Nutzen und Chancen der Naturschutzberatung landwirtschaftlicher Betriebe auf Grundlage des HNV-Indikators
Beim Hessischen Landschaftspflegetag 2021 an der Hochschule Geisenheim
stellte Ruth Bindewald, Trägerin des Studienpreises
Landschaftsarchitektur, Ende September ihre Master-Thesis über den
europäischen High Nature Value Farmland (HNV)-Indikator vor. Dabei
erläuterte sie, unter welchen Voraussetzungen die einheitliche Nutzung
dieser Erfassungsmethode künftig einen Mehrwert für Naturschutz und
Landwirtschaft schaffen kann.
Mit der Vorstellung und Analyse des europäischen High Nature Value
Farmland (HNV)-Indikators im Rahmen des Hessischen Landschaftspflegetags
2021 an der Hochschule Geisenheim betonte die Geisenheimer Absolventin
Ruth Bindewald, die jetzt in der Biologischen Station Hochsauerlandkreis
e. V. arbeitet, die Bedeutung eines fundierten Austauschs zwischen
Politik, Naturschutzpraxis und Landwirtschaft. Obwohl bereits vor einem
Jahrzehnt eingeführt, sei der HNV-Indikator noch recht unbekannt, so die
Referentin.
„Die einheitliche Bewertungsgrundlage und die definierten Kriterien des
Indikators zeigen den Naturwert einzelner Flächen auf; die Ergebnisse
lassen sich in der betrieblichen Naturschutzberatung gut lesbar abbilden.
Darauf aufbauend können Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt sowie
konkrete, messbare Ziele und Maßnahmen abgeleitet werden“, wirbt Bindewald
für die Methode. Obwohl vor allem mit Blick auf die betriebliche Beratung
noch Anpassungen des Indikators, der eigentlich die
Biodiversitätsbewertung auf Landschaftsebene fokussiert, nötig seien,
plädiert die junge Landschaftsplanerin dafür, die Entwicklung und Nutzung
des Indikators auf Ebene des einzelnen Landwirtschaftsbetriebs als Chance
zu sehen.
Der HNV-Indikator ist ihrer Einschätzung nach eine vergleichsweise
einfache Erfassungsmethode, die „die Komplexität der Natur herunterbricht
und eine klare Einstufung vornimmt“. Während die Anwendung von
verschiedenen Methoden und der Einsatz von Beraterinnen und Beratern mit
diversen fachlichen Hintergründen derzeit qualitativ sehr unterschiedliche
Ergebnisse liefere, würde ein gemeinsamer Ansatz die Beratungen
vergleichbarer machen. Dies wiederum würde eine einheitliche und
zielgerichtete Förderung von Maßnahmen des Naturschutzes bundesweit
erleichtern.
Indem auf dieser Basis naturschutzfachliche Ziele vermehrt in die
Landwirtschaft integriert würden, könnten positive Effekte für beide
Seiten erzielt werden. „Ohne die Landwirtschaft, die gut 50 Prozent der
Flächen in Deutschland bearbeitet, wäre der Naturschutz auf kleine
geschützte Bereiche reduziert. Nicht zuletzt sind viele der Lebensräume
und Arten, die wir schützen, sogar auf eine regelmäßige Nutzung
angewiesen“, erläutert Bindewald. „Auf der anderen Seite kann die
Landwirtschaft mit einer umweltschonenderen Bewirtschaftung, etwa durch
die Förderung des Bodenlebens, eine erhöhte Bestäubungsrate durch die
Förderung von Wildbienen oder Ertragssteigerung im Zusammenhang mit
ackernahen Gehölzen, positive Effekte generieren.“ Der Einsatz eines
leicht anwendbaren und verständlichen Tools wie des HNV-Indikators
erleichtere eine für beide Seiten fruchtbare Zusammenarbeit, ist Bindewald
überzeugt.
Für ihre Thesis im Master-Studiengang Landschaftsarchitektur (M.Sc.), in
der sie sich intensiv mit der Anwendung des HNV-Indikators in der Praxis
auseinandersetzte, erhielt Ruth Bindewald im Wintersemester 2020/21 den
Studienpreis Landschaftsarchitektur an der Hochschule Geisenheim. Der
Studienpreis, der jedes Semester vergeben wird und mit 500 Euro dotiert
ist, wird zu gleichen Teilen von der Deutschen Gesellschaft für
Gartenkunst und Landschaftskultur e. V., dem Bund Deutscher
Landschaftsarchitekten (bdla) Hessen e. V., dem Fachverband Garten-,
Landschafts- und Sportplatzbau Hessen-Thüringen e. V. und der Hessischen
Vereinigung für Naturschutz und Landschaftspflege e. V. gestiftet.