf an
Spenderorganen noch weiter steigen.

Europäische Registerdaten aus dem Jahr 2020 zeigen, dass eine SARS-
CoV-2-Infektion für transplantierte Menschen ein größeres Risiko birgt als
für die Allgemeinbevölkerung. Während etwa 5% der Allgemeinbevölkerung
schwere Verläufe aufwiesen, waren das bei nierentransplantierten Menschen,
so die Auswertung der Datenbank der ERA-EDTA 34%. 19,7% aller
nierentransplantierten COVID-19-Patientinnen und -Patienten mussten
beatmet werden, auch die Sterblichkeit war bei nierentransplantierten
Menschen mit 20% sehr viel höher [1]. Erfreulich war einzig, dass sich nur
verhältnismäßig wenige nierentransplantierte Menschen mit SARS-CoV-2
infiziert hatten, bis Juli waren dem Register 1.403 Fälle gemeldet worden.

„Es gibt verschiedene Gründe, warum transplantierte Menschen ein höheres
Risiko haben könnten. Sie haben mehr Risikofaktoren für einen schweren
Covid19-Verlauf, wie z.B. Diabetes mellitus, Hypertonie und andere
kardiovaskuläre Risiken, die oft schon vor der Transplantation bestanden
haben und sich nach Transplantation fortsetzen. Besonders hervorzuheben
ist aber die Immunsuppression, auf die Transplantierte angewiesen sind,
die aber eine ‚gesunde‘ Immunantwort auf jegliche Erreger drosselt und die
Patientinnen und Patienten anfälliger macht“, erklärt DTG-Generalsekretär
Prof. Dr. Mario Schiffer, Erlangen, auf der 30. Jahrestagung der Deutschen
Transplantationsgesellschaft in Stuttgart. Warum die Infektionsrate bei
transplantierten Menschen niedriger als die der Allgemeinbevölkerung war,
erklärt der Experte so: „Die Betroffenen wissen um ihre Anfälligkeit und
schützen sich besser. Denn wer jahrelang auf ein Spenderorgan gewartet hat
und schwer krank war, der setzt in der Regel seine mit dem Organ gewonnene
Lebensqualität nicht aufs Spiel, sondern nimmt Hygieneempfehlungen und
Kontaktbeschränkungen sehr ernst.“

Die Impfung gegen SARS-CoV-2 wurde von transplantierten Menschen in einem
besonderen Maße herbeigesehnt und mit der Einordnung der Betroffenen in
der Prioritätsstufe 2 konnten die meisten auch im Frühjahr 2021 die
Impfung erhalten. Allerdings stellte sich im Verlauf heraus, dass sich der
Schutz vor COVID-19 nach zweimaliger Impfstoffgabe nicht im gleichen Maße
wie bei gesunden Menschen einstellte. Studien, die in Deutschland
durchgeführt worden waren [2], zeigten, dass die Immunantwort bei
nierentransplantierten Patientinnen und Patienten nur 26% mit  BNT162b2
betrug und 49% mit mRNA1273 – und sie war stark abhängig von der Anzahl
und Art der verwendeten immunsuppressiven Therapie.

Erfreulich ist, dass eine Drittimpfung die Rate an „Impfversagern“
deutlich reduzieren kann. Vier Wochen nach Drittimpfung mit BNT162b2
zeigte sich sowohl für die humorale als auch für die zelluläre
Immunresponse ein Ansprechen von mehr als einem Drittel der vorherigen
„Impfversager“, was zu einem Gesamtansprechen von immerhin 55% führte. Am
24. September veröffentlichte die STIKO die 11. Aktualisierung der
COVID-19-Impfempfehlung [3]. Sie empfiehlt nun bei schwer immundefizienten
Personen, zu denen auch organtransplantierte Menschen gehören, zur
Optimierung der primären Impfserie bereits vier Wochen nach der zweiten
Impfstoffdosis eine dritte Gabe. Insofern ist es nun möglich, allen
nierentransplantierten Menschen ein Drittimpfungsangebot zu machen.

„Das ist erfreulich, aber wir müssen unsere Patientinnen und Patienten
dennoch zur Vorsicht mahnen: Auch nach drei Impfungen ist ein
beträchtlicher Teil nicht vollständig geschützt. Die Betroffenen sollten
nach wie vor vorsichtig sein, zum Eigenschutz Masken tragen und ihre
sozialen Kontakte beschränken. Auch nach der Drittimpfung haben sie leider
keine ‚carte blanche‘“, so der Erlanger Transplantationsmediziner. Derzeit
laufen Studien, ob und wie weit das Impfansprechen durch eine mögliche
vierte Impfung oder durch andere Impfschemata (z.B. Wechsel der Impfstoffe
zwischen den Gaben, sogenannte heterologe Impfungen) noch weiter erhöht
werden kann.

Doch der Schutz der transplantierten Patientinnen und Patienten ist nicht
die einzige Herausforderung, vor die SARS-CoV-2 die
Transplantationsmedizin stellt. „Wir gehen davon aus, dass die Folgen der
Pandemie langfristig auch den Bedarf an Spenderorganen erhöhen werden.“
Erste Daten [4] zeigten beispielsweise, dass das Risiko, schwer
nierenkrank zu werden, bei Menschen, die eine COVID-19-Erkrankung
durchgemacht haben, deutlich erhöht ist, und zwar um den Faktor 3. „Auch
Lunge, Leber und Herz können Schäden davontragen und es ist zu befürchten,
dass nach der Pandemie mehr Menschen eine Organtransplantation brauchen.
Das würde den jetzt bereits bestehenden, eklatanten Organmangel noch
weiter verschärfen“, warnt Prof. Schiffer.

Literatur
[1] Jager KJ, Kramer A, Chesnaye NCet al. Results from the ERA-EDTA
Registry indicate a high mortality due to COVID-19 in dialysis patients
and kidney transplant recipients across Europe. Kidney International, 15
Oct 2020, 98(6):1540-1548

[2] Stumpf J, Siepmann T, Lindner T et al. Humoral and cellular immunity
to SARS-CoV-2 vaccination in renal transplant versus dialysis patients: A
prospective, multicenter observational study using mRNA-1273 or BNT162b2
mRNA vaccine. The Lancet Regional Health. Published: July 22 2021, DOI:
https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2021.100178

[3] 11. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/39_21.pdf?__blob=publicationFile

[4] W Bowe B, Xie Y, Xu E et al. Kidney Outcomes in Long COVID. J Am Soc
Nephrol 2021 Sep 1; ASN.2021060734. doi: 10.1681/ASN.2021060734. Online
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