Deutsche Herzstiftung ruft zur Covid-19-Impfung auf
Herzmediziner besorgt über hohe Zahl Ungeimpfter. Schutz vor Tod und
schweren Krankheitsverläufen überwiegt Risiken durch Covid-19-Impfung.
Auch Grippe- und Pneumokokken-Impfung angeraten.
Mit großer Sorge beobachten die Deutsche Herzstiftung und Herzmediziner
die hohe Zahl an Bundesbürgern, die sich aus Scheu, Skepsis oder aus
anderen nicht-medizinischen Gründen nicht gegen Covid-19 impfen lassen.
Dass Millionen Menschen der Covid-19-Schutzimpfung zurückhaltend oder
skeptisch gegenüberstehen und sich nicht impfen lassen, erschwert das
Unterbrechen der Infektionskette zum Schutz von Risikogruppen ohne oder
mit stark vermindertem Covid-19-Impfschutz (Kinder, chronisch Kranke mit
Immunschwäche). Auch verzögert sich dadurch die Eindämmung der Pandemie.
„Zu schweren oder kritischen Covid-19-Verläufen mit Intensivpflicht kommt
es derzeit fast nur unter Ungeimpften. Nur eine Steigerung der Impfquote
kann verhindern, dass es im Verlauf der vierten Welle zur Überlastung der
Kliniken durch intensivpflichtige Covid-19-Fälle kommt“, warnt der
Kardiologe und Intensivmediziner Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Wir appellieren an
alle, die zu einer Personengruppe gehören, für die eine Zulassung der
Covid-19-Impfung vorliegt, und die noch nicht geimpft sind, sich jetzt
impfen zu lassen.“ Der Appell der Herzstiftung richtet sich besonders an
chronisch kranke Menschen und Ältere mit einem höheren Risiko für einen
schweren Corona-Krankheitsverlauf, aber auch an gesunde Menschen ohne
diagnostizierte Vorerkrankungen. „Auch Gesunde sollten nicht das Risiko
unterschätzen, an Covid-19 schwer zu erkranken oder zu sterben“, gibt
Voigtländer zu bedenken: „Jeder sollte sich der aggressiveren Delta-
Variante des Coronavirus bewusst sein, die sich im Herbst und Winter in
geschlossenen Räumen besonders stark ausbreiten kann. Nur mithilfe einer
hohen Impfquote können wir die Ansteckungsketten unterbrechen und damit
eine Gefährdung durch das Virus eindämmen. Wer sich impfen lässt, schützt
nicht nur sich, sondern auch andere.“ Infos zur Covid-19-Impfung bietet
die Herzstiftung unter www.herzstiftung.de/corona-imp
Mit Ärztin oder Arzt über Sorgen und Ängste sprechen
Bisher sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) nur rund 65% der
Gesamtbevölkerung in Deutschland vollständig gegen Covid-19 geimpft, das
heißt: Über ein Drittel der Bevölkerung hat noch keinen vollständigen
Impfschutz. Zur Gruppe der Impfberechtigten ab zwölf Jahren gehören knapp
74 Mio. Menschen, davon sind rund 73% vollständig geimpft. In der
Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen liegt die Impfquote bei zirka 70 %
(3). „Wir bitten Menschen mit Sorgen und Ängsten wegen möglicher
Nebenwirkungen und Impfkomplikationen, diese mit ihrer Ärztin oder ihrem
Arzt zu besprechen. Sie können aufgrund ihrer medizinischen Kompetenz und
Erfahrung mit Impfungen am besten bei der Nutzen-Risiko-Abwägung helfen.“
Über Nebenwirkungen, etwa die sehr seltenen thromboembolischen
Komplikationen nach einer Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff, oder das
sehr seltene Auftreten einer in der Regel mild verlaufenden Myokarditis
(Herzmuskelentzündung) und Perikarditis (Herzbeutelentzündung) nach einer
Impfung mit BioNTech oder Moderna informiert die Herzstiftung ausführlich
unter www.herzstiftung.de/corona-imp
Appell an Herzkranke: Auch gegen Grippevirus und Pneumokokken impfen!
Patienten mit Herz- und Kreislauferkrankungen zählen zum besonders
gefährdeten Personenkreis mit einem höheren Risiko für schwere
Covid-19-Krankheitsverläufe. Das gilt insbesondere für Patienten mit
Herzschwäche, koronarer Herzkrankheit, Bluthochdruck und Diabetes. Auch
ältere Menschen ab 60 Jahren ohne Herzerkrankung sollten sich schützen, da
deren Immunsystem sich schlechter gegen das Virus wehren kann. „Für sie
und Herz-Kreislauf-Patienten ist die Covid-19-Impfung daher eine sehr
wichtige Schutzmaßnahme“, betont Voigtländer, der als Kardiologe am
Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) in Frankfurt am Main tätig
ist.
Angesichts der im Oktober beginnenden Impfsaison rät die Deutsche
Herzstiftung Menschen mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung, sich auch gegen
das Influenzavirus impfen zu lassen, ebenso gegen Pneumokokken, den
Haupterregern einer Lungenentzündung. Eine Pneumokokken-Impfung wird
Menschen ab 60 Jahren oder Jüngeren mit einem besonderen
Gesundheitsrisiko, etwa bei chronischer Lungenerkrankung, empfohlen.
Lungenentzündung und eine Grippeerkrankung (Influenza) können bei einer
vorbestehenden Herzerkrankung das Herz zusätzlich schädigen. Mögliche
Folgen sind Herzschwäche, Herzinfarkt, Herzmuskelentzündung und andere
Herzkomplikationen. „Bei einer Infektion mit dem Influenzavirus oder
Pneumokokken schwächen die Krankheitserreger das vorgeschädigte Herz und
Gefäßsystem zusätzlich, entweder direkt oder indirekt über den Befall von
anderen Organen wie der Lunge.“ Älteren Menschen fehlen oftmals die
Kraftreserven für eine wirksame Gegenwehr gegen die Krankheitserreger.
Impfung gegen Covid-19 und gegen Grippe ohne zeitlichen Abstand möglich
Wer sich gegen Covid-19 impfen lässt oder eine Booster-Impfung erhält,
kann gleichzeitig gegen Grippe (Influenza), Pneumokokken und andere
Erkrankungen auf Basis der sogenannten Totimpfstoffe geimpft werden. Ein
zeitlicher Abstand ist dabei nicht nötig, so die aktuelle Empfehlung der
Ständigen Impfkommission (STIKO) (1). Voraussetzung für eine solche
simultane Impfung sei, dass diese auch ärztlich angezeigt ist. Laut STIKO
können Impfreaktionen häufiger als bei der getrennten Gabe auftreten.
Immunantwort und Nebenwirkungsprofil würden nach gleichzeitigem
Verabreichen verschiedener Impfstoffe im Allgemeinen dem bei jeweils
alleiniger Anwendung entsprechen.
Dritte („Booster“-) Impfung gegen Covid-19: Für wen sinnvoll?
Für eine 3. Impfung als „Booster“ hat sich die STIKO in bestimmten Fällen
ausgesprochen. Danach sollten zunächst Immungeschwächte (z. B. nach
Transplantation oder mit Immundefekten) eine dritte Impfdosis erhalten
(1). Die Deutsche Herzstiftung begrüßt diesen Schritt der STIKO. So sind
etwa Herz- und Lungentransplantierte, denen eine Impfung gegen das SARS-
CoV-2-Virus ausdrücklich empfohlen wird, trotz Zweifachimpfung kaum durch
den Corona-Impfstoff geschützt. Das hat eine von der Deutschen
Herzstiftung geförderte Forschungsarbeit am Herz- und Diabeteszentrum NRW
(HDZ NRW), Bad Oeynhausen, bei transplantierten Patienten mit dem mRNA-
Impfstoff (BioNTech/Pfizer) ergeben. Blutproben bei 50 Herz- und
Lungentransplantations-Patient
dass „drei Wochen nach der zweiten Impfung bei der überwiegenden Mehrheit
der Teilnehmer weder Antikörper noch eine Aktivierung der für die
Wiedererkennung des Virus und für die Zerstörung virusbefallener Zellen
wichtigen Gedächtniszellen (T-Zellen) nachweisbar waren“. Umso wichtiger
ist daher für solche schwer immungeschwächten Patienten mit erwartbar
stark verminderter Immunantwort eine dritte Impfdosis. Erfahrungen an
transplantierten Patienten in den USA und Frankreich legen nahe, dass
„zumindest ein Teil der Patienten unter erneuter Auffrischimpfung dann den
erforderlichen Immunschutz entwickelt“, berichtet das HDZ NRW. „Daher ist
es wichtig und zu begrüßen, dass nun von der STIKO und von der
Europäischen Arzneimittelbehörde EMA eine dritte Impfdosis für
Organtransplantierte empfohlen wird“, betonen Prof. Dr. med. Angelika
Costard-Jäckle und Prof. Dr. med. Jan Gummert vom HDZ NRW. Costard-Jäckle
leitet gemeinsam mit Prof. Dr. med. René Schramm (HDZ NRW) die
Forschungsarbeit (2), die u. a. auf Initiative der Klinik für Thorax- und
Kardiovaskularchirurgie am HDZ NRW (Prof. Gummert) mit Unterstützung der
Herzstiftung durchgeführt wurde. Eine generelle Empfehlung zur Booster-
Impfung für Nicht-Risikopatienten oder Senioren wurde bislang nicht
gegeben. Dazu reichen nach Auffassung der STIKO die wissenschaftlichen
Daten noch nicht. Weitere Infos unter www.herzstiftung.de/corona-imp
Quellen:
(1) Epid Bull 2021;39:3 -11. Doi: 10.25646/9087 / Epid Bull 2021;39:42
-45. Doi: 10.25646/9044
(2) Clin Res Cardiol. 2021 Jul 9; 1-8. Doi: 10.1007/s00392-021-01880-5.
(3) https://impfdashboard.de/ (Stand: 04. Oktober 2021)
Pressemeldung der European Medicines Agency (EMA) „Comirnaty and Spikevax:
EMA recommendations on extra doses and boosters“ vom 4.10.2021:
https://www.ema.europa.eu/en/n
extra-doses-boosters